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AFRIKA/1848: HIV/Aids - Forscher fordern sichere Nahrungsversorgung (SB)


Studie verknüpft HIV/Aids-Bekämpfung mit Nahrungssicherheit


Es gab mal eine Zeit, da wurden der südafrikanische Präsident Thabo Mbeki und seine Gesundheitsministerin, die ausgebildete Ärztin Manto Tshabalala-Msimang, von verschiedenen Seiten heftig angegangen, weil sie sich umfassender über die Immunschwächekrankheit HIV/Aids informieren wollten, bevor Geld für Pharmaprodukte ausgegeben werde. Darüber hinaus hatten die beiden erklärt, daß eine ausreichende und gesunde Ernährung bei HIV/Aids helfe. Ihre Ansichten brachten der Ministerin den Spitznamen "Doktor Rote Beete" ein - hatte sie sich doch "erdreistet", den Menschen zu raten, einen eigenen Garten anzulegen und dort Gemüse anzubauen. Darüber hinaus lehnte sie zunächst Antiretrovirale Medikamente (ARV) wegen ihrer starken Nebenwirkungen ab.

Fielen innerhalb des Streits, zwischen Rede und Gegenrede, auch Behauptungen, die übertrieben, naiv oder fehlgeleitet waren, Mbeki und Tshabalala-Msimang waren zumindest in einer Hinsicht ihren Kritikern (die auch aus der Pharmabranche stammten ...) um Längen voraus: Eine ausreichende Nahrung ist eine unverzichtbare Voraussetzung, um Aids einzudämmen. Ein Medikamentencocktail auf einen chronisch leeren Magen zu geben, bringt wenig, eine sinnvolle HIV/Aids-Therapie sollte immer auch die Versorgung der betroffenen Person mit Nahrung enthalten, wie in einer neuen Studie [1] zum inzwischen wiederholten Male bestätigt wird. Darüber hinaus trifft es zu, daß ARVs starke Nebenwirkungen zeigen. Sie werden heute im allgemeinen in Kauf genommen, da die Alternative - volle Wucht von Aids - deutlich schlimmer ist.

Forscher aus den USA, Malawi und Tansania erklärten jetzt, daß Mangelernährung und Ernährungsunsicherheit eine "entscheidende Rolle" bei der der Ausbreitung von Aids im östlichen und südlichen Afrika spielen. Sie begünstigten die Übertragung von HIV und verstärkten im Anschluß an die Übertragung die Wirkung der Epidemie. Die Forscher empfehlen einen umfassenden Therapieansatz, zu dem auch die Verbesserung des Ernährungsstands und der Nahrungssicherheit gehören sollten. Der Studie liegen zwei regionale Erhebungen über den Einfluß der hohen Lebensmittelpreise auf HIV-Infizierte zugrunde.

Die Forscher fordern Betroffenennetzwerke, NGOs, UN-Hilfsorganisationen und Forschungseinrichtungen auf, dafür zu sorgen, daß Regierungen und Geberländer auf die Nahrungsmittelkrise reagieren und daß Betroffene eine Stimme erhalten. Es wird eine breite Unterstützung für einen multisektoralen Ansatz empfohlen, in dem zugleich auf die HIV-Epidemie, Hunger und Mangelernährung eingegangen werden soll.

Die Subsaharastaaten leiden in besonderer Weise unter dem Anstieg der Lebensmittelpreise, die seit dem Höchststand der Krise im vergangenen Jahr nur geringfügig zurückgegangen sind. Die Ausbreitung von HIV/Aids schreitet in vielen Ländern ungebrochen voran, der Lebensmittelmangel dürfte diese Entwicklung noch beschleunigen. Medikamente gegen HIV/Aids sind ein unverzichtbarer Bestandteil einer medizinischen Therapie - umgekehrt arbeiten Mangelernährung und Nahrungsunsicherheit Behandlungserfolgen massiv entgegen.


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Anmerkungen:

[1]"Food prices and the HIV response: findings from rapid regional assessments in eastern and southern Africa in 2008", Stuart Gillespie und Scott Drimie vom Regional Network on AIDS, Livelihoods and Food Security (RENEWAL), International Food Policy Research Institute (IFPRI), Washington, DC, USA, Paul Jere, PJ Development Consultancy, Lilongwe, Malawi, und John Msuya, Sokoine University of Agriculture, Morogoro, Tanzania. 10. Juli 2009
http://www.springerlink.com/content/9557g3121t5x202r/fulltext.html

17. Juli 2009