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AFRIKA/1883: Dürre und Hunger in Kenia (SB)


Mindestens zehn Millionen Einwohner Kenias von Hunger bedroht


Die Versorgungslage in Nordkenia, das unter der schwersten Dürre seit 40 Jahren leidet, spitzt sich weiter zu. Bereits vor Monaten berichteten Vertreter von Hilfsorganisationen, daß die Landschaft in manchen Regionen Kenias nicht etwa braun, sondern grau vor Trockenheit sei und die Menschen nichts zu essen hätten. Jüngere Meldungen bestätigen die extreme Not in dem ostafrikanischen Land.

Die mehrheitlich nomadisierenden Turkana, die im Norden an der Grenze zu Sudan und Somalia leben, haben bereits angefangen, ihre Dromedare zu töten, um zu überleben, meldete AFP. [1] Damit berauben sich die Menschen ihrer eigenen Existenzgrundlage. Aber würden sie nicht zu dieser Notmaßnahme durchringen, käme für sie das Ende eher.

Nach dem in der vergangenen Woche veröffentlichen Global Hunger Index (GHI) 2009, der vom International Food Policy Research Institute (IFPRI) herausgegeben wird, zählt Kenia zu den 30 ernährungsunsichersten Staaten der Welt, und die Situation verschlimmert sich rasch. [2] Die Ernte an Mais, dem Hauptnahrungsmittel der Kenianer, wird voraussichtlich 28 Prozent unter dem üblichen Wert von 1,84 Millionen Tonnen liegen. Nach Angaben der kenianischen Regierung sind zehn Millionen Einwohner von Hunger bedroht. Laut Anne O'Mahony von der Nichtregierungsorganisation Concern Worldwide könnte diese Zahl viel zu niedrig sein, da gewöhnlich mehr als 30 Prozent der Hungerfälle nicht gemeldet würden.

Kenia erlebt bereits das vierte Jahr hintereinander Dürre. Für Wissenschaftler ist das keine ausreichend breite statistische Basis, als daß sie sich zu der Behauptung durchringen werden, dies sei ein sicheres Anzeichen für den Klimawandel. Ungeachtet dessen paßt die mehrjährige Niederschlagsarmut in Ostafrika zu den computergenerierten Prognosen der Klimaforscher für diese Region.

Die Dürre in Kenia könnte bald enden. Dem blicken die Einwohner jedoch mit gemischten Gefühlen entgegen. Denn frühere typische El-Niño-Jahre haben Kenia gegen Ende des Jahres Starkniederschläge und Überschwemmungen gebracht, was schwere Schäden in der Landwirtschaft und Infrastruktur bewirkte.

In der allgemeinen Berichterstattung über die Hungerlage in Kenia werden - abgesehen von der Dürre - häufig die Unruhen nach den umstrittenen Wahlen Anfang 2008 als eine der Ursachen für den Versorgungsmangel genannt. Diese Erklärung trifft zwar insofern zu, als daß die Bauern aufgrund von Vertreibungen und einer allgemein erhöhten Gefahr weniger anbauen konnten als in früheren Jahren, aber bei der Analyse wird vernachlässigt, daß die Unruhen ihrerseits bereits eine Folge der Verarmung, die unter anderem mit der Dürre zu tun hat, waren.

Was den menschlichen Anteil an der Not betrifft, so genügt der Blick allein auf die Ausschreitungen nach den Wahlen nicht. Der Bogen müßte weiter gespannt werden, da die Armut in den riesigen Slums von Nairobi hauptsächlich Folge der jahrzehntelangen Landflucht ist, die wiederum politisch in Kauf genommen wurde - auch und gerade von Seiten der Kreditgeber IWF und Weltbank.


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Anmerkungen:

[1] "Drought in Kenya: they shoot camels, don't they?", AFP, 16. Oktober 2009
http://www.terradaily.com/reports/Drought_in_Kenya_they_shoot_camels_dont_they_999.html

[2] "Kenya: Country's 'Alarming' Hunger Situation", The Nation, 14. Oktober 2009
http://allafrica.com/stories/200910140852.html

19. Oktober 2009