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MILITÄR/898: Golfkooperationsrat will Raketenabwehrsystem kaufen (SB)


Golfkooperationsrat will Raketenabwehrsystem kaufen

Spannungen am Persischen Golf kommen der US-Rüstungsindustrie zugute


Der Nahe Osten steht im Flammen: Millionen Menschen sind vor dem Krieg auf der Flucht; Syrien und der Irak gehen am sunnitisch-schiitischen Konflikt zugrunde; Der Friedensprozeß zwischen Israelis und Palästinensern ist zur Farce geworden; Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate bombardieren den Jemen zurück in die Steinzeit. Doch während zahlreiche Menschen leiden und sterben, profitieren andere wiederum von dem Unheil - nämlich die Waffenproduzenten. Die Rüstungsexporte in die krisengeschüttelte Region explodieren regelrecht.

2014 stiegen nach Angaben der Londoner Fachzeitschrift IHS Jane's die Waffenimporte Saudi-Arabiens um 54 Prozent im Vergleich zum Vorjahr auf 6,4 Milliarden Dollar. Damit wurde das saudische Königshaus vor Indien zum größten Rüstungsimporteur der Welt. Die meisten Waffenkäufe haben die Saudis in den USA getätigt. Zu den bevorzugten Importen Riads gehört die TOW-Antipanzerrakete, die aktuell zu Hunderten aus saudischen Beständen in die Hände der sunnitisch-salafistischen Dschihadisten in Syrien wandern und den Bürgerkrieg anheizen. Im Jemen verschießt die saudische Luftwaffe seit Ende März unzählige Luft-Boden-Raketen, weshalb US-Präsident Barack Obama beim Staatsbesuch König Salmans in Washington im September das Arsenal Riads an diesen Mordwerkzeugen um weitere 1000 Stück aufstockte. Für die Kritik von Amnesty International, die USA machten sich damit am Tod Tausender Zivilisten im Jemen mitschuldig, zeigt sich die Obama-Regierung taub.

Für die US-Rüstungsindustrie bringen die "eskalierenden Spannungen im Nahen Osten" - Zitat IHS Jane's - einen neuen Geldregen. Offenbar plant der Golfkooperationsrat, bestehend aus Saudi-Arabien, Kuwait, Bahrain, Katar, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Oman, den Aufbau eines eigenen Raketenabwehrsystems, das die arabischen Autokratien vor etwaigen Bedrohungen aus dem schiitischen Iran schützen soll. Am 14. Oktober zitierte der britische Nachrichtensender Sky News den in London weilenden bahrainischen Außenminister Khalid bin Mohammed Al Khalifa dahingehend, daß die Lockerung der Wirtschaftssanktionen gegen Teheran im Zuge des Atomabkommens mit der P5+1-Gruppe es den Iranern erlauben würde, ihr Arsenal an ballistischen Raketen erheblich auszubauen. Dagegen müßten sich die arabischen Golfstaaten wappnen, so Al Khalifa. Dieser protzte, die Israelis hätten "ihr kleines System Iron Dome", das des Golfkooperationsrats würde "viel größer sein".

Im Bericht von Sky News hieß es, das Raketenabwehrsystem der arabischen Monarchien am Persischen Golf sollte Elemente des Iron Dome, das vom US-Rüstungsgiganten Raytheon und dem israelischen Waffenproduzenten Rafael gemeinsam entwickelt und installiert wurde, enthalten. Gleich am nächsten Tag hat Bahrains Informationsminister Isa Abdulrahman Al Hammadi diese Angabe dementiert. In einem Bericht der chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua wurde Al Hammadi mit den Worten zitiert: "Die Mitgliedsstaaten des Golfkooperationsrats erwägen den Kauf eines Raketenabwehrsystems aus den USA und es gibt keinerlei Überlegungen, das System aus Israel zu beziehen, wie vom Fernsehsender behauptet." Dessen ungeachtet kann man davon ausgehen, daß die Sky-News-Redaktion mit ihrer Einschätzung, der Rüstungsdeal könnte "Dutzende, vielleicht sogar Hunderte Milliarden Dollar wert sein", richtig liegt.

17. Oktober 2015


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