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ASIEN/649: Massaker unter Zivilisten in Af-Pak finden kein Ende (SB)


Massaker unter Zivilisten in Af-Pak finden kein Ende

In der Grenzregion Afghanistan-Pakistan steigt der Kollateralschaden


Bei den amerikanisch-pakistanischen Regierungsberatungen, die am 24. und 25. März in Washington stattfanden, zeigten sich alle Beteiligten, darunter die Außenminister Hillary Clinton und Shah Mehmud Qureishi, die Verteidigungsminister Robert Gates und Ahmad Muhktar sowie die Generaltabschefs Admiral Michael Mullen und General Ashfaq Kayani, über die gemeinsame Zusammenarbeit im Kampf gegen den "islamistischen Extremismus" hoch zufrieden. Das verstärkte Vorgehen der pakistanischen Streitkräfte gegen talibannahe Gruppierungen in der Grenzregion zu Afghanistan wollen die Amerikaner finanziell und rüstungstechnologisch unterstützen, unter anderem mit Drohnenflugzeugen und Kampfjets vom Typ F-16. Währenddessen nimmt das Abschlachten von Zivilisten, die Hauptleidtragenden von Barack Obamas "Af-Pak-Strategie", an Heftigkeit zu.

Am 25. März griff die pakistanische Luftwaffe im Grenzbezirk Orazkai eine Moschee, eine Schule und ein Ausbildungszentrum für muslimische Geistliche mit Bomben und Raketen an. Zur Begründung führte man später Hinweise an, wonach sich Mitglieder der Taliban an diesen Orten beziehungsweise in deren Nähe versteckt gehalten hätten. Insgesamt 61 Menschen wurden getötet, die meisten von ihnen, wenn nicht sogar alle, waren Zivilisten. 48 Opfer gab es in dem Ausbildungzentrum, das der pazifistischen Missionarsbewegung Tableeghi Jamaat (Gesellschaft zur Verbreitung des Glaubens) gehört und auf dessen Gelände zum Zeitpunkt des Luftangriffs sich viele Schüler und Lehrer befanden.

Am Tag davor war es in der ostafghanischen Provinz Khost zu einem Feuergefecht gekommen, in dessen Verlauf NATO-Soldaten zwei Zivilisten töteten und vier weitere verletzten. Wie es zu dem tödlichen Vorfall kommen konnte, ist immer noch unklar. Nach jüngsten Angaben der Vereinten Nationen kamen 2009 in Afghanistan 2412 Zivilisten infolge des Konflikts zwischen Taliban und NATO - entweder durch Minenexplosionen, Selbstmordanschläge, Feuergefechte oder Luftangriffe - gewaltsam ums Leben. Für 2010 wird mit einem Anstieg dieser Zahl gerechnet, denn im Januar und Februar, die wegen der Witterungsbedingungen traditionell als die beiden "ruhigsten" Monate gelten, fielen 385 Zivilisten im Bomben- und Kugelhagel der Kriegsparteien. Wie man weiß, will der NATO-Oberbefehlshaber in Afghanistan, US-General Stanley McChrystal, im Sommer die Taliban aus ihrer traditionellen Hochburg, der Millionenstadt Kandahar, Hauptstadt der gleichnamigen südöstlichen Provinz, vertreiben. Jene Operation, sollte sie tatsächlich stattfinden, droht sehr blutig zu werden.

Mit einer weiteren Eskalation der Drohnenangriffe der CIA auf Talibanziele in Pakistan ist ebenfalls zu rechnen. Während des ersten Amstjahres des Demokraten Barack Obama wurden 51 solche Raketenangriffe durchgeführt. Im Vergleich dazu gab es während der ganzen achtjährigen Amtszeit des Republikaners George W. Bush als US-Präsident lediglich 45 dieser höchst umstrittenen Operationen. Die Zunahme der Häufigkeit solcher Angriffe läßt den Anteil der dabei getöteten Zivilisten in die Höhe schießen. Lag dieser lange Zeit bei rund 32 Prozent, so starben zuletzt für 20 getötete Taliban-Anführer 750 bis 1000 Zivilisten. Dies berichtete Cesar Chelala in dem Artikel "Trivializing War", der am 25. März auf der Website Informationclearinghouse.info erschienen ist, unter Verweis auf den Bericht "The Year of the Drone" von der in Washington ansässigen, linksliberalen Denkfabrik New America Foundation sowie auf die Studie "Unlawful Killing with Combat Drones" aus der Feder der Professorin Mary Ellen O'Connell, die Jura an der renommierten katholischen Universität Notre Dame in Indiana lehrt.

27. März 2010