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KRIEG/1573: Beförderung für Massaker - Bundeswehroberst Klein bald Brigadegeneral (SB)



Oberst Georg Klein, der das Massaker an afghanischen Zivilisten in der Nacht des 3./4. September 2009 bei Kundus maßgeblich zu verantworten hat, wurde nie dafür zur Rechenschaft gezogen. Weder leitete die Bundeswehr ein förmliches Disziplinarverfahren gegen ihn ein, noch wurde ungeachtet eines Untersuchungsausschusses des Bundestags und sogar einer Anzeige wegen Mordes nicht ein einziges Mal Anklage gegen ihn erhoben. Statt dessen wurde er im Spätsommer 2010 zum Vizechef der Stammdienststelle der Bundeswehr, die für die Personalführung von Unteroffizieren und Mannschaft zuständig ist, befördert. Nun scheint die Zeit reif zu sein, den 51jährigen umfassend zu rehabilitieren und ihm die Verdienste um die Erfüllung militaristischer Staatsräson mit einer noch deutlicheren Beförderung zu entlohnen. Klein soll im Frühjahr 2013 Abteilungsleiter im neuen Bundeswehramt für Personalmanagement werden, was dann einige Monate später seine Ernennung zum Brigadegeneral zur Folge hat.

Klein hat vor fast drei Jahren mit dem von ihm befohlenen Bombenangriff auf eine große Menschengruppe und zwei Tanklastzüge das Zeichen gesetzt, daß die Bundeswehr ihrer Verantwortung im Norden des besetzten Afghanistan uneingeschränkt nachkommt. Dort sichern deutsche Truppen die überaus kriegswichtige Nachschublinie, ohne die eine Blockade der Konvois in Pakistan die westlichen Okkupationsstreitkräfte binnen kurzer Zeit lahmlegen würde. Indem der deutsche Offizier den Luftschlag ohne Vorwarnung und mit geballter Vernichtungskraft anordnete, drohte er all jenen dasselbe Schicksal an, die es wagen sollten, den Nachschub auf der Nordroute zu gefährden. Mithin war der Tod von weit über hundert Zivilisten aus Perspektive westlicher Kriegsführung am Hindukusch ein strategischer Durchbruch, wie er wünschenswerter nicht sein konnte.

Die anstehende Beförderung des Oberst Klein zum General stößt bei den Hinterbliebenen der Opfer des von ihm veranlaßten Bombardements zwangsläufig auf Empörung, müssen sie sich doch nicht nur ignoriert und abgespeist, sondern zu allem Überfluß verhöhnt erleben. "Die Beförderung wäre ein Schlag ins Gesicht der afghanischen Zivilbevölkerung und käme einer Kriegserklärung gleich", sagte der Bremer Hinterbliebenenanwalt Karim Popal. Er sprach von einer großen Enttäuschung und einem "schweren politischen Fehler". Die Linkspartei bezeichnete den Karrieresprung Kleins angesichts der vielen Toten als "mehr als befremdlich", und der Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele sprach von einem "fatalen Signal gegenüber der afghanischen Bevölkerung". [1]

Klein selbst verzichtet weiterhin auf jede Stellungnahme. Seinerzeit schrieb er in einem Brief an den Untersuchungsausschuß: "Von all denen, die mein Handeln im Nachhinein beurteilen, erwarte ich nichts mehr als Wahrhaftigkeit und Gerechtigkeit." Er nahm die Verantwortung auf sich, im Zweifelsfall doch den Kopf hinzuhalten, was Karriere und Ansehen betrifft, erhielt indessen umfassende Protektion und erfreut sich in der Truppe höchster Wertschätzung. Wie der Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums, Stefan Paris, erklärte, sei Klein gut geeignet und erfülle alle fachlichen Voraussetzungen für seine künftige Aufgabe. Verteidigungsminister Thomas de Maizière erhob keine Einwände, und aus Militärkreisen hört man viele zufriedene Kommentare. Der Chef des Bundeswehrverbands, Ulrich Kirsch, begrüßte die Beförderung: "Es wird auch höchste Zeit. Da sowohl die strafrechtlichen als auch die disziplinarischen Ermittlungen ohne die Feststellung eines Dienstvergehens eingestellt worden sind, ist das eine ganz normale Beförderung." So wird aus dem wohl umstrittensten Offizier der Bundeswehr, der weltweit für die Opfer verantwortlich gemacht wird, wenn nicht ein Held, so doch ein verdienter Haudegen, der das entschlossen in die Hand genommen , was schon lange fällig war: Den Afghanen eine Lektion erteilen, die sie so schnell nicht vergessen werden.

Fußnote:

[1] http://www.n-tv.de/politik/Befoerderung-ist-Kriegserklaerung-article6926231.html

9. August 2012