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NAHOST/1129: Pentagon verlegt geheime Sondertruppe an den Golf (SB)


Pentagon verlegt geheime Sondertruppe an den Golf

Netanjahu verschiebt Afrika-Reise - des kommenden Krieges willen?


Für eine gewisse Deeskalation im Streit um das iranische Atomprogramm hat die am 14. Januar bekanntgewordene Entscheidung, das für die kommenden Wochen geplante Kriegsspiel "Austere Challenge 12", bei dem die israelischen und amerikanischen Streitkräfte gemeinsam die Abwehr feindlicher ballistischer Raketen erproben sollten, zu verlegen. Die Entscheidung soll US-Präsident Barack Obama gefällt haben und zwar in Reaktion auf die Ermordung des iranischen Atomwissenschaftlers Mostafa Ahmadi-Roshan am 11. Januar in Teheran. Hinter jenem Attentat wird der israelische Auslandsgeheimdienst Mossad vermutet.

Nichtsdestotrotz bleibt die Gefahr einer militärischen Auseinandersetzung am Persischen Golf weiterhin akut. In Reaktion auf die jüngsten Finanzsanktionen der USA gegen die iranische Zentralbank, die darauf abzielen, den Handel des Auslands mit Öl und Gas aus der Islamischen Republik zum Erliegen zu bringen, droht Teheran mit der Sperrung der für die Weltwirtschaft enorm wichtigen Straße von Hormus. Dort üben die iranischen Revolutionsgarden seit Wochen entsprechende Maßnahmen unter den Augen gleich zweier US-Flugzeugträgerkampfgruppen. Die Nachricht von der Verlegung einer geheimen Einheit der US-Spezialstreitkräfte an den Persischen Golf läßt erkennen, daß sich das Pentagon auf den schlimmstmöglichen Fall vorbereitet und die angedrohte Sperre nicht hinzunehmen gedenkt.

Über die Arbeit der bis dahin unbekannten Joint Special Operations Task Force-Gulf Cooperation Council berichtete als erster Spencer Ackerman am 19. Januar auf seinem, von Militärbeobachtern geschätzten Blog Danger Room auf der Website der US-Technologiezeitschrift Wired. Unter der Überschrift "Exclusive: New U.S. Commando Team Operating Near Iran" schreibt Ackerman, die JSOTF-GCC, die im Falle eines Krieges die Zusammenarbeit der US-Spezialstreitkräfte mit denjenigen der arabischen Golfstaaten koordinieren sollte, existiert seit Mitte 2009. Sie soll ins Leben gerufen worden sein, nachdem im Iran die vom Westen als "grüne Revolution" betitelten Proteste gegen die Wiederwahl vom Präsident Mahmud Ahmadinedschad keinen "Regimewechsel" in Teheran bewirkten.

Zu den Primäraufgaben der JSOTF-GCC gehört die Ausbildung befreundeter Militärs. Unter Verweis auf die führende Rolle von Sonderkommandos aus Katar, die vor nicht allzu langer Zeit beim Sturz Muammar Gaddhafis die libyschen Rebellen unterstützt haben, stellt Ackerman fest, die Spezialstreitkräfte der Golfstaaten hätten "im letzten Jahr eine bemerkenswerte Verbesserung vollzogen". Aus Sicherheitsgründen wollte das Pentagon Ackerman gegenüber weder die Missionen, noch den Standort des Hauptquartiers, noch die Namen der führenden Offiziere der JSOTF-GCC benennen. Major Rob Bockholt, Sprecher der US-Spezialstreitkräfte im Nahen Osten erklärte lediglich, die Task Force stelle "hoch ausgebildetes Personal, das sich in unsicheren Umgebungen hervortut" zur Verfügung und sei für die Bewältigung "ungewöhnlicher Bedrohungen" konzipiert.

Eine solche Aufgabe wäre die Freihaltung der Straße von Hormus, käme es zum angedrohten Versuch der Iraner, sie zu sperren. Auch wenn der israelische Verteidigungsminister Ehud Barak am 18. Januar öffentlich erklärte, daß ein Angriff auf die Atomanlagen des Irans "sehr weit weg" wäre, ist leider zu befürchten, daß es in den nächsten Monaten doch noch zum Kräftemessen zwischen den iranischen Revolutionsgarden und den US-Spezialstreitkräften kommen wird. In den USA heizen die Präsidentschaftskandidaten der oppositionellen Republikaner, Mitt Romney, Newt Gingrich und Rick Santorum, und vermeintlich pro-israelische Kräfte in den Medien die Stimmung für einen Krieg gegen den Iran an. Um die eigene Wiederwahl im November zu sichern, könnte sich Obama noch in diesem Jahr zu einer militärischen Lösung des Problems Iran gezwungen sehen. Vor diesem Hintergrund deutet die Meldung der israelischen Tageszeitung Ha'aretz vom 20. Januar, wonach Premierminister Benjamin Netanjahu völlig überraschend eine für Februar geplante Afrika-Reise bis auf weiteres verschoben hat, um Anfang März gemeinsam mit Präsident Simon Peres auf der Jahresversammlung der mächtigen zionistischen Lobbyorganisation American Israel Public Affairs Committee (AIPAC) in Washington aufzutreten, auf eine bevorstehende Zuspitzung des "Atomstreits" hin.

21. Januar 2012