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INTERNATIONAL/020: Afrika - Höhere Steuereinnahmen, Abhängigkeit von Gebern nimmt ab (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 12. Januar 2012

Afrika: Höhere Steuereinnahmen - Abhängigkeit von Gebern nimmt ab

von Miriam Gathigah


Nairobi, 12. Januar (IPS) - Das Wirtschaftswachstum in vielen Teilen Afrikas verringert die Abhängigkeit der Länder von den internationalen Gebern. So hat die Entwicklungshilfe bei mindestens einem Drittel der Länder an den jeweiligen Steuereinnahmen nur noch einen Anteil von unter zehn Prozent. Die größten Fortschritte bei der Mobilisierung eigener Ressourcen verzeichnen Staaten wie Äquatorialguinea, Algerien, Angola, Gabun und Libyen.

Pro Kopf und Jahr liegen die Steuereinnahmen des schwarzen Kontinents bei durchschnittlich 441 US-Dollar, die ausländischen Hilfsgelder hingegen bei nur noch 41 Dollar, wie aus dem Afrikanischen Wirtschaftsüberblick 2011 hervorgeht. "Das bedeutet, dass die Hilfe für Afrika gerade mal einem Zehntel der afrikanischen Steuereinnahmen entspricht", rechnet Ken Mwai, ein Finanzanalyst und Immobilieninvestor in Kenia, vor.

Zwar überschreiten die Hilfszuwendungen in 34 Ländern die Zehn-Prozent-Grenze. Doch zeigt sich auch bei diesen Staaten eine Zunahme der Steuereinnahmen. So konnte Mosambik sein Aufkommen fast verdoppeln, während Libyen in den letzten zehn Jahren einen Anstieg der Steuereinnahmen von sechs auf 20 Prozent verbuchte. Auch Botswana profitiert zunehmend von den eigenen Ressourcen, während Staaten wie Ruanda, die noch immer stark von internationaler Hilfe abhängen, ausländische Direktinvestitionen nicht aus dem Blickfeld verlieren.


Infrastrukturhilfen zahlen sich aus

Mwai zufolge ist die kenianische Entwicklung mach wie vor stark geberabhängig. Allerdings wurden dort die Zuwendungen gewinnbringend in den Aufbau einer nachhaltigen und hochmodernen Infrastruktur investiert. So hat der mit Geldern der Afrikanischen Entwicklungsbank (AfDB) finanzierte Thika-Highway Privatinvestoren ins Land gelockt, die wiederum neue Geschäftsmöglichkeiten geschaffen und andere ausgeweitet haben. Vor allem der Bausektor erlebte in dem ostafrikanischen Land einen Hype.

Auch Uganda hängt weiterhin am Gebertropf. Doch ähnlich wie Kenia geht die Hilfe in den Aufbau einer starken und unternehmerfreundlichen Infrastruktur. "In den vergangenen beiden Jahren haben der Telekomsektor, die Bauindustrie und die Ausweitung der Finanzinstitutionen die ugandische Wirtschaft nach vorne gebracht", berichtet der Bauunternehmer Ken Ogwang, der dem 60 Mitglieder zählenden Kenianischen Verband der Privatwirtschaft angehört. Die von der Privatwirtschaft dominierten Sektoren erwirtschafteten 54 Prozent der nationalen Bruttoinlandsprodukts (BIP), die Landwirtschaft 24 Prozent.

Von allen 54 afrikanischen Staaten übersteigt die Entwicklungshilfe nur in zwölf Fällen die Steuereinnahmen. Das ist in extrem armen Ländern wie dem Niger der Fall. Doch sollen die westafrikanischen Staaten mit Hilfe der regionalen Strategie für eine beschleunigte Entwicklung und Armutsbekämpfung (ADPRS) künftig BIP-Wachstumsraten von bis zu 11,5 Prozent erzielen.

Politisch stabile und demokratische Länder wie Tansania und Madagaskar beschaffen sich derzeit über Steuererhöhungen, einem zunehmenden Handel und Inlandsanleihen Zusatzeinnahmen. Zwar ist Entwicklungshilfe für Staaten wie Tansania wichtig. Doch Wirtschaftsexperten gehen davon aus, dass die fortgesetzten öffentlich-privaten Partnerschaften in Tansania wie etwa der 'Southern Agricultural Growth Corridor of Tanzania' (SAGCOT) das Land unabhängiger machen werden.


Steuerpflichtige Jobs

In Kenia haben führende Privatunternehmen wie die Mobiltelefonfirma 'Safaricom', der Bierbrauer 'East African Breweries Limited' und private Banken dem Land geholfen, mit einer Ausweitung ihrer Filialen und Verteilungswege die Zahl der steuerpflichtigen Mitarbeiter zu erhöhen. Allein Safaricom erwirtschaftete dem kenianischen Staat im letzten Jahr Steuern in Höhe von 58 Millionen Dollar.

Wollen die afrikanischen Länder die Millenniumsentwicklungsziele (MDGs) zur Armutsbekämpfung noch erreichen, müssen sie dem UN-Entwicklungsprogramm (UNDP) zufolge in den verbleibenden vier Jahren mindestens 25 Prozent ihres BIP in die MDGs investieren.

Dazu meint der Bauunternehmer Ogwang: "Die Privatwirtschaft hat sich als wachstumsfördernd herausgestellt. Die langen Jahre der landwirtschaftlichen Abhängigkeit haben uns geschadet. Aus diesem Grund sind immer mehr afrikanische Länder bestrebt, ihre Volkswirtschaften zu diversifizieren und schaffen dafür ein investorenfreundliches Umfeld. Die Telekommunikationsbranche ist eine der tragenden Säulen der ugandischen Wirtschaft."

Die Privatisierung des Bildungssektors hat sich ebenfalls als viel versprechende Einnahmequelle herausgestellt. Nach Angaben der Weltkulturorganisation UNESCO weisen die Länder Südafrika, Senegal und Nigeria eine besonders hohe Zahl privater Bildungseinrichtungen auf.

Nach Ansicht von Michael Sudarkasa, Geschäftsführer der 'African Business Group', einer afrikaweit tätigen Beraterfirma für Entwicklung und Wirtschaft, müssen die Regierungen zwar noch viel tun, um die Entwicklung aus eigener Kraft voranzubringen. Doch lege die afrikanische Privatwirtschaft einen immer größeren Fokus auf soziale Investitionen, um den afrikanischen Regierungen zu helfen, ihre nationalen Entwicklungspläne umzusetzen.

Sudarkasa zufolge haben die Mobilisierung eigener Ressourcen und öffentlich-private Partnerschaften dem afrikanischen Kontinent eine größere Autonomie mit Blick auf die kontinentale Entwicklung gebracht. Und das sei universell betrachtet ein sehr guter Trend. (Ende/IPS/kb/2012)


Links:
http://www.africaneconomicoutlook.org/en/
http://www.kepsa.or.ke/
ttp://www.ipsnews.net/news.asp?idnews=106406

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veröffentlicht im Schattenblick zum 13. Januar 2012