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MILITÄR/862: Pentagon testet unbemannten Zeppelin vor New Jersey (SB)


Pentagon testet unbemannten Zeppelin vor New Jersey

Neues Luftschiff soll Aufklärungs- und Transportzwecken dienen



Die taktische Aufklärung gehört bekanntlich zu den Stärken der technologisch hochaufgerüsteten US-Streitkräfte. Auf dem Schlachtfeld - sei es in Afghanistan, Libyen, Pakistan, Somalia, Syrien, im Jemen oder Irak - kann sich kaum jemand bewegen, ohne daß dies von unbemannten Drohnen, bemannten Aufklärungsflugzeugen oder Satelliten der Amerikaner registriert wird. Es hapert lediglich an der Auswertung der gewonnenen Daten, weswegen bei den Bomben- und Raketenangriffen der US-Luftwaffe bzw. der CIA und der amerikanischen Spezialstreitkräfte mit ihren Drohnen zahlreiche Zivilisten getötet werden. Um diesen Schönheitsfleck aus der allgemeinen Berichterstattung wegzuretouchieren und nebenbei auch die eigene Erfolgsquote nach oben zu frisieren, werden alle männlichen Opfer solcher Angriffe im wehrfähigen Alter von der Regierung Barack Obama als "feindliche Kombattanten" gezählt.

Die USA denken auch nicht im Traum daran, ihre Überlegenheit in diesem Bereich preiszugeben, weswegen regelmäßig neue Militärsatelliten in den erdnahen Weltraum gebracht werden und sich die Drohnenflotte des Pentagons aktuell in einer Phase des ungeheuren Wachstums befindet. Inzwischen bildet die US-Luftwaffe mehr Drohnenoperateure als Kampfjetpiloten aus. Von Basen in den USA selbst oder näher am jeweiligen Kriegsgebiet lenken sie die Predator- und Reaper-Drohnen, welche die Gegner Amerikas wie die Taliban in Afghanistan oder Al Kaida im Jemen das Fürchten lehren. Schon bald soll Amerikas Drohnenpiloten ein weiteres Fluggerät zugeführt werden. Vor der Küste New Jerseys testet das Pentagon derzeit ein unbemanntes Luftschiff für den Kriegseinsatz. Über den neuen Zeppelin der Amerikaner berichtete am 8. August David Axe auf dem vielbeachteten Blog Danger Room der US-Technologiezeitschrift Wired unter der Überschrift: "Army's Giant Spy Blimp Soars Over Jersey Shore in First Flight".

Am 7. August hob vom Flugplatz der US-Marine in Lakehurst, New Jersey, ausgerechnet an jenem Ort, wo 1937 das deutsche Luftschiff Hindenburg bei der Landung in Flammen aufging und 36 der 97 Insassen ums Leben kamen, das vom Rüstungskonzern Northrop Grumman gebaute Long-Endurance Multi-Intelligence Vehicle (LEMV) zu seinem eineinhalbstündigen Jungfernflug ab. Das gigantische mit Helium gefüllte, propellerbetriebene Luftschiff ist mehr als 90 Meter lang und sieben Stockwerke hoch. Axe zeigt sich vom LEMV, von dessen Entwicklung und davon, daß der Bau dreier Exemplare Hunderte von Millionen Dollar verschlungen hat, tief beeindrückt und schreibt:

... Ziel des Luftschiffs ist es, Aufklärungsflüge von bis zu drei Wochen in einem Stück zu absolvieren. ... das LEMV verbrennt ein Zehntel soviel Treibstoff wie es herkömmliche Flugzeuge bei gleicher Aufgabe tun. Es wird mit Videokameras, Radar, elektronischen Abhörgeräten und über Funk hergestellten Datenverbindungen ausgerüstet, um die gesammelten Informationen an die Analysten am Boden zu übermitteln. Darüber hinaus ist das ferngelenkte LEMV so entworfen worden, daß es auch eine Flugmannschaft bei sich führen kann. Beim Flug am Dienstag war eine Crew an Bord, doch im Einsatz könnte eine Armada von 18 LEMVs von weniger als einem Dutzend Piloten in sicheren Bodenstationen nahe des Operationsgebiets geflogen werden...

Sollten die aktuellen Tests erfolgreich verlaufen, könnte bereits Anfang 2013 in Afghanistan der Einsatz des neuen Luftschiffs im Kriegsgebiet geprobt werden. Beim Hersteller macht man sich offenbar Hoffnungen, mit dem MELV als Frachttransporter an lukrative Aufträge im Rahmen des NATO-Truppenabzugs aus Afghanistan, der bis Ende 2014 abgeschlossen werden soll, heranzukommen. Wie David Axe von K. C. Brown jun., dem Leiter der Armeeprogramme bei Northrop Grumman, erfahren hat, soll ein MELV bei einer stetigen Geschwindigkeit von 50 Stundenkilometern sieben Tonnen Fracht bis zu 3.860 Kilometer weit ohne einen Tankstopp transportieren können.

10. August 2012