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DILJA/1242: Haiti - ein unsinkbarer Luftwaffen- und Marinestützpunkt der US-Streitkräfte (SB)


Katastrophale Folgen der Erdbeben-Katastrophe auf Haiti

Unter dem Druck humanitärer Not wurde der Karibikstaat von den US-Streitkräften als Militärstützpunkt annektiert


Am 12. Januar 2010 wurde Haiti, der ärmste Staat Mittel- und Südamerikas, von einer Erdbebenkatastrophe heimgesucht, der das Land und seine Bevölkerung aufgrund des postkolonialen Würgegriffs, in dem sich die älteste von ehemaligen Sklaven gegründete Republik noch immer befindet, nicht den geringsten Schutz entgegenzusetzen hatte. Wenngleich das Epizentrum des Bebens von einer Stärke von 7,3 auf der Richterskala unweit der haitianischen Hauptstadt Port-au-Prince lag, spricht die Tatsache, daß die Erdstöße in der benachbarten Dominikanischen Republik keine nennenswerten Schäden anrichteten, Bände und läßt erahnen, ein wie hoher Anteil der inzwischen offiziell auf über 200.000 bezifferten Zahl der Todesopfer nicht unbedingt der Naturkatastrophe, sondern den schon zuvor verheerenden sozialen und politischen Lebensbedingungen der Haitianer geschuldet sind.

Haiti weckt aufgrund seiner geographischen Lage Begehrlichkeiten, die sich in der aktuellen Katastrophe, die von den Vereinten Nationen als die größte ihrer Geschichte angesehen wird, bereits als eine zusätzliche Katastrophe erwiesen haben. Die Vereinigten Staaten von Amerika, sprich der große Nachbar im Norden, hat die große geographische Nähe zum Katastrophengebiet keineswegs zum Anlaß genommen, den notleidenden Menschen umfangreiche humanitäre Hilfe zukommen zu lassen und sich als guter Nachbar in der Stunde der größten Not zu erweisen. Nein, die USA nutzten die leichte Erreichbarkeit eines Staates, mit dem sie angesichts einer ohnehin in politische Abhängigkeit manövrierten Regierung in wirtschaftlich ohnmächtiger Lage leichtes Spiel hatten, um unter dem Vorwand des Krisenmanagements die haitianische Inselhälfte Hispaniolas militärisch zu besetzen.

Belief sich die Zahl der auf Haiti stationierten US-Soldaten vor dem 12. Januar gerade einmal auf 60, sieht es nach dem verheerenden Beben der Erde, dem inzwischen sogar noch weitere, kaum schwächere Nachbeben gefolgt sind, völlig anders aus. Inzwischen soll sich die Zahl der US-amerikanischen Besatzungssoldaten auf 12.000 belaufen. Sie tragen nicht nur nichts Nennenswertes zur Katastrophenbewältigung bei, sie behindern mit schwerwiegenden und für Hunderte Menschen bereits tödlichen Folgen sogar die Rettungsmaßnahmen. Nach Angaben des lateinamerikanischen Fernsehsenders TeleSur beklagte Carlos Morales Cienfuegos, Leiter eines mit der Bergung Verschütteter befaßten mexikanischen Feuerwehrteams, daß Offiziere der US-Streitkräfte Rettungsmaßnahmen verhindern: "Unter den Trümmern liegen Menschen, die noch leben, und wir müssen sie retten, aber sie lassen uns nicht arbeiten."

Die Obama-Administration scheint sich entgegen vorheriger Ankündigungen, schnelle und umfassende Hilfe leisten zu wollen, längst entschlossen zu haben, jede Maske fallenzulassen. So ist es ein offenes bzw. überhaupt kein Geheimnis, daß die Armada US-amerikanischer Kriegsschiffe, die in den Karibikstaat und seine Gewässer beordert wurden, wie auch die vielen Flugzeuge, die US-Soldaten nach Haiti bringen und leer zurückfliegen von dem einzigen Flughafen Haitis - den die US-Streitkräfte als allererstes unter ihre Kontrolle gebracht haben -, die Situation in Haiti soweit "kontrollieren" und die "Sicherheit" gewährleisten wollen, wie es in ihrem Interesse ist.

Zu diesem Interesse gehört nicht zuletzt die Abwehr notleidender Erdbebenopfer, die sich aufmachen könnten, den Südzipfel der Vereinigten Staaten zu erreichen. Unmittelbar nach der Katastrophe wurden in Florida bereits Häftlinge umquartiert, um ein Gefängnis für Flüchtlinge freizubekommen, die es allen Abwehrmaßnahmen der Militärs zum Trotz doch schaffen könnten, die rettungversprechende Küste lebend zu erreichen. Man wird sie, so wurde aus dem State Departement bereits verlautbart, unter strikter Anwendung der US-Einwanderungsgesetze in ihre Heimat zurückbringen. Unterdessen hat sich das US-Militär von der verbliebenen Zivilregierung Haitis Souveränitätsrechte abtreten lassen. Da Präsident René Préval kaum in der Lage ist, angesichts der desolaten und hochverzweifelten Situation des gesamten Landes irgendeinen Staat zu verprellen, der Hilfe versprechen und leisten könnte, handelt es sich um eine auch völkerrechtlich höchst zweifelhafte De-facto-Entmachtung der haitianischen Regierung, die ebensowenig imstande und damit auch willens sein dürfte, der Inbesitznahme ihres Landes durch die Streitkräfte der USA, aber auch paramilitärische Polizeitruppen der EU, nennenswerten Widerstand engegenzusetzen, obwohl diese ganz anderen als den vorgeblichen Gründen, die Rettungs- und Aufbaumaßnahmen militärisch abzusichern, dient, und so droht Haiti zu einer festen Militärbastion westlicher Hegemonialkräfte zu werden, die in gar nicht ferner Zukunft in Aktion treten könnten, um die für sie inakzeptable Linksentwicklung der gesamten Region Lateinamerikas militärisch zu zerschlagen.

25. Januar 2010