Schattenblick →INFOPOOL →POLITIK → REDAKTION

AFRIKA/2111: Ungehobene Schätze - Weltbank-Fonds für geologische Kartierung (SB)


Keine Überraschung - Bergbaukonzerne zeigen Interesse an genaueren geologischen Karten für Afrika



Die Weltbank will den Bergbau in Afrika intensivieren, indem sie eine detailgenaue geologische Karte des gesamten Kontinents erstellen läßt.

Das ölverseuchte Nigerdelta, das radioaktiv verstrahlte Uranbergbaugebiet Nigers, die blutig umkämpften Coltanlagerstätten im Ostkongo und zahllose weitere Konfliktgebiete, in denen Afrikas Rohstoffe zum Vorteil transnationaler Konzerne und heimischer Entrepeneure abgebaut werden, haben eines gemeinsam: Die örtliche Bevölkerung leidet unter den damit einhergehenden Umweltverschmutzungen. Die Schädigung beginnt aber nicht mit dem ersten Spatenstich oder dem Absenken eines Bohrkopfs in den Untergrund, sondern wird lange vorher mit der wissenschaftlichen Erkundung potentieller Schätze der Natur eingeleitet.

Wenn Arbeiter mit schwerem Räumgerät anrücken und den Kapitalinteressen den Weg ebnen, dann ist das bereits der zweite oder dritte Schritt der Aneignung. Ohne hier bis zu den frühen, häufig bereits von übergriffigen Absichten getragenen Entdeckungsreisen europäischer "Abenteurer" auf dem schwarzen Kontinent zurückgehen zu wollen, bleibt festzustellen, daß jeder Exploitation (Abbau) die Exploration (Erkundung) vorausgeht, denn kein Rohstoffkonzern setzt seine Arbeiter in Marsch, wenn er nicht die berechtigte Aussicht hat, fündig zu werden.

Afrika ist in geologischer Hinsicht vergleichbar mit einem Asteroiden, der in relativer Erdnähe seine Bahn zieht und von dem man noch nicht bis ins Detail weiß, aus welchem Material er aufgebaut ist. Bevor ein Unternehmen wie Planetary Resources eine teure Mission zu so einem Gesteinsbrocken im All finanziert, um von dort Materialproben einzuholen, würde es zunächst alle Optionen der kostengünstigeren Fernerkundung ausschöpfen. Ähnlich verhält es sich mit den mineralischen Rohstoffen des afrikanischen Kontinents. Zwar sind weite Gebiete bereits geologisch erfaßt, aber einige auch nicht und andere noch nicht in detailgenauer kartographischer Auflösung.

Hier nun bringt sich die Weltbank ins Spiel. Sie will bis Juli dieses Jahres unter Beteiligung privater Investoren einen Fonds in Höhe von einer Milliarde Dollar aufstellen, um innerhalb der nächsten fünf Jahre die mineralischen Ressourcen Afrikas mit Hilfe von satelliten- und luftfahrtgestützten Methoden zu erkunden und eine geologische Karte des gesamten Kontinents zu erstellen. Dadurch sollen die bestehenden Lücken gefüllt werden. Mit diesem Mittel will die Finanzinstitution allen interessierten Unternehmen zu einem höheren Maß an Investitionssicherheit verhelfen und hat zu diesem Zweck bereits 200 Millionen Dollar für den Fonds freigegeben, erklärte kürzlich der für Bergbau zuständige Weltbankmanager Paulo de Sa gegenüber Reuters. [1]

De Sa traf sich Anfang Februar am Rande einer Investorenkonferenz in Südafrika mit Vertretern von zehn Bergbauunternehmen, unter ihnen Rio Tinto und Ivanhoe Mines, die Interesse an dem Projekt bekundeten. Viele hielten sich derzeit noch mit Investitionen zurück und begrüßten eine effizientere Verteilung der Explorationskosten, so de Sa, der früher beim größten französischen Stahlhersteller Usinor-Sacilor für Strategie und Operationen zuständig war.

Zunächst will die Weltbank das südliche und östliche Afrika erkunden. Die Informationen sollen in eine einzige Datenbank, die öffentlich zugänglich sein wird, einfließen. Laut de Sa hätten nicht nur Unternehmen Vorteile von dem Projekt, sondern auch afrikanische Regierungen, weil sie besser Infrastrukturmaßnahmen planen und ihre Verhandlungsposition gegenüber Bergbauunternehmen bei der Vergabe von Abbaurechten verbessern könnten. Als Beispiel wird in dem Bericht genannt, daß die Regierung Mosambiks bei der Privatisierung des Kohlekonzerns Moatize das potentielle Ausmaß seines Kohlebeckens nicht kannte; das sei erst klar geworden, nachdem der brasilianische Investor Vale mit der Exploration begann.

Einige Länder, wie zum Beispiel Malawi, arbeiten bereits mit der Weltbank in geophysikalischen Projekten zusammen und wollen sich an der neuen Initiative beteiligen. Die Weltbank hofft, in Sambia auf weitere Kupferlagerstätten zu stoßen. Das Land ist unter den afrikanischen Staaten Hauptexporteur dieses Rohstoffs. Alles in allem erwartet die Weltbank, daß dank des Kartierungsfonds neue mineralische Rohstoffe im Wert von einer Billion Dollar erschlossen werden.

Im Vergleich zu den Investitionen, die Unternehmen in den Bergbau auf anderen Kontinenten stecken, sind die in den afrikanischen Bergbau eingebrachten Finanzmittel gegenwärtig noch gering. Als wichtiger Grund dafür gelten abgesehen von der unvollständigen geologischen Erfassung die oftmals unsicheren politischen Verhältnisse. Beispielsweise tobt im überaus rohstoffreichen Osten der Demokratischen Republik Kongo seit fast zwanzig Jahren unter Beteiligung mehrerer Nachbarstaaten ein blutiger Kampf um Zugriff auf die wertvollen Bodenschätze.

Mit der geologischen Kartierung ganz Afrikas werden noch keine Verfügungsrechte verschoben, oberflächlich betrachtet wird niemandem etwas weggenommen. Doch als ob Außerirdische die Erde unerkannt beobachteten, bis sie alle Vorbereitungen zur Plünderung getroffen haben, agieren die Betreiber der orbitalen Spähtechnologien zunächst aus der sicheren Warte heraus. Oftmals dürfte die einheimische Bevölkerung nichts oder kaum etwas von der Erkundung ihres Lebensraums mitbekommen, obgleich bereits zu diesem frühen Zeitpunkt die Weichen für die weitere Entwicklung, die nicht selten auf Vertreibung der Menschen und ökologische Zerstörung ihres Lebensraums hinausläuft, gestellt werden.

Erst wenn die Geldgeber ihre Prospektoren in die ausgesuchten, aussichtsreichen Gebiete entsenden, geben sich die potentiellen Nutznießer der Rohstoffgewinnung zu erkennen. Dann könnte es aber bereits für wirksame Gegenmaßnahmen seitens der lokalen Bevölkerung, die ja nicht einverstanden damit sein muß, daß der Boden unter ihren Füßen für welchen Rohstoff auch immer aufgebrochen wird, zu spät sein.

Im Unterschied zu den fiktiven Außerirdischen benötigen die Bergbauunternehmen für ihre Förderaktivitäten noch eine Genehmigung seitens der jeweiligen Regierung. Die ist aber in den meisten Fällen einfach zu gewinnen, weil verschiedene Versprechungen an den Bergbau geknüpft werden: Der Staat erzielt Lizenz- und Steuereinnahmen, es werden Arbeitsplätze geschaffen und es entsteht eine örtliche Zulieferwirtschaft. Womöglich werden einige Verkehrswege ausgebaut. Daß davon die örtliche Bevölkerung in der Regel kaum Vorteile, jedoch erhebliche Verluste hat, zeigen die eingangs erwähnten Beispiele. Selbst die Erdölförderung im Tschad, die unter vermeintlich strengen Auflagen der Weltbank durchgeführt und zumindest in der Planungsphase als Vorbild oder gar Beispiel eines Paradigmenwechsels in der Rohstoffausbeutung des Kontinents gepriesen wurde, hat die hochgesteckten Erwartungen nicht erfüllt und gilt heute als weiteres Opfer des sogenannten Ressourcenfluchs.

Dieser Begriff lenkt davon ab, daß nicht ominöse mystische, sondern handfeste materielle Interessen hinter dem "Fluch" stecken, und Globalinstitutionen wie die Weltbank oder Regierungen der Industriestaaten die Voraussetzungen für den Rohstoffabbau in Afrika schaffen. Dazu gehört die Arbeit an einem umfassenden geologischen Kartenmaterial ebenso wie die Zusammenarbeit einzelner Staaten mit der Weltbank bei der Suche nach potentiellen Lagerstätten. Dazu gehören aber auch Unterstützungsangebote der Geologischen Dienste Europas (The Geological Surveys of Europe - EuroGeoSurveys) an ihre finanziell und technologisch weniger gut bemittelten Partnerdienste, die in der Organisation of African Geological Surveys (OAGS) zusammengeschlossen sind. [2]

Auch diese Kooperation dient als Wegbereiter zur Implementierung europäischer Vorstellungen, wie eine Rohstoffgewinnung abzulaufen hat. Welche Umwelt- und Sozialstandards auch immer dabei eingefordert werden, im Ergebnis soll die Rohstoffsicherung zur wirtschaftlichen Stärkung EU-Europas beitragen, wie im Jahr 2010 vom Europäischen Rat im Wirtschaftsprogramm "Europa 2020" beschlossen. Auf dem Gebiet der Bodenkunde hat die EU-Administration bereits ein ähnliches Projekt, wie es jetzt die Weltbank mit dem Fonds für die kontinentweite geologische Kartographie initiiert hat, verwirklicht. Am 26. April 2013 wurde im Rahmen einer gemeinsamen Sitzung der Europäischen Kommission und der Kommission der Afrikanischen Union in Addis Abeba der erste umfassende Bodenatlas für ganz Afrika vorgestellt. [3] Dieser dürfte Investoren, die an der Pacht oder dem Erwerb von Agrarland in Afrika interessiert sind, vor unliebsamen Überraschungen und etwaigen Verlusten aufgrund mangelnder Bodenqualität bewahren. So würde auch das Land-Grabbing effizienter gestaltet.


Fußnoten:

[1] http://durbanchamber.co.za/profiles/blogs/world-bank-eyes-1bn-african-resource-mapping-fund-in-july?xg_source=activity

[2] http://www.oagsafrica.org/

[3] http://schattenblick.com/infopool/politik/redakt/afka2087.html

12. Februar 2014