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MILITÄR/857: Venezuela steigt in die Drohnenproduktion ein (SB)


Venezuela steigt in die Drohnenproduktion ein

Caracas rüstet gegen mögliche Interventionen der USA auf



Die USA produzieren mit Abstand die meisten unbemannten Flugzeuge. Sie setzen sie nicht nur zu Observationszwecken im In- und Ausland ein, sondern bringen mittels Drohnen in Afghanistan, im Jemen, in Pakistan und Somalia mutmaßliche "Terroristen" um. Für Argumente, die per Drohne durchgeführten Raketenangriffe wären nicht nur völkerrechtlich illegal, sondern töteten zahlreiche Zivilisten, zeigt sich die Regierung von US-Präsident und Friedensnobelpreisträger Barack Obama taub. Die Selbstherrlichkeit Washingtons, was Drohnen betrifft, kommt in der Meldung spanischer Medien, wonach die Staatsanwaltschaft von New York gegen Venezuela wegen der Herstellung eigener Drohnen ermittelt, perfekt zum Ausdruck. Als "unverzichtbare Nation" meint sich Amerika Dinge erlauben zu dürfen, die es anderen verbieten will - siehe den "Atomstreit" mit dem Iran.

Bei einem Fernsehauftritt am 13. Juni hat Präsident Hugo Chavez auf die entsprechende Meldung des spanischen Senders ABC reagiert. Im Rahmen einer Rede an die eigene Militärführung zeigte sich Chavez verwundert über die Reaktion der Amerikaner und machte deutlich, daß sie in der Frage der Produktion venezolanischer Drohnen nichts zu melden hätten: "Natürlich tun wir das, denn wir haben dazu das Recht. Wir sind ein freies und unabhängiges Land." In der ABC-Meldung hatte es geheißen, die Staatsanwaltschaft von New York ermittele deshalb, weil Venezuela dabei Hilfe aus dem Iran erhalten und es dabei eventuell zur Weitergabe von amerikanischen Rüstungsgeheimnissen kommen könnte. Ende letzten Jahres haben die Iraner in einer spektakulären Aktion per Funksignal eine Tarnkappendrohne der USA sozusagen gekapert und zur Landung in der Islamischen Republik veranlaßt. Auf die Aufforderung der USA nach Rückgabe des hochmodernen Fluggeräts hat Teheran mit dem Hinweis reagiert, die Drohne sei illegal in den iranischen Luftraum eingedrungen, ihre Beschlagnahmung sei nicht nur angemessen, sondern auch rechtens.

Bei seiner Fernsehrede hat Chavez als Länder, auf deren Hilfe Venezuela bei der Produktion von Drohnen und anderen Waffen zurückgreife, China, Rußland und den Iran namentlich genannt sowie von "anderen alliierten Nationen" gesprochen. Unter Hinweis darauf, daß die neue Drohne unbewaffnet sei und lediglich über eine Kamera verfüge, erklärte Chavez, sie diene ausschließlich der Landesverteidigung. "Wir haben keine Pläne, irgend jemandem Schaden zuzufügen." In der Sendung wurden auch Bilder aus einer Fabrikhalle des staatlichen venezolanischen Rüstungsfabrikanten Cavim ausgestrahlt. Ein Militäroffizier zeigte einen Prototyp des Fluggeräts, das eine Länge von zweieinhalb Meter und eine Flügelspannweite von vier Meter habe, bis zu 3000 Meter hoch fliegen und bis zu 90 Minuten in der Luft bleiben könne. "Militäringenieure, die einen Kursus in der Schwesterrepublik Iran absolviert haben", hätten drei solcher Drohnen gebaut, erklärte der Offizier.

Daß sich das sozialistische Venezuela gegen eventuelle Interventionen der USA aufrüstet ist wenig verwunderlich. Im jüngsten Jahresbericht des Energiekonzerns BP wird Venezuela mit 296,5 Milliarden Barrel vor Saudi-Arabien mit 265,4 Milliarden Barrel als Land mit den größten Ölreserven auf der Welt geführt. Erst vor wenigen Tagen hat Weltbank-Chef Robert Zoellick behauptet, "die Tage" von Chavez und seinen Anhängern in Venezuela wären "gezählt"; nach dem baldigen "Regimewechsel" in Caracas hätte Washington die großartige Chance, Kuba und Nicaragua zu "schnellen politischen Veränderungen" zu zwingen und aus der "westlichen Hemisphäre die erste demokratische Hemisphäre" zu machen. Ungeachtet aller verstärkten politischen und wirtschaftlichen Zusammenarbeit der Länder Mittel- und Südamerikas der letzten Jahre betrachtet Uncle Sam offenbar die Region südlich des Rio Grande immer noch als seinen "Hinterhof".

16. Juni 2012