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SICHERHEIT/067: Tadschikistan - Junge islamistische Rebellen könnten regionale Sicherheit gefährden (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 25. Mai 2011

Tadschikistan: Junge islamistische Rebellen könnten regionale Sicherheit gefährden

Von Portia Crowe


New York, 25. Mai (IPS) - In Tadschikistan, dem ärmsten Land Zentralasiens, wächst eine neue Generation islamistisch orientierter Aufständischer heran. Die Konfliktforscher der 'International Crisis Group' (ICG) sehen in den mit den Taliban sympathisierenden tadschikischen Jungrebellen im Osten der Republik ein potentielles Risiko für den inneren Frieden und die Sicherheit der gesamten Region.

In ihrem jüngsten Bericht warnt die ICG vor einer Destabilisierung Tadschikistans. Das Land grenzt an Afghanistan, Kasachstan, Turkmenistan und Usbekistan. Die Südgrenze zu Afghanistan ist 1.400 Kilometer lang und schlecht gesichert.

Der in New York veröffentlichte ICG-Bericht befasst sich vor allem mit dem östlichen Rascht-Tal, dem wichtigsten Operationsfeld der neuen Rebellengeneration. Hier habe das schwache tadschikische Militär mit seinen Einsätzen gegen Warlords und Aufständische bislang nichts erreicht, stellt die ICG besorgt fest.

"Ein 2009 ausgeführter Terroranschlag und die auch 2010 anhaltenden Kämpfe haben deutlich gemacht, dass es in Rascht Kräfte gibt, die trainierte Kämpfer zu tödlichen Überfällen einsetzen", heißt es in dem Bericht. Staatspräsident Emomalii Rahmon habe schließlich mit Mirzokhuja Akmadow von der Bewegung 'Vereinigte Tadschikische Opposition' (UTO), der der Anschlag zur Last gelegt wurde, einen Waffenstillstand ausgehandelt. Der Kommandant der Aufständischen und seine Nachfolger lieferten ihre Waffen ab und wurden nach ihrer Amnestierung zu Verbündeten der Regierung.

"Für das Ansehen der Armee und der Sicherheitskräfte war der Deal ebenso desaströs wie für deren noch verbliebene Schlagkraft", stellt die Internationale Krisengruppe in ihrem Bericht fest. In den Augen der lokalen Kriegsherren sei die Armee schwach.


Anti-Terror-Polizei besteht nur noch aus 30 Mann

Inzwischen seien ihre für den Kampf gegen Aufständische ausgebildeten Spezialkräfte auf 30 Mann geschrumpft. "Entschlossenen Rebellen hat die tadschikische Armee so gut wie nichts entgegenzusetzen, während Talibankämpfer aus Afghanistan seit Jahren ins Land eindringen", kritisiert die ICG.

Besorgt zeigt sie sich auch über die von der Guerillagruppe 'Islamische Bewegung Usbekistans' (IMU) drohende Gefahr, deren Operationen im benachbarten Afghanistan schwere Schäden anrichten.

"In Afghanistan kämpft die IMU an der Seite der Taliban für ein islamistisches Kalifat", berichtete Paul Quinn-Judge, Direktor der Krisengruppe Zentralasien. "Tadschikistan kann nur hoffen, dass sie dort bleiben."

Akute Gefahr drohe vor allem vor der in Tadschikistan und der IMU heranwachsenden neuen Generation von Aufständischen. Dazu erklärt die ICG: "Diese Männer in den Zwanzigern sind zu jung, um sich an den ethnisch bedingten Bürgerkrieg (1992-1997) in Tadschikistan zu erinnern, der 50.000 bis 100.000 Menschenleben gekostet hatte."

"Heute bietet die amtierende tadschikische Regierung in Duschanbe mit ihrem unfassbaren Ausmaß an Korruption genügend Gründe für einen Aufstand", sagte Quinn-Judge. "Sie wird verdächtigt, ihre schützende Hand über den Drogenschmuggel von Afghanistan nach China und Russland zu halten und die afghanische Grenze absichtlich nicht genügend zu sichern.


Missstände begünstigen Aufstand nach arabischem Vorbild

Schon gibt es Prognosen, dass korrupte Politiker, die schwache Armee, die kaum lebensfähige Wirtschaft und eine vernachlässigte Infrastruktur viele Bürger nach dem Beispiel der arabischen Welt auf die Barrikaden bringen könnten.

"Staatspräsident Rahmon sieht zwar keine Gefahr für einen Volksaufstand, doch Tadschikistan ist so instabil, dass aus einem lokal begrenzten Problem rasch eine Bedrohung für die Regierung werden könnte", betonte Robert Templer, der für Asien zuständige Programmdirektor der ICG.

Damit es nicht soweit kommt, wendet sich die ICG mit Vorschlägen sowohl an die tadschikische Regierung wie an die internationale Gemeinschaft. Sie appelliert an Russland, China und die USA, die afghanisch-tadschikischen Grenzen besser zu sichern. Zudem sollten ausländische Geber ihre Entwicklungshilfe neu ausrichten und Reformen der Regierung ausdrücklich belohnen.

"Es wird sich auszahlen, jetzt in Tadschikistan und im Rest Zentralasiens in Entwicklung und in die Schulung des Verwaltungspersonals zu investieren", unterstreicht der ICG-Bericht. (Ende/IPS/mp/2011)


Links:
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veröffentlicht im Schattenblick zum 26. Mai 2011