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INTERNATIONAL/005: USA - Historische Rekorde, nie waren die Kürzungen im Staatshaushalt größer ... (isw)


isw - Institut für sozial-ökologische Wirtschaftsforschung e.V.

USA:
Historische Rekorde - nie waren die Kürzungen im Staatshaushalt größer, und nie die Profite der Konzerne höher

Von Conrad Schuhler, 12. April 2011


Den in letzter Minute erzielten Kompromiss über den nächsten Staatshaushalt der USA pries Präsident Obama mit den Worten, dies sei "der größte Rückgang der Staatsausgaben in unserer Geschichte". Der neue Plan der Republikaner für die kommende Periode sieht noch weit größere Einschnitte ins soziale Netz vor, vor allem weitreichende Kürzungen bei den letzten Resten von öffentlichem Gesundheitswesen. Auch wollen die Republikaner, die im Tauziehen um den Haushalt klar als Sieger hervorgingen, den Einkommensteuerspitzensatz von 35 auf 25 % senken. Obama unterordnet offenbar seine politischen Vorhaben dem einen großen Ziel der Wiederwahl in 2013. Die Tea Party-Bewegung und andere rechte Kampagnen für einen geschrumpften Staat geben in der Öffentlichkeit den Ton an, und Obama setzt dem nicht nur nichts entgegen, er macht mit im Chor der Haushaltskürzer. Der selbe Obama, der mit Konjunkturprogrammen und Rettungsschirmen für Banken und die Automobilindustrie erst die Rekordverschuldung der USA erzielte, die noch oberhalb der der Euro-Problemstaaten liegt. Die Rechnung werden die große Mehrzahl der US-Bürgerinnen und Bürger zu bezahlen haben, gerade solche, die letztes Mal Obama wählten.

Kommen die Massen der Steuerzahler für die öffentlichen Schulden auf, so sind die Konzerne die Nutznießer der öffentlichen Gaben. Das Handelsblatt überschreibt seinen Bericht zur US-Bilanzsaison: "Der Staat darbt, den Unternehmen aber geht es prächtig. Die heute (11.4.2011) beginnende Berichtssaison der US-Konzerne wird die Aktionäre in Feierlaune versetzen: Amerikas Firmen verdienten 2010 blendend. 2011 wird ein neues Rekordjahr."

Tatsächlich stiegen die Profite der 500 größten börsennotierten Unternehmen im 1. Quartal 2011 gegenüber dem Vorjahresquartal um 13 %, die der 100 größten sogar um 29 %. Diese Top 100 übertreffen damit selbst das bisherige Rekordjahr 2007. Gut zwei Jahre nach dem Beinahe-Total-Crash eine historische Rekordmarke der Profite. Und ganz vorne mit dabei der Bankensektor, der mit seinem Spekulations- und Höchstprofitwahn die Krise ausgelöst hatte. Im 1. Quartal 2011 verzeichnet der Sektor einen Profitzuwachs von 12 %, der nur deshalb so vergleichsweise niedrig ist, weil die Branche schon 2010 zum schnellen und hohen Profit zurück kehrte. Branchenprimus ist JP Morgan, die zweitgrößte Investmentbank der Welt, die 2010 bereits einen Profitzuwachs von 48 % erzielte. Im 1. Quartal 2011 geht es um weitere 50 % nach oben. 1,8 Billionen Dollar haben die Top 500 der USA an Barreserven, ein riesiger Spielraum für Fusionen und Übernahmen. Schon im 1. Quartal 2011 ist das weltweite Volumen an "Mergers & Acquisitions" um 55 % hoch geschnellt. Es wird noch viel weiter nach oben gehen, denn, da die kaufkräftige Nachfrage weltweit nach vor aufs engste eingeschränkt ist, bleibt für die Wachstumsstrategie der Konzerne in erster Linie die Übernahme von Konkurrenten.

Öffentliche Armut gepaart mit immensem und immens wachsendem Reichtum Weniger sind ein Markenzeichen der USA (wie jeder neoliberalen Gesellschaft). Die obersten 5 % der US-Haushalte verfügen über 63 % des gesamten Vermögens, die unteren 80 % nur über 13 %. Zwischen 2000 und 2007 haben die reichsten 10 % die gesamten 100 % des Einkommenswachstums eingesteckt. Von den oben angeführten 500 Top-Firmen haben 115 in den letzten fünf Jahren weniger als 20 % an Steuern aller Art gezahlt. Je größer die Firma, um so geringer die Steuern. 1961 haben die kleinen und mittleren Unternehmen zweimal so hohe Gewinnsteuern zahlen müssen wie die Konzerne. 2011 zahlten sie fünfmal mehr. Die "Gewinnmaschine Amerika" läuft perfekt für das große und ganz große Kapital. Mit Obama noch besser als zuvor.


Quellen:
Balz, Dan: Can Obama cut the budget and keep Democrats happy?
www.washingtonpost.com, 9.4.2011
Collins, Chuck: We Don't Need to Shut Down the Government:
Tax the Wealthy and Deadbeat Corporations to Close Budget Gaps.
www.alternet.org, 7.4.2011
Handelsblatt, 11.4.2011: Gewinnmaschine Amerika läuft heiß.
Quigley, Ben: 7 Examples of How he Poor Are Being Robbed to Give More Wealth to the Rich.
www.truthout.org


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Quelle:
isw-newsletter vom 26. April 2011
Artikel-URL: http://www.isw-muenchen.de/download/us-rek-cs-20110412.pdf
isw - institut für sozial-ökologische wirtschaftsforschung e.V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 29. April 2011