Schattenblick →INFOPOOL →POLITIK → REDAKTION

AFRIKA/1899: Madagaskar beendet Wasserverkauf an Saudi-Arabien (SB)


Madagaskar im politischen Umbruch

Zivilbevölkerung gegen Wasserverkauf - Regierung streicht Pläne


Noch schwer angeschlagen durch den abgewendeten Versuch des früheren Präsidenten Marc Ravalomanana, rund die Hälfte der landwirtschaftlichen Fläche des Landes an den südkoreanischen Konzern Daewoo Logistics auf 99 Jahre zu verpachten, hat angeblich die jetzige Regierung Madagaskars den geplanten Verkauf von Wasser an Saudi-Arabien gestoppt. Umweltgruppen, Teile der Zivilgesellschaft und auch die grüne Partei Hasin'i Madagasikara hatten sich gegen den Wasserverkauf ausgesprochen, meldete die Website Circle of Blue Water im vergangenen Monat unter Berufung auf einen Bericht von Global Water News Watch, in dem sich wiederum auf die Website MadOnline bezogen wird. [1]

Demnach sah das Abkommen vor, daß ein Prozent des Wassers an der Mündung des Faranoy-Flusses, rund 260.000 Kubikmeter pro Tag, verkauft wird. Als Gegenleistung hätte Madagaskar Einnahmen von täglich 60.000 US-Dollar erhalten, die in Wasserbauprojekte im ariden Süden des Landes hätten investiert werden sollen.

Circle of Blue Water deutet an, daß möglicherweise nicht allein die von den Kritikern vorgebrachten ökologischen Bedenken den Ausschlag für die Streichung der Pläne gaben, sondern daß es auch mit den politischen Unsicherheiten im Land sowie den administrativen Strukturen zu tun gehabt haben könnte. Die Website hat den Madagaskar-Experten Richard Marcus von der Staatsuniversität von Kalifornien in Long Beach nach den Hintergründen der Vorgangs befragt. Laut Marcus obliegt die Wasserverwaltung seit einem Gesetz aus dem Jahre 1999 mehreren Institutionen, deren Kompetenzen sich überschneiden. Wenn derjenige Minister, der das Abkommen ausgehandelt hat, geht, gehe sozusagen auch das Abkommen mit ihm.

In Madagaskar war es Anfang des Jahres zu wochenlangen Demonstrationen gegen die Politik des Multimillionärs Ravalomanana gekommen. An die Spitze der Demonstranten hatte sich der jugendlich wirkende Bürgermeister von Antananarivo, Andry Rajoelina, gestellt. Auch er ein reicher Mann. Ravalomanana hatte den Fernsehsender und auch Radiosender seines Kontrahenten schließen lassen, was bei diesem offenbar das Faß zum Überlaufen brachte. Im März erklärte sich Rajoelina zum neuen Präsidenten und forderte das Militär auf, ihn zu unterstützen. Tatsächlich gelang es ihm mit einiger Mühe, sich der Rückendeckung des Militärs zu versichern, womit seine Selbsternennung zum Präsidenten faktisch besiegelt wurde.

Einer der zentralen Gründe für die Demonstrationen war die geplante Verpachtung besten Agrarlandes an Daewoo, während ein Großteil der Madagassen verarmt und auch mangelernährt ist. Wäre der Deal wie geplant über die Bühne gegangen, hätte der südkoreanische Konzern Reis angebaut und exportiert, der auf der Insel dringend benötigt worden wäre.

Im Prinzip verfügt Madagaskar über reichlich Wasser, fast die vierfache Menge pro Kopf der Bevölkerung verglichen mit anderen Subsaharastaaten. Und Saudi-Arabien hat einen großen Bedarf. Da für Madagaskar der Verkauf eines sehr geringen Teils seines Oberflächenwassers durchaus attraktiv ist und Devisen dringend gebraucht werden, dürfte das letzte Wort zu dem Geschäft wohl noch nicht gesprochen sein. Vielleicht klopft Saudi-Arabien zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal an. Gegenwärtig sind die politischen Verhältnisse unsicher. Ravalomanana und Rajoelina sollen eine Regierung der Einheit bilden, empfahlen die beiden früheren madagassischen Präsidenten Didier Ratsiraka und Albert Zafy sowie der frühere mosambikanische Präsident Joaquim Chissano, die zusammen ein Mediatoren-Team bilden.

Die Gründung von Einheitsregierungen im Anschluß an gewaltsame Proteste hat sich in letzter Zeit als nicht unproblematisch erwiesen. Die Einheitsregierung in Kenia, mehr aber noch in Simbabwe ist gelähmt; Kompetenzen der Ministerien überschneiden sich, und alles in allem sind übergroße Regierungsapparate entstanden, die viele Steuergelder verbrauchen, aber wenig leisten.


*


Anmerkungen:

[1] "Madagascar cancels water deal with Saudi Arabia", Circle of Blue Water News, 14. November 2009
http://www.circleofblue.org/waternews/2009/world/news-climate-madagascar-cancels-water-deal-with-saudi-arabia/

10. Dezember 2009