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OFFENER BRIEF/004: Replik zu Mohssen Massarats Offenem Brief an 'Die Linke' (Falkenhagen/Queck)


Eine Replik an Mohssen Massarrat zu seinem Artikel:
"Offener Brief an 'Die Linke'" bezüglich ihrer angeblichen mangelnden Solidarität mit der Volksbewegung im Iran

Von Dr. Hans-Jürgen Falkenhagen und Brigitte Queck, 27.07.2009


Professor Massarat, Vertrauensdozent der Heinrich-Böll-Stiftung, wirft der Linken mangelnde Solidarität mit der Volksbewegung im Iran vor.
Hier muss zunächst die Frage geklärt werden, ob es sich bei den Straßenunruhen in Teheran wirklich um eine Volksbewegung gehandelt hat, zumal diese nur sehr kurzzeitig andauerten. Echte Volksbewegungen zeichnen sich durch ihren nachhaltigen Massencharakter aus, sie müssen wirklich Volksmehrheiten erfassen und von diesen getragen sein und sie müssen den Interessen des Volkes entsprechen, sie müssen fortschrittlichen politischen und sozialen Zielen dienen, gegen den Imperialismus gerichtet sein oder der Erhaltung des Friedens verpflichtet sein. Keine dieser Kriterien wurden von dem erfüllt, was Massarat Volksbewegung im Iran nennt. Man muss somit unterscheiden zwischen echten Volksbewegungen und Unruhen bzw. Aufruhraktionen, die illegitimen unmoralischen und reaktionär-verlogenen oder gar terroristischen Zielen dienen. Letztere auch Pseudo-Bewegungen genannte Aktivitäten, und dazu zählen auch chaotische Straßendemonstrationen, werden meist von ochlokratischen Elementen getragen. Ihre Anführer sind Demagogen mit sehr fragwürdigen Zielen. Man kann nicht von einer Volksbewegung sprechen, wenn von Demagogen aufgehetzte Ochlokraten auf die Straße gehen, heißt es schon bei dem altgriechischen Philosophen Platon. Unter ochlokratischen Elementen wurden unwissende Bürger ohne Durchblick, Chaoten, auch frustrierte Radaumacher mit der Lust an Randalen, der Zerstörung, sogar an Blutvergießen, verstanden: Ochlokratische Elemente bilden laut wörtlicher Übersetzung auch den Pöbel.
Linke unterstützen fortschrittliche Volkbewegungen und Volksrevolutionen. Sie unterstützen keine Konterrevolutionen. Da sich die Bewegungen, die Massarrat meint, auch gegen die Errungenschaften der islamischen Revolution richten, haben sie eindeutig konterrevolutionären und terroristischen Charakter. Sie dienen zudem hoch- und landesverräterischen Zielen und arbeiten damit den Kriegstreibern in die Hände. Sie dienen der Kriegspropaganda für einen geplanten mörderischen Angriffskrieg gegen den Iran und auch andere Staaten.

Linke sind nicht unbedingt Anhänger des Islams oder anderer Religionen, aber auf jeden Fall, verfechten sie, wenn sie den Namen Linke verdienen, soziale Gerechtigkeit und den Frieden. Sie sind gegen imperialistische Aggressions- und Eroberungskriege und treten konsequent für Völkerfreundschaft auch über ideologische und religiöse Grenzen hinweg ein.
Linke sind politische Realisten und lassen sich nicht ein X für ein U vormachen, wie es so schön im Deutschen heißt. Insofern erkennen sie, dass es den sog. großartigen Widerstand des iranischen Volkes gegen die Theokratie im Iran nicht gibt, dass das eine aufgesetzte Fiktion ist. Die iranischen Volksmassen haben sich auch nicht durch "grüne" Pseudorevolutionäre vorführen und verführen lassen. Grün bleibt die Farbe des Korans ohne Missbrauch.
Es gab im Iran den Versuch einiger Apostaten der islamischen Revolution um Rafsandschani und Mussawi (übrigens müssten das für Massarat gestandene Theokraten reinsten Wassers sein, wenn er sich ihre Lebensläufe betrachtet!), unter dem Beifall der Reaktionäre aller Länder der Welt eine demokratische Wahl eines Präsidenten, nämlich von Ahmadinejad, zu kippen und den Iran als Staat zu destabilisieren, damit er eine leichte Beute des USA-Imperialismus werden kann, ohne dass die USA in einem Angriffskrieg gegen den Iran ihre eigene vernichtende Niederlage zu riskieren bräuchten. Dass geschah unter der Anleitung aller Reaktionäre der Welt, die dem Iran alles andere als wohlwollend gesinnt sind, was allein schon deren angeblich lauteren Absichten nicht nur verdächtig, sondern zur Perfidie macht. Wenn dich deine Feinde loben, hast du etwas falsch gemacht, ist ein alter Leitspruch der Linken, an den sie sich selbst sicherlich nicht immer gehalten haben (siehe Gorbatschow und seine Ära des Niedergangs der Sowjetunion und anderer sozialistischen Staaten). Das haben sie mit einer historischen Niederlage, ja sogar mit einer Katastrophe für sich selbst, bezahlt. Sie ziehen daraus aber bei der Verarbeitung dieser historischen Niederlage, die mit dem Zusammenbruch der UdSSR und anderer sozialistische Länder verbunden war, auch ihre Lehren. Sie haben die wahre Fratze des Klassenfeindes, der Volksfeinde, der Feinde der Völker der Welt, deutlich und drastisch kennen gelernt und können heute im Nachhinein, die raffinierten Strategien der Zersetzungsarbeit noch besser analysieren als je zuvor. Sie müssen natürlich auch erkennen, dass sie selber viele Fehler gemacht haben, die darin bestanden, Mängel ihres Systems nicht konsequent genug abgestellt zu haben, die sich aber auch aus Nachgiebigkeit und Vertrauensseeligkeit gegenüber ihren angestammten Klassenfeinden ergaben. Wie man sie z. B. 1989/1990/1991 über den Tisch zog, erkannten viele Linke leider ebenfalls zu spät.
Heute werfen Linke dem Iran auch nicht seine islamische Glaubensgrundlage vor. Linke haben heute ein besseres Verhältnis zu Religionen als je zuvor. Aus alle dem haben die Linken Stärke bezogen und sie beziehen dieses Stärke weiter in der Gewissheit, dass dem Sozialismus die Zukunft gehört.
Ehrliche Linke wollen nicht, dass andere antiimperialistische Kräfte in der Welt das gleiche traurige Schicksal erleiden, das ihnen selber widerfahren ist, auch wenn sie andere Ideologien vertreten (z. B. unter dem Wahrzeichen des Islam agieren). Linke wissen um die Gefahren, die aus Spaltungsversuchen der Gegner resultieren. Sie wissen, was "divide et impera" (teile und herrsche) bedeutet.

Um seine finsteren Plan zu verwirklichen, auch die Islamische Republik Iran zu zersetzen, um sie dann zerfleischen zu können, dafür hat schon George W. Bush, (Massarat bestätigt es sogar), speziell 400 Mio. US-Dollar an die iranische Opposition mittels der CIA zur Verfügung stellen lassen. Das ist nicht einfach so eine großmütige Spende. Die Oligarchen des Herrschaftssystems der USA geben keine 400 Mio. US-Dollar aus, um Volksbewegungen, die wahrhaftige Ziele verfolgen, zu finanzieren! Sie denken nur an ihre eigenen Maximalprofitinteressen. Wenn sie solches vordergründig auch mit angeblich hehren Absichten tun, dann aber mit dem hinterhältigen Gedanken, die Gutgläubigkeit und Vertrauensseeligkeit von Menschen für ihre ausbeuterischen und neokolonialen Zwecke zu missbrauchen.

Linke sind nicht dem eindimensionalen Denken verfallen. Sie reduzieren Marx auch nicht allein auf Lohnarbeit und Kapital und schlechthin den ausbeuterischen Kapitalismus, wie das Massarrat ausdrückt, wenngleich das natürlich eine Kernfrage bleibt. Sie unterscheiden durchaus zwischen verschiedenen Formen von Kapitalismus und fordern auch nicht die Verstaatlichung sämtlicher Produktionsmittel. Genau genommen waren sie in der Eigentumsfrage immer flexibel und sind nicht gänzlich den Marx und Engels nachgesagten strengen Thesen gefolgt, dogmatisch alle Produktionsmittel zu verstaatlichen. Staatseigentum an den Produktionsmitteln soll es da geben, wo es unter Produktions- und Volkwohlstandsgesichtspunkten effizient ist und zur Verwirklichung sozialer Aufgaben wie z. B. der Vollbeschäftigung unerlässlich ist, oder wo bereits Monopole bestehen, wie bei Energie und Wasser, im Bergbau, im Verkehrswesen und Kommunikationswesen, bzw. wo rein soziale Aufgaben im Vordergrund stehen, wie z.B. im Gesundheitswesen. Schon unter Stalin und Mao Tse-tung wurde der Genossenschaftssektor und halbstaatliche Privatsektor unter sozialistischen Bedingungen entwickelt. Linke treten für die Rechte und Interessen des arbeitenden Volkes und der Masse der einfachen Menschen gegen Ungleichheit und soziale Ungerechtigkeit ein. Im Vordergrund ihrer Politik stehen die allgemeinen Menschenrechte, insbesondere die sozialen Rechte, wie sie von der UNO 1948 beschlossen wurden. Alles für das Volk, alles für die Menschen, für die Befreiung der Unterdrückten und Geknechteten dieser Welt, das ist ihre Devise. Sie sind Gegner jeglicher Formen sozialer Grausamkeiten, ein Begriff, der heute den Vertretern des herrschenden neoliberalen Kapitalismus so leicht über die Lippen geht, als würden sie ihre Konkubinen küssen. Gerade in der sozialen Frage decken sich die Ansichten und Ziele der Linken auch mit den Geboten des Islams und anderer Religionen.

Nun zum angeblichen Wahlbetrug bei der Wahl des Staatspräsidenten und den folgenden Unruhen im Iran.
Mohssen Massarat geht von der Prämisse aus, dass es im Iran einen massiven Wahlbetrug gegeben habe, er kann aber diese Behauptung mit keiner Silbe beweisen, seinen diesbezüglichen Behauptungen fehlt der Hauch jeglichen Beweises. Das ist schon das erste große Manko seines Artikels.
Der von ihm ins Zwielicht gestellte Esam Al-Amin erscheint Linken hier schon deswegen glaubwürdiger, weil dieser sachlich mit beweisfähigen Fakten argumentiert, die belegen, dass Ahmadinejad mit großer Mehrheit gesiegt hat. Z. B. führte Esam Al-Amin aus, dass die Wahlergebnisse jeder im Iran vor Ort nachprüfen konnte und auch jetzt noch nachprüfen kann, dass die Wahlbüros mit vertrauenswürdigen Personen der iranischen Gesellschaft besetzt waren, dass Stimmzettel richtig ausgezählt wurden und kontrollierbar nachgezählt werden konnten usw. Die Wahlurnen mit den Stimmzetteln und die Stimmlisten stehen auch jetzt noch zur Nachzählung und Nachprüfung zur Verfügung.
Warum lehnt dann aber Mussawi eine Nachzählung ab und fordert Neuwahlen ? Die Antwort ist für Linke einfach und logisch: Weil er weiß, dass er die Wahl nicht gewonnen hat und nur im Chaos von Neuwahlen eine Chance hätte, doch noch zum Sieger und damit zum iranischen Präsidenten erklärt zu werden. Das ist aber unlauter. So kann man mit Wählern und Wahlergebnissen nicht umspringen! Man kann somit feststellen: die von Masserrat gescholtenen Artikel der "jungen Welt" zeichnen sich durch eine sehr gründliche Recherche der Fakten aus. Das muss erst einmal jemand nachmachen!

Und die Sache mit den Wahlprognosen, die nur anfangs für Ahmadinejad gesprochen hätten und sich dann laut Massarrat schlagartig zu seinen Ungunsten verändert hätten, das ist wohl rabulistische, haarspalterische Leserverarschung, denn Umfragewerte können auch jetzt noch ermittelt werden, die eindeutig von einen überwältigenden Wahlsieg von Ahmadinedschad zeugen. Wer sich hinter dem Namen von Esam Al-Amin verbirgt, fragt Massarrat: Nun auch darüber kann man sich sachkundig machen und ist u.a. über Google zu erfahren. Und so erfährt jedermann, der will, dass Esam Al-Amin ein bekannter angesehener Publizist ist, der auch Beiträge in Englisch veröffentlicht.

Dann erklärt Massarrat: Das islamische Regime habe mindestens 50 Tote auf den Gewissen und er appelliert hier an das menschliche Mitgefühl für die Opfer. Natürlich sind Tote zu bedauern, aber wir wissen noch nicht einmal genau, ob diese Zahl stimmt. Das Traurige dabei ist jedoch die Tatsache, dass Massarat kein Wort darüber verliert, wie es zu Toten und Verletzten gekommen ist. Da werden Tote einfach so als Blutopfer der "Volkesrevolution", der "grünen Revolution" dargestellt. Wie aber ist es zu diesen Toten und zu den Verletzten gekommen? Darüber hüllt sich Massarat in Schweigen.
Nach unseren Informationen hatten die iranischen Sicherheitskräfte strenge Anweisung, nur in äußersten Notfällen von der Waffe Gebrauch zu machen, z. B. wenn sie selbst lebensbedrohlich angegriffen wurden, das Leben und die Sicherheit von Bürgern unmittelbar in höchster Gefahr war oder z. B. auch die Gebäudesicherheit durch Brandstiftungen oder Sprengungen, also durch terroristische Akte, bedroht waren. Von der Schusswaffe wurde nur Gebrauch gemacht, wenn extreme Notwehrsituationen vorlagen. Es wurden ansonsten polizeiliche Maßnahmen gegen Randalierer ergriffen, wie sie in Deutschland nicht anders gehandhabt werden. In diesen Fällen sollen Tränengas und Wasserwerfer eingesetzt worden sein. Aber warum schweigt sich Massarrat darüber aus? Ist ihm das nicht sensationell, nicht dramatisch genug?
Es ist auch nicht beweisbar, dass in Teheran 3 Millionen Menschen für Mussawi demonstriert haben, obgleich möglicherweise in Teheran Mussawi mehr Wählerstimmen erhalten hatte als Achmadinedschad. Teheran ist aber nicht der gesamte Iran! Das stellt übrigens Esam Al-Amin objektiv dar.

Übrigens, was Opferzahlen betrifft, die man auch linken Bewegungen anlastet, so sind Linke in der Regel immer skeptisch. Sie fordern nachprüfbare und plausible Fakten und Belege. Bekanntlich werden dem Kommunismus Dutzende von Millionen Ermordete als Opfer politischer Verfolgungen unterstellt und an den Kopf geworfen. So hat man z. B. die über 20 Millionen Toten der Sowjetunion, die Hitler zu verantworten hatte, dem Kommunismus zugerechnet, so nach der Art, die Sowjetmenschen hätten sich ja gegen den faschistischen Aggressoren nicht zu wehren brauchen. Und da werden durch Gerichte in ordentlichen Gerichtsverfahren abgeurteilte Schwerverbrecher schlichtweg zu Opfern des Kommunismus gemacht, nach dem Motto, in diesem Fall sei auch ein gemeiner krimineller Mord oder Raubüberfall legaler Widerstand gegen ein Unrechtsregime gewesen. Das sind so die Rezepte der westlichen Propaganda, wenn es darum geht, den Gegner ebenfalls mit Opferzahlen zu verunglimpfen. Linke plädieren dafür, dass Opfer, auch Opfer von Straßenkrawallen, genau benannt und wenn sie wirklich Unrecht erlitten haben, dies auch konkret und allumfassend benannt, untersucht und analysiert werden muss.

Der Arbeiterfotografie vorzuwerfen, dass sie sich für korrekte Übersetzungen der Reden von Ahmadinejad eingesetzt hat, wie ihr das von Massarrat angelastet wird, ist doch etwas merkwürdig und hintersinnig. Jeder, der mit Übersetzungen zu tun hat, hält es für seine ethische Pflicht, exakt und nicht entstellend zu übersetzen.

In der Tat perfide ist die Aussage von Massarrat, das sich das Nein zum Krieg und das Ja zum Widerstand gegen die Theokratie und der Kampf für Regime-Change im Iran nicht ausschließen würden. Er erklärt, der Regime-Change im Iran würde die Amerikaner und Israelis von der Verwirklichung ihrer Kriegspläne abhalten, so nach dem Motto: "Willst Du nicht unser Gehilfe sein, hauen wir dir den Schädel ein!" bzw. "Und bist du nicht willig, so brauch' ich Gewalt!" oder "Iraner, entweder ihr stürzt eurer Regime oder es gibt den vernichtenden Atomkrieg, denn der ist ja vorgesehen und lauert im Hintergrund!"
In der Frage von Krieg und Frieden macht man nicht solche hinterhältigen Spielchen.
Krieg und Völkermord kann nie eine vernünftige und humane Alternative sein. Zu sagen, entweder ihr wählt jetzt Mussawi oder es gibt Krieg bzw. die Wahl und Machtergreifung von Mussawi hätte dem Erhalt des Friedens gedient, ist gemeine perfide völkerrechtswidrige Erpressung. In welchem Licht erscheint dann der liberale Mussawi, für welches infame Spiel der USA-Imperialisten hätte er sich hergegeben? Die Alternative zu Mussawi wäre eine Kapitulation vor den Kriegstreibern, heißt es bei Massarrat. Würde aber Mussawi nicht selbst den USA die Kapitulation anbieten?
Man muss sich einmal die westliche Presse anschauen, wie sie unisono den Konkurrenten Ahmadinejads, Mussawi, eindeutig den Vorzug gegeben hat.
Entlarvend war in diesem Zusammenhang die Äußerung des früheren CIA-Nahostexperten Gerecht im Tagesspiegel vom 28.6.09 im Interview mit Juliane Schäuble unter: "Die Republik ist am Ende":

"Wenn die Demokratiebewegung im Iran erfolgreich ist,...dann würde sich mit dem Irak bereits eine

2. Demokratie in dieser Region entwickeln" ?!!

Unter der Begleitmusik falscher westlicher Begriffe von "Demokratie" "Reform" und "Freiheit" wurde im Iran schon einmal ein allseits beliebter iranischer Politiker, nämlich Ministerpräsident Mossadegh, der 1951 die Verstaatlichung der iranischen Erdölindustrie durchgesetzt hatte, von der iranischen Opposition und "fachgerechter" und finanzieller westlicher Unterstützung gestürzt und ermordet.

Kapitulation vor dem USA-Imperialismus, vor den neokolonialen Räubern, aber heißt Kapitulation nicht nur vor gnadenlosen Ausbeutern des iranischen Erdöls und Erdgases und anderer nationaler Reichtümer, es heißt auch Kapitulation vor Völkermördern, denn der USA-Imperialismus trägt den Völkermord vor sich her. Er beweist es gerade wieder in Afghanistan und Pakistan. Er hat es im Irak gezeigt, wo es nachweislich seit März 2003 über 1,3 Millionen Kriegstote, viele Millionen von Kriegswitwen, Kriegswaisen und Vertriebenen gibt.
Wir wissen aus der nordamerikanischen Geschichte, welches infame Spiel die weißen amerikanischen Siedler und Ausbeuter schon bei der Eroberung des nordamerikanischen Kontinents mit den Indianerstämmen getrieben haben. Wir empfehlen dazu jedem, der hinsichtlich der US-Amerikaner meint, dass sie den Völkern der Welt mit ihren zivilisatorischen und humanen Werten und Segnungen nichts als Glück und Wohlstand gebracht hätten, die Geschichte der nordamerikanischen Indianer zu studieren. Den Indianern haben selbst extreme Kompromissangebote und äußerste Nachgiebigkeit nichts mehr genutzt, als es um ihren Boden, ihre Wälder, ihre Bodenschätze ging. Sie wurden gnadenlos bis auf ein paar Folkloreexemplare ausgerottet. Wer erinnert sich nicht an frühere Filme, als das Abschlachten der Indianer noch drastisch in Wildwestfilmen gezeigt werden durfte. So wurde gezeigt, wie in einer Indianersiedlung der Chef einer Kompanie des US-Bundesheeres seinen Soldaten den Befehl gibt, nicht nur alle wehrfähigen Männer als potentielle Terroristen zu töten, sondern auch alle Frauen und Kinder bis zu den Babys abzuschlachten und das mit dem Argument, wir brauchen ihr Land! Und so machten sich die Krieger der amerikanischen Zivilisation daran, die Männer, Frauen und Kinder, die einst das Gebiet der heutigen USA und Kanadas bewohnten, zu ermorden. Hat man das vergessen und sollte das nicht eine Lehre für die Gegenwart sein? Die traurige Melodie vom US-amerikanischen Völkermord können auch die Vietnamesen oder Koreaner singen.

Übrigens verkennt Massarrat das Wesen der USA-Politik auch in der Gegenwart total, wenn er glauben machen will, Barack Obama habe mit George W. Bush eine gefährliche Clique der amerikanischen Politik endlich abgelöst, weil er ein Glücksfall der amerikanischen Geschichte und für die Menschheit sei. Abgesehen davon, dass sich Obama sogar in solchen Fragen wie der dringend anstehenden Gesundheitsreform gegenüber seinen eigenen Landleuten noch bewähren muss, kann doch niemand so naiv sein, zu glauben, dass Obama eine andere Politik machen würde als George W. Bush. Wenn das so wäre, hätte er z. B. das Blutvergießen im Afghanistankrieg schon beendet, anstelle dort den barbarischen Massen- und Völkermord mit erhöhter Intensität fortzusetzen. Wäre er anders als sein Vorgänger, würde er auch mehr für das eigene amerikanische Volk tun, anstatt den Bankern und deren Maximalprofitinteressen zu dienen. Er hätte schon eine echte Gesundheitsreform eingeleitet und das Rentensystem sicherer gemacht, er hätte die Arbeitslosigkeit wesentlich vermindert und die Massenarbeitslosigkeit beseitigt wie im New Deal eines Roosevelt in den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts. Er würde nicht weiter Massenbetrug an den amerikanischen Immobilieneigentümern und Kleinsparern zulassen und nicht, anstatt ein Präsident des Volkes zu sein, schützend die Hand über die Banker und Börsianer halten, als wäre er nicht der amerikanische Präsident, unter dem die schlimmsten Bankenskandale der USA-Geschichte passieren. Und die Versäumnisse von Barack Obama sind mittlerweile schon Legion. Er hat die Folterkammern der US-Army und des CIA nicht abgeschafft, er blockierte endgültig die geforderten unparteiischen Untersuchungen zum wahren Hergang der Terroranschläge vom 11. September 2001 und erklärte weitere Hinterfragungen in dieser Sache zur Bedrohung der nationalen Sicherheit der USA. Ganz so weit ging nicht einmal George W. Bush. Und wer immer noch illusionär an den "Weltenretter" Barack Obama glaubt, der lese z. B, den Artikel in der Taz (die Tageszeitung) vom 25./26. Juli 2009 auf Seite 3 "Das Ende der Flitterwochen" (www.taz.de).

Und was Massarrat dann den Linken an effektiver linker Politik zur Beseitigung von Massenarbeitslosigkeit empfiehlt, ist ein Verwirrspiel ohnegleichen, das offensichtlich ohnehin niemand verstehen soll, weil der logische Faden fehlt. Vollbeschäftigung durch Arbeitszeitverkürzung mit gewissen Zugeständnissen an den Mittelstand, das hat man alles schon gehabt und ist im Neoliberalismus endgültig abgeschafft worden. Worin da die kleine Abweichung von der antikapitalistischen Maximalforderung bestehen soll, dass muss Masserat Arbeitern, die derzeit ihre Arbeitsplätze auf Dauer verlieren, mal näher erläutern.

Auf jeden Fall hat Massarrat in seinem offenen Brief an die Linke bewiesen, dass er ein Gegner der Linken ist und damit jeglicher sozial verantwortungsvollen, geschweige denn sozialistischen Politik, feindlich gegenübersteht, dass er in einer Reihe mit den kapitalistischen parasitären Blutsaugern der Nationen steht. Übrigens: zwischen sozial orientierter Politik, Sozialismus und Demokratie gibt es keine Gegensätze. Demokratie heißt Volksherrschaft und das bedeutet, für die konsequente Verwirklichung der Belange und Interessen des Volkes und der Völker einzutreten, auch unter dem Vorzeichen der islamischen Religion.
Einigen historischen Betrachtungen von Massarrat können wir durchaus folgen. Ob allerdings die Tudeh-Partei schon in den Anfängen die negative Rolle spielte, die sie zum Teil heute spielt, möchten wir stark bezweifeln. Die Sowjetunion und die Linken haben in den vierziger und fünfziger Jahren des 20. Jahrhundert z. B. auch Mossadegh immer unterstützt. An der angeblich fehlenden Unterstützung der Linken für Mossadegh hat es also gewiss nicht gelegen, als die USA 1953 mit List und Tücke, Mord und Totschlag das reaktionäre Shah-Regime unter Reza Pahlewi wiederherstellten.


Über die Autoren

Brigitte Queck ist ausgebildete Wissenschaftlerin auf dem Gebiet Außenpolitik und als Fachübersetzer Russisch und Englisch sowie publizistisch tätig. Seit 10 Jahren leitet sie den Verein "Mütter gegen den Krieg Berlin-Brandenburg".
Brigitte Queck hat zwei erwachsene Kinder und vier Enkel.

Dr. Hans-Jürgen Falkenhagen wurde 1932 in Köln geboren und lebte ab 1936 in Radebeul bei Dresden. 1943 trat er in ein Gymnasium ein. Im Februar 1945 erlebte er die drei aufeinander folgenden Bombenangriffe auf Dresden.
Nach dem Abitur 1951 in Rostock studierte er Ökonomie und slawische Sprachen und war seit 1957 bis 1995 im öffentlichen Dienst tätig, insbesondere als Übersetzer, Dokumentalist und Länderbearbeiter. Er arbeitete in Auslandsinformationsabteilungen von Ministerien der ehemaligen DDR, zuletzt im Ministerium der Finanzen und für die Staatsbank der DDR. Seine Arbeitssprachen sind auch Englisch, Französisch und Rumänisch. Übersetzt hat er aus 12 Fremdsprachen, davon 9 slawische Sprachen. Er hat auch als Buchübersetzer für Verlage und als Journalist für Wirtschaftszeitungen gearbeitet. Seine Promotion erfolgte in diesem Rahmen.
Von 1990 bis 1995 war er Referent in einem Referat für ausländische Finanzen und Steuern des Bundesministeriums für Finanzen und dabei zuständig für sog. postkommunistische Staaten.
Nach Eintritt in das Rentenalter 1997 suchte er sich neue Interessengebiete und arbeitete als Sprachmittler und Journalist weiter für Zeitungen, Fachzeitschriften für Osteuropa und für Steuerrecht und ist Mitbetreiber der Homepage Goethe-Stübchen. Seit den 70er Jahren bekennt er sich zum Islam.
Dr. Falkenhagen ist verheiratet und hat zwei Kinder.


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Quelle:
Copyright by Brigitte Queck und Dr. Hans-Jürgen Falkenhagen
mit freundlicher Genehmigung der Autoren
      


veröffentlicht im Schattenblick zum 28. Juli 2009