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KRIEG/1385: Landminenverbot - Obamas Change-Politik (SB)



Sogar innerhalb der eigenen Partei hat US-Präsident Barack Obama wegen seiner Entscheidung, den internationalen Vertrag zum Landminenverbot nicht zu unterzeichnen, Kritik einstecken müssen. Menschenrechtsgruppen werfen dem zweifachen Familienvater - ein Viertel der rund 800.000 Menschen, die in den letzten 30 Jahren durch Landminen ihr Leben verloren haben, sind Kinder - schon länger vor, daß er auch in dieser Frage die machiavellische Politik seines Amtsvorgängers Bush fortsetzt. Noch am Mittwoch war Außenamtssprecher Ian Kelly vor die Presse getreten und hat die Absage an ein Landminenverbot ohne Einschränkungen bekräftigt. Am Donnerstag hieß es auf einmal, die Regierung überprüfe ihre Haltung in dieser Frage, aber die Überprüfung könne einige Zeit in Anspruch nehmen.

Hier handelt es sich um keine Kehrtwende in der US-Politik, sondern um durchschaubares politisches Kalkül. Die größte Gefahr für eine Regierung ist nicht der Widerstand der Opposition, sondern der aus den eigenen Reihen. Um den verschiedenen Interessen bei den Demokraten zu bedienen, mußte "Mr. Change" Obama in der Landminenfrage changieren. Außerdem reist er im Dezember nach Oslo, um den diesjährigen Friedensnobelpreis entgegenzunehmen. Da macht es sich schlecht, wenn er kurz zuvor die Beibehaltung einer solch heimtückischen Waffe, die wie Spielzeug aussehen kann und damit die Neugier von Kindern weckt, als unverzichtbar bezeichnet. Peinlich zumal, da 1997 ausgerechnet die internationale Kampagne zum Landminenverbot mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurde.

Norwegen setzt sich auf besonderer Weise für die Abschaffung auch von Streumunition ein. Da stets ein Teil dieser Munition nicht explodiert, wirken die unversehrten Sprengkörper anschließend wie Landminen. Im Mai 2008 wurde bei einer internationalen Konferenz in Dublin eine Konvention zum Verbot von Streumunition verabschiedet. Die USA zählen zu den Staaten, die das Dokument nicht unterzeichnet haben.

Ohne Zweifel haben die USA Waffen von ungleich größerem Vernichtungspotential im Arsenal als Landminen. Besonders heimtückisch sind sie dennoch, weil sie noch Jahrzehnte später explodieren können. Heute gibt es zwar "humanere" Ausführungen, die über eine bestimmte Verfallszeit verfügen, aber der Mechanismus funktioniert nicht zuverlässig, so daß sich die Bewohner einer minenverseuchten Region ständig in Lebensgefahr begeben, wenn sie ihre Häuser verlassen.

Als Obama Anfang dieses Jahres verkündete, daß er sich für die Abschaffung von Atomwaffen einsetzen wolle, dürfte dies einer der Gründe für das Nobelpreiskomitee gewesen sein, ihn in diesem Jahr mit dem Friedensnobelpreis zu ehren. Jetzt, kurz vor der feierlichen Übergabe dieses Preises, wartet Obama hinsichtlich des Landminenverbots mit einem ähnlich unverbindlichen Versprechen auf. Nach dem Motto: Laßt uns alles, was hinterher nicht einklagbar ist, zusagen.

Die bisherige Weigerung der US-Regierung, international rechtsverbindliche Verträge zum Verbot von Landminen sowie von Streumunition zu unterzeichnen, ist nicht mißzuverstehen. Erstens wollen die Vereinigten Staaten auf keine militärische Option gänzlich verzichten, zweitens streben sie keine multipolare Welt an, in der gleichberechtigte Nationen internationale Verträge abschließen, sondern wollen ihre alleinige Führungsmacht wahren und diese allenfalls durch subalterne Verbündete abstützen.

26. November 2009