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AFRIKA/1984: Weltbank prüft Kredit für Kohlekraftwerk in Südafrika (SB)


Lokale Umweltgruppen klagen gegen Weltbankkredit für den Neubau eines 4800MW großen Kohlekraftwerks

Kreditzusage als solche bleibt von der Prüfung unberührt


Als die Weltbank im April dieses Jahres einen Kredit im Umfang von 3,75 Milliarden Dollar für den Bau eines riesigen Kohlekraftwerks in Südafrika genehmigte, bewies sie damit, daß all das Gerede über Klimaschutz und die Einhaltung von Umweltstandards das Papier nicht wert ist, auf dem es geschrieben steht. Die Verbrennung von Kohle gehört zu den umweltschädlichsten Energiegewinnungsformen, die es gibt. Abgesehen von gesundheitsschädlichem Ruß, Schwefel und Schwermetallen emittieren Kohlekraftwerke auch große Mengen Kohlendioxid, des wichtigsten Treibhausgases, um deren Reduzierung seit Jahren international gerungen wird.

Die beiden Umweltschutzgruppen Earthlife Africa und Groundwork haben gegen den geplanten Bau des für eine Leistung von 4800 Megawatt konzipierten Medupi-Kraftwerks in der Lephalale-Gemeinde durch den südafrikanischen Energieversorger Eskom Klage eingereicht. Ihr Erfolg besteht zunächst darin, daß ein internes Ermittlungsteam der Weltbank mit der Prüfung der Kreditzusage begonnen hat. Roberto Lenton, Leiter des Prüfungsausschusses der Weltbank, erklärte, daß er nicht die Befugnis habe, die Kreditzusage zu Fall zu bringen. Aber er könne erreichen, daß ein Teil der Gelder eine andere Verwendung fände als ursprünglich vorgesehen. [1]

Bei den internen Ermittlungen der Weltbank wird untersucht, ob die Finanzinstitution gegen ihre eigenen Sozial- und Umweltstandards verstoßen hat. Aus diesem Grund haben Lenton und Mitarbeiter kürzlich Südafrika besucht und sich vor Ort die Sorgen der Lephalale-Gemeinde angehört. In einer Stellungnahme an den Weltbankvorstand erklärte Lenton, daß er von dem Ausmaß der Sorgen über das Projekt "betroffen" sei - eine Formulierung, die nicht zufällig offenließ, ob seiner Meinung nach die Sorgen berechtigt sind oder nicht. Die Klage von Earthlife Africa und Groundwork könne im Rahmen einer Ermittlung geprüft werden, sicherte Lenton zu.

In seiner gegenwärtigen Form teilt sich der Kredit auf in mehr als drei Milliarden Dollar für den Bau des Kohlekraftwerks, 485 Millionen Dollar für Maßnahmen zur Verbesserung der Kohlenstoffeffizienz - vorgesehen ist unter anderem der Bau einer Eisenbahntrasse und einer Überlandleitung in Mpumalanga - und 260 Millionen Dollar für die Förderung von erneuerbaren Energien. Eskom kündigte an, daß es in der Provinz Northern Cape ein Sonnenkraftwerk und ein Windpark von je 100 Megawatt Leistung bauen will.

Diese Projekte sind allerdings eher Begleitmusik als Hauptmotiv der Kreditvergabe. Vor kurzem haben Analysten von Bloomberg New Energy Finance ausgerechnet, daß fossile Energieträger weltweit um das Zehnfache höher subventioniert werden als erneuerbare Energien. Das riesige Medupi-Kohlekraftwerk in Südafrika bestätigt diese Untersuchung.

Südafrika geht den Weg der Industrialisierung und benötigt dazu Energie. Das jahrelange Versäumnis, in alternative Energien zu investieren, hat einen vermeintlichen Sachzwang geschaffen, der - aus der Sicht der Weltbank und Eskoms - den Bau des riesigen Kohlekraftwerks unverzichtbar macht. Bei der Klimakonferenz im Dezember 2009 in Kopenhagen kollidierten eben solche angeblichen "Unverzichtbarkeiten" aufeinander, mit dem Ergebnis, daß keine verbindlichen Klimaschutzmaßnahmen beschlossen wurden und die vorherrschenden Produktionsverhältnisse unhinterfragt geblieben sind.


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Anmerkungen:

[1] "South Africa: World Bank Probe of Eskom's Loan", Business Day (Johannesburg), 4. August 2010
http://allafrica.com/stories/201008040101.html

4. August 2010