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MILITÄR/868: Trittsicher auf dem Boden der NATO-Doktrin (SB)


Ortstermin mit Thomas de Maizière bei der Heinrich-Böll-Stiftung

Veranstaltung am 25. Februar 2013 in Berlin



Am 25. Februar hielt Verteidigungsminister Thomas de Maizière in der Heinrich-Böll-Stiftung, Berlin, einen Vortrag zum Thema "Internationale Verantwortung als nationale Herausforderung - Deutschlands Rolle in der Welt von heute". Im Anschluß stellte er sich im Rahmen eines Podiumsgesprächs mit Omid Nouripour (Sprecher für Sicherheitspolitik der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen) und Constanze Stelzenmüller (The German Marshall Fund of the United States) Fragen aus dem Publikum. [1] Wie Moderator Ralf Fücks vom Vorstand der Heinrich-Böll-Stiftung eingangs berichtete, habe es im Vorfeld einige kritische Stimmen gegeben, wo doch die Stiftung ihrem eigenen Anspruch nach der Friedenspolitik verpflichtet sei. Da Thomas de Maizière jedoch wiederholt eine breitere außen- und sicherheitspolitische Debatte eingefordert habe und die Stiftung stolz darauf sei, trotz ihrer politischen Nähe zu den Grünen eine pluralistische Diskussion als Teil einer demokratischen Bildungsarbeit zu pflegen, habe man den Verteidigungsminister eingeladen.

Etwaige Bedenken hinsichtlich einer Unvereinbarkeit der politischen Positionen erwiesen sich denn auch als gegenstandslos. In einer kollegialen Gesprächsatmosphäre wußte man sich in allen maßgeblichen Überzeugungen einig, so daß sich die Kontroverse in geringfügig zu nennenden Meinungsverschiedenheiten und mitunter anklingenden parteipolitischen Spitzen mit Blick auf die Bundestagswahl im Herbst erschöpfte. Podium und Publikum enthielten sich einer grundsätzlichen Analyse der Interessenlage deutscher Außenpolitik und mithin auch einer kritischen Auseinandersetzung mit der daraus resultierenden Sicherheitspolitik. Ohne dies bei Namen zu nennen, bewegte man sich so trittsicher auf dem Boden des NATO-Gipfels von Lissabon, als sei die Doktrin des Nordatlantischen Bündnisses den Teilnehmern der Veranstaltung in Fleisch und Blut übergegangen.

In Lissabon hatte die NATO im November 2010 einen innovativen strategischen Entwurf geschmiedet, der ihren Anspruch auf globale Dominanz unterstrich, die Palette möglicher Kriegsvorwände entuferte und andere Bündnisse, internationale Institutionen und zivilgesellschaftliche Organisationen als Hilfstruppen rekrutierte. In der Absicht, die perspektivische Überlebenssicherung der Eliten in den Metropolengesellschaften zu Lasten einer unterjochten Mehrheit der Menschheit sicherzustellen, schrieb man überlegene Waffengewalt als Grundlage und Voraussetzung ökonomischer Stärke und politischer Durchsetzungsfähigkeit in die Zukunft fort. Die Nordatlantische Militärallianz kündigte all jenen, die sich ihr in den Weg zu stellen wagen oder schlichtweg über Ressourcen verfügen, welche ihre Vertragsstaaten für sich reklamieren, unablässigen Krieg an.

Die EU wurde als militärisches Bündnis adressiert, Rußland als Partner zweiter Klasse umworben, die UNO zum Zuträger degradiert, die Afrikanische Union als Handlanger akzeptiert, das breite Spektrum der Hilfsorganisationen im Rahmen der Zivil-Militärischen Zusammenarbeit vereinnahmt. Wie im Entwurf der früheren US-Außenministerin Madeleine Albright vorgedacht, schwang sich die NATO zum globalen Feldherrn auf, der alles und jeden seinem Troß einverleibt. Wie es dazu in Punkt 21 des Strategiepapiers heißt, sei eine "umfassende politische, zivile und militärische Herangehensweise für ein effektives Krisenmanagement notwendig". Wo die Konfliktprävention versage, sei "die NATO dazu bereit und fähig", laufende Kampfhandlungen "mit robusten militärischen Kräften" zu regulieren: "Die NATO-geführten Operationen haben den unentbehrlichen Beitrag der Allianz zu den internationalen Bemühungen des Konfliktmanagements bewiesen."

In einer "unvorhersehbaren Welt" seien die Gefahren Legion. Angefangen von Massenvernichtungswaffen über Extremismus, Terrorismus und transnationale illegale Aktivitäten bis hin zur Versorgungssicherheit mit Energie und Lebensmitteln verortet die NATO allenthalben feindliche Aggression. Damit nicht genug, werden Umweltschutz, Klimawandel, Gesundheitswesen und längst auch der Cyberspace zu Feldern erklärt, die der militärischen Kontrolle und Sicherung harren. Auf diese Weise dringt die NATO in nahezu alle relevanten gesellschaftlichen Sphären vor, indem sie Bedrohungslagen postuliert und das Arsenal ihrer Kriegsvorwände unablässig erweitert. So infiltriert der militärische Ansatz in zunehmendem Maße administrative, wissenschaftliche und technologische Sektoren der Gesellschaft, wobei militärische, polizeiliche und geheimdienstliche Aufgaben und Institutionen tendentiell miteinander verschmelzen.

Deutschland, das auf Grundlage von Hochtechnologie, verschärfter Ausbeutung und Entsorgung des Sozialstaats mit seiner aggressiven Exportoffensive die europäischen Nachbarländer in die Knie zwingt, hat sich zur Führungsmacht in Europa aufgeschwungen, welche die ökonomischen Maßgaben diktiert. Um diese Vormachtstellung zu behaupten, bedarf es einer zunehmendem Militarisierung der Außenpolitik, die den weltweit drittgrößten Waffenexporteur um die Fähigkeit und Bereitschaft zur Intervention komplettiert.

Der historische deutsche Sonderweg vorgeblich gezügelter bellizistischer Ambitionen brachte eine ideologische Umdeutung des Angriffskriegs zur Blüte, der im Namen von Menschenrechten, Fortschritt und Aufbauhilfe den Widersinn einer Bundeswehr als Friedensarmee auf die Spitze trieb. Ein "guter" Krieg darf, ja er muß sogar geführt werden, heißt heute das Leitmotiv einer Gesellschaft, welche die Suprematie ihrer Errungenschaften mit Zähnen und Klauen gegen all jene durchsetzt, denen sie abgepreßt wurden und werden. Ob Terroristen, Piraten, Diktatoren oder Islamisten, nie fehlt es an zweckdienlichen Feindbildern, die jegliche Hindernisse ökonomischer Expansion und politischer Einflußnahme axiomatisch zu Ausgeburten der Bösartigkeit und Rückständigkeit erklären, die niederzumachen keiner weiteren Begründung bedarf. Man streitet sich nicht mehr um den Krieg als solchen und dient sich der Exekution deutscher Stärke mit allen zu Gebote stehenden Mitteln an.


Sicherheitsbegriff okkupiert alle Politikfelder

Thomas de Maizière spannte seinen Vortrag in den Rahmen dieser Doktrin, die die Verhältnisse auf den Kopf stellt und den permanenten Angriffskrieg unter das Konzept des erweiterten Sicherheitsbegriffs faßt. Sicherheit, so der Verteidigungsminister, werde heute umfassender als der klassische Begriff der Verteidigung definiert. Man fasse sie nicht mehr rein militärisch, sondern spreche auch über soziale, ökologische, demographische, wirtschaftliche und religiöse Aspekte von Sicherheit. Von jedem Ort auf dem Globus könne eine Gefahr ausgehen: "Terroristen werden irgendwo auf der Welt geboren, in Europa, auch in Deutschland radikalisiert, in Wasiristan oder Somalia trainiert, sie planen ihre Anschläge auch von Deutschland aus und schlagen in New York zu." Hinzu kämen neue Gefahren wie Cyberangriffe, unkontrollierte Migration, Piraterie und Proliferation von Massenvernichtungsmitteln. Dieser Doktrin zufolge ruft nicht die aggressive Expansion der westlichen Mächte in sämtliche Regionen der Welt unablässige Gefahren hervor, sondern der sogenannte Terrorismus, der in einer jeder angemessenen Klärung der Zusammenhänge abholden Debatte unhinterfragt postuliert wird.

Von Krieg war an diesem Abend kaum die Rede und von den konkreten Folgen für seine Opfer schon gar nicht. Statt dessen parlierte man über internationale Verantwortung, Beiträge zu Stabilität und Sicherheit, die Wiederherstellung von Frieden und Ordnung. Daß man Krieg führen solle, war breiter Konsens, wobei die Meinungen allenfalls in der Hinsicht geteilt waren, wie man gute und notwendige von schlechter und deshalb verfehlter Kriegsführung zu unterscheiden habe. Im Kern kreiste die Debatte um die Frage, wie der Verteidigungsminister seine allseits gutgeheißenen Ausführungen zum Thema denn praktisch umzusetzen gedenke. Bezeichnenderweise waren es de Maizières Podiumspartner, die ihn nicht etwa bremsten, sondern ihn im Gegenteil dazu aufforderten, seinen Worten entschiedenere Taten folgen zu lassen. So sagte Constanze Stelzenmüller an einer Stelle lachend, man solle sie nur nicht für eine Bellizistin halten, als sei dieser Eindruck völlig abwegig, obwohl sie gerade einen robusteren Einsatz in Mali angemahnt hatte.

Jederzeit Herr der Debatte konnte sich Thomas de Maizière unangefochten darüber auslassen, daß Deutschland seine Verantwortung in den Bereichen Klima, Finanzen, Welthandel, Menschenrechte, soziale Mindeststandards und vielen anderen mehr unumstritten wahrnehme. Bei der Sicherheitspolitik bestehe hingegen Diskussionsbedarf, was angesichts der deutschen Geschichte auch sinnvoll sei. Daher gelte es eine fundierte sicherheitspolitische Debatte zu führen, um einen breiten Konsens für den Einsatz "unserer Soldaten" herbeizuführen. In dieser Argumentation sind substantielle Einwände gegen deutsche Kriegsführung nicht vorgesehen, ist der offen ausgewiesene Zweck doch deren Akzeptanz.

Der Verteidigungsminister zitierte eine prominente Auffassung aus Wendezeiten, die deutsche Politik müsse künftig Angst vor der eigenen Stärke haben. Bald habe die Rede vom wirtschaftlichen Riesen, der sicherheitspolitisch ein Zwerg sei, die Runde gemacht. Das sei den europäischen Nachbarn damals durchaus recht gewesen, später aber kritisiert worden. Heute wüßten die Verbündeten, daß die Sicherheit Europas und dessen sicherheitspolitischer Beitrag in der Welt ohne Deutschland nicht zu gestalten sei. Deutscher Einfluß sei erwünscht und anerkannt, Deutschland sollte sich nicht überschätzen, aber auch nicht unterschätzen, reklamierte der Minister ohne jeden Pathos, doch im Gestus größter Selbstverständlichkeit Führungspositionen auf allen Politikfeldern für die Bundesrepublik.

Das gefiel den Zuhörern, folgten sie doch seinen sich daran anschließenden Ausführungen zum erweiterten Sicherheitsbegriff ohne Einwände. Von einer Militarisierung der Außen- und Entwicklungspolitik könne keine Rede sein, vielmehr müsse umgekehrt das Militärische in das breite Spektrum anderer Politikfelder eingeordnet werden. Dieser Kunstgriff, die umfassende Okkupation des Politischen durch den Sicherheitsbegriff in eine Zähmung des Militärischen durch das Zivile umzudeuten, ist bei Sozialdemokraten und Grünen wie auch bei NGOs außerordentlich beliebt, erlaubt er ihnen doch, sich unter dem Banner gesellschaftlichen Fortschritts in den Dienst staatlicher und überstaatlicher Ziele zu stellen.

Ohne auch nur ein Wort darüber zu verlieren, wie westlicherseits verhängte Sanktionen und vorgetragene Angriffskriege funktionsfähige Staatswesen zerschlagen haben, beklagte de Maizière zu schwache Staaten als die eigentlichen Krisenmagneten der Gegenwart. Die daraus resultierenden Gefahren könne man nur abwehren, indem sich das Politische und das Militärische wechselseitig unterstützten. NGOs, Kirchen, Stiftungen, Wirtschaftsinitiativen und Gewerkschaften sollten in die sicherheitspolitische Debatte einbezogen werden.

Niemand dränge sich nach Einsätzen, erst recht nicht die Soldaten und ihr Verteidigungsminister, redete de Maizière die Truppe und ihren obersten Dienstherrn zu Friedensstiftern herunter. Manchmal lade man jedoch Schuld auf sich, indem man von Einsätzen abrate. Kein Konflikt sei wie der andere, weshalb stets eine Abwägung im Einzelfall erfolgen müsse. Dann referierte der Minister eine lange Abfolge juristischer, sicherheitspolitischer, humanitärer, wertegebundener und interessengeleiteter Maßstäbe, die es in Abwägung solcher Einsätze zu berücksichtigen gelte. Dies unterstrich die weit fortgeschrittene Verrechtlichung und administrative Durchdringung der Kriegsführung, zugleich aber auch ihre elaborierte Rechtfertigung unter der Maßgabe deutscher Gründlichkeit.

Das Resultat könne sich sehen lassen, stellte der Verteidigungsminister das Licht von Militär und politischer Führung nicht unter den Scheffel. Gerade im Wiederaufbau staatlicher Strukturen zum Schutz der Menschen sei man erfolgreich. Man könne selbstbewußt ja oder nein sagen, ohne daß dies mit dem Argument eines deutschen Sonderweges bedacht werden dürfe. Deutschland sei nicht zuletzt wegen der Handhabung seiner Einsätze hoch angesehen, und seine Soldaten verdienten große gesellschaftliche Wertschätzung. Nachhaltige Politik brauche einen starken gesellschaftlichen Konsens, der ein Engagement auf allen Feldern der Politik einschließen sollte, schloß de Maizière seinen Vortrag.


Grünes Plädoyer für den guten Krieg

Im anschließenden Podiumsgespräch erinnerte Omid Nouripour an die Kontroverse um Militäreinsätze bei den Grünen, die die Partei einer schweren Zerreißprobe ausgesetzt habe. Was er als Lehre bezeichnete, die man daraus gezogen habe, erwies sich als vorgehaltene Ambivalenz, die Frieden im Munde führt und zugleich dem Krieg das Wort redet. Die Anwendung militärischer Gewalt sei stets von Übel, doch gebe es Situationen, in denen eine Unterlassung zu noch größerem Übel führe, hob Nouripour die erste Hälfte seiner Aussage umgehend durch die zweite wieder auf. Militärische Gewalt könne keine Konflikte lösen und dürfe nur dann angewendet werden, wenn alle anderen Mittel bereits eingesetzt worden seien, um ein Zeitfenster für andere Prozesse zu schaffen. Auch er halte den erweiterten Sicherheitsbegriff für unabdingbar, sehe ihn aber in der Politik der Bundesregierung nicht umgesetzt, fordert Nouripour größere Geschlossenheit im Regierungslager und ressortübergreifende Gültigkeit der vom Verteidigungsminister vorgetragenen Zivil-Militärischen Verzahnung.

Der Grünen-Politiker rennt mit der Einschätzung offene Türen ein, daß sich die Aufrüstung des Irak gegen den Iran und die Bewaffnung der Taliban in Afghanistan letztendlich als verhängnisvoll erwiesen habe. Denselben Fehler wiederhole man derzeit mit den Golfstaaten, wenn man Saudi-Arabien und Katar Leopard-Panzer und andere Rüstungsgüter verkaufe, um Israel vor dem Iran zu schützen. Unterstütze man Regimes, die antisemitisch seien, die eigene Bevölkerung unterdrückten und die Dschihadisten in Mali finanzierten, huldige man einem falschen Begriff von Stabilität. Diese könne man auf lange Sicht nur erreichen, wenn die Menschen zufrieden seien.

Unter dem Strich bleibt diese Kritik zahnlos, setzt sie doch Unwissenheit über den Charakter jener Staaten und Fraktionen, die westlicherseits zu geostrategischen Zwecken als Handlanger aufgerüstet werden, voraus. Wann hatte die NATO je Probleme mit Bündnispartnern, die als autokratische Regimes die eigene Bevölkerung unterdrückten und so stabile Verhältnisse garantieren? Umgekehrt war die Bezichtigung sogenannter Diktatoren, denen man jahrelang Rückendeckung gegeben hatte, stets ein Resultat neu definierter regionaler Optionen, die Angriffsvorwände erforderlich machten.

Nouripour bezeichnete die Intervention in Mali mit der Begründung als sinnvoll, sie könne bald in eine UN-Mission umgewandelt werden. Es sei eine Zäsur, daß Bundeswehrsoldaten demnächst als Blauhelme im Einsatz seien, wobei sich jedoch die Frage stelle, wie UN-fähig die Bundeswehr sei. Generell gelte es, das Ziel des jeweiligen Einsatzes eindeutig zu fassen. So hingen die Akzeptanzprobleme des Einsatzes in Afghanistan eng mit der sich fortgesetzt verändernden Zielsetzung zusammen. Angesichts wechselnder Ziele bleibe die Vermittlung des Geschehens auf der Strecke. Erforderlich sei eine unabhängige wissenschaftliche Evaluation des bisherigen Einsatzes, die unter anderem zu dem Schluß führen würde, daß man vieles falsch gemacht habe. Wie schon bei de Maizière steht nicht die Kriegsführung am Hindukusch als solche zur Disposition, sondern deren ausgewiesene Zielvorgabe, welche die Akzeptanz an der Heimatfront im Blick hat.

Omid Nouripour wünscht sich eine hoch qualifizierte Berufsarmee, wobei die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessert werden müsse, damit die Breite der Gesellschaft repräsentiert wird. Er teilt die Auffassung des Verteidigungsministers nicht, der eine europäische Armee als unrealistisch ablehnt. Man müsse die verschiedenen nationalen Reformansätze und technologischen Fähigkeiten aufeinander abstimmen, vor allem aber eine europäische Außenpolitik konstituieren, setzt der Grünen-Politiker auf eine starke und militärisch schlagkräftige EU.

Constanze Stelzenmüller, die Redakteurin für Sicherheitspolitik der "Zeit" war, bevor sie zum German Marshall Fund wechselte, räumte unumwunden große Sympathie für die meisten Kernaussagen de Maizières ein. Er gebe dem Politischen wieder sein Recht, wo früher nur Sach- und Bündniszwang walteten, betone die Zivil-Militärische Zusammenarbeit und trage den Bedürfnissen der Soldaten und zivilen Einsatzhelfer Rechnung. Einwände erhob sie lediglich dagegen, daß die Bundesregierung ihre Verantwortung im Falle Malis nicht konsequent genug umsetze. Zwei Transall-Maschinen seien einfach zu wenig, wo sich doch die Frage stelle, wie man gemeinsam mit den Franzosen und anderen europäischen Staaten diese sehr gefährliche Situation in Nordafrika gestalten könne. Sie sehe seitens der Bundesregierung vor allem Zurückhaltung und geschmeidiges Ausweichen, womit man weder in Mali noch in Syrien etwas erreichen könne. Dies gelte um so mehr, als die USA mit ihrer Hinwendung in den pazifischen Raum den Europäern signalisierten, daß diese größere Verantwortung übernehmen sollten. Man habe es also mit einem Gestaltungs- und Ordnungsanspruch für Europa zu tun, in dessen Rahmen die Bundesrepublik mit ihrer gewachsenen Stärke erheblich mehr tun könne.

Angesichts solchen Flankenschutzes seiner Diskussionspartner hatte der Verteidigungsminister leichtes Spiel, für hehre Prinzipien zu werben und zugleich pragmatische Lösungen als alternativlos vorzuschlagen. Man ziehe ein Mandat des UN-Sicherheitsrats immer vor, dürfe sich aber nicht von ein oder zwei Vetorechten abhängig machen. Seien die Voraussetzungen für Responsibility to protect gegeben, müsse man auch ohne UN-Mandat handeln. Ohnehin habe man erhebliche Skepsis hinsichtlich der Führung durch die UN, die im Vergleich zur NATO sehr schlecht sei. Niemand sei in Europa so zurückhaltend wie Deutschland, und das gelte erst recht für den Rüstungsexport, wischte de Maizière diesbezügliche Einwände kurzerhand vom Tisch. Abschließend bedankte sich der Verteidigungsminister ausdrücklich für die Diskussionsführung und das Klima im Raum, hatte man es ihm doch überaus leicht gemacht, ungehindert vorauszumarschieren und sich dabei des Gleichschritts seiner Mitstreiter zu erfreuen. Deutsche Kriegsführung allen Zweifeln und Bedenken der Bevölkerung zum Trotz in der Mitte der Gesellschaft zu verankern und mit jeglichen Politikfeldern zu verschmelzen bleibt über Parteigrenzen hinweg das innovative Ziel aller herrschaftskonformen Interessen.

Fußnote:

[1] http://www.boell.de/calendar/VA-viewevt-de.aspx?evtid=12387

3. März 2013