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FRIEDEN/1013: Polenz rügt Israels Regierung aus opportunistischen Gründen (SB)



 

Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Ruprecht Polenz, hat Israel aufgefordert, den Siedlungsbau in den Palästinensergebieten zu stoppen. Nachdem die US-Regierung in Tel Aviv auf Granit gebissen hat, scheint es opportun zu sein, endlich einmal auszusprechen, was man angeblich schon immer sagen wollte. Die Warnung des CDU-Politikers, ansonsten drohe Israel die Gefahr, "als demokratischer Staat schrittweise Selbstmord" zu begehen, kündet von tiefer Sorge um den Verbündeten und nicht um die von seiner Besatzungspolitik malträtierten Palästinenser. Für deren Interessen einzutreten, anstatt sich mit der Allerweltsaussage freizuhalten, daß es ohne Zweistaatenlösung keinen Frieden in der Region geben werde, liegt einem Außenpolitiker, der sich nicht die Finger verbrennen will, fern.

Polenz versucht, mit seinem Vorstoß den unter Bundesbürgern verbreiteten Eindruck zu korrigieren, daß die Bundesregierung gegenüber Israel einen überaus opportunistischen Kurs fährt, der nicht allein mit der deutschen Schuld an der Judenvernichtung zu rechtfertigen ist, wie die entsprechende Politik verbündeter Regierungen wie der US-amerikanischen belegt. Daß er sich nun im Konflikt zwischen Washington und Tel Aviv um den Bau von 20 Wohneinheiten in Ost-Jerusalem zu Wort meldet, kann diesen Eindruck allerdings nicht widerlegen. Die Bundesrepublik betreibt ebensowenig wie die EU eine eigenständige Politik gegenüber Israel, mit der der bekundeten Respektierung internationalen Rechts auch nur im Ansatz entsprochen würde. Man wandelt in dieser Hinsicht ganz und gar auf den Spuren Washingtons, wo man nur aus einem Grund die Konfrontation mit Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu wagt.

Auf dem Spiel steht die Glaubwürdigkeit des US-Präsidenten, der in seiner vielzitierten Kairoer Rede einen Neuanfang in den Beziehungen zwischen den USA und Staaten mit mehrheitlich islamischer Bevölkerung angekündigt hatte. Das Gelingen dieses Ansatzes wiederum ist für die Realisierung westlicher Hegemonialpolitik im Nahen und Mittleren Osten unverzichtbar, also betreibt Polenz mit seiner Kritik an der israelische Regierung nichts als das, was die Bundesregierung stets tut. Sie wahrt ihre Interessen, was in der Regel in Übereinstimmung mit Israel erfolgt. Daß sich Polenz nun, da es zu einem zumindest symbolischen Konflikt zwischen den USA und Israel gekommen ist, zu Wort meldet, nachdem die Bundesregierung etwa den Überfall Israels auf Gaza ohne die Verurteilung des Aggressors gedeckt hat, kann ihr Ansehen bei Wählern, die diesen Teil der deutschen Außenpolitik als Bruch mit allen erklärten humanistischen Grundsätzen betrachten, jedenfalls nicht verbessern.

22. Juli 2009