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HEGEMONIE/1564: EU will Österreich Gen-Nahrung aufnötigen (SB)



Aus welchem Grund sollten die Österreicher damit einverstanden sein, daß die Brüsseler Administration verlangt, daß sie künftig potentiell gesundheitsgefährdende Nahrung zu sich nehmen sollen? Seitdem die österreichische Regierung 1999 und 2000 einen Bann gegen die Aussaat und Vermarktung von gentechnisch verändertem Mais der Sorten MON810 und T25 ausgesprochen hat, versucht die EU-Kommission dieses Verbot zu kippen.

Bis jetzt konnte sich die Regierung in Wien, unterstützt von den im EU-Ministerrat vertretenen Umweltministern der Union, gegen die Bevormundung durch das nicht nach demokratischen Gepflogenheiten zustande gekommene und die Gewaltenteilung verwässernde Organ behaupten. Am Dienstag startete die EU-Kommission erneut eine Attacke gegen die österreichische Position und sandte zwei Vorschläge an den EU-Ministerrat, der beim nächsten Treffen am 2. März darüber diskutieren soll.

Der Vorschlag zielt darauf ab, daß Österreich seine rechtlich zulässige Aufrechterhaltung des Anbauverbots aufhebt. Die EU-Kommission behauptet, daß die Einwände Österreichs gegen jene Maissorten der wissenschaftlichen Grundlage entbehren.

Dieser Behauptung kann jedoch zumindest ein Anfangsverdacht entgegengehalten werden, hat doch die Maislinie MON810 in Tierverbrauchsstudien gezeigt, daß die damit gefütterten Nager in der dritten und vierten Generation an Fruchtbarkeit verloren. Zudem machte die Alpenrepublik geltend, daß das Ausbringen von MON810, in das mit Hilfe gentechnischer Verfahren ein Insektengift eingezüchtet wurde, möglicherweise zur Resistenzentwicklung beim Maiswurzelbohrer, einem Hauptschädling der Maispflanze, führen kann.

Zudem hatten italienische Forscher der Universität Piacenza im Dezember 2005 in Fütterungsstudien mit MON810 an Schweinen festgestellt, daß der Mais nicht vollständig im Magen-Darm-Trakt abgebaut wird, sondern daß Bestandteile ins Blut, in die Leber und in die Nieren wandern. Das hatten Befürworter der Gentechnik bis dahin ausgeschlossen. Völlig unklar ist, was mit Insektiziden behafteter Mais in menschlichen Organen anrichtet.

Nicht nur auf dem Gebiet der Ernährung eignet sich die EU-Administration, im Kern bestehend aus Rat, Kommission und Parlament, laufend neue Kompetenzen an. In diesem konkreten Fall wird plastisch vor Augen geführt, zu welch hohem Preis Befugnisse von den Nationalstaaten an die Zentralregierung fließen. Sollte die EU-Kommission den längeren Atem haben, die im Ministerrat vertretenen Umweltminister auf ihre Seite ziehen und sich somit gegen Österreich durchsetzen, kann es dazu führen, daß die Österreicher einen Mais auf die Teller bekommen, den sie nicht haben wollen.

Die EU-Kommission ist nicht primär dem Schutz der Bürger verpflichtet, sondern den Konzernen. Das wäre durch die europäische Verfassung, die von den Franzosen und Niederländern abgelehnt wurde, unumstößlich festgeschrieben worden. Der Lissabon-Vertrag, der sich inhaltlich und formal in weiten Teilen mit dem abgelehnten Verfassungsentwurf deckt und am Votum der Iren gescheitert ist, soll in diesem Jahr in Irland erneut zur Abstimmung vorgelegt werden, ganz so, als hätten die Iren nicht gewußt, was sie taten. Es ist den Österreichern, Deutschen und allen anderen Bewohnern der Europäischen Union, deren Stimmen wohlweislich nicht gehört werden, zu wünschen, daß sich die Iren nicht beirren lassen und jetzt erst recht ihr Nein zum Lissabon-Vertrag geben.

11. Februar 2009