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NAHOST/1647: Jemen - internationale Rüstungskonzerne erwarten ihre Anteile ... (SB)


Jemen - internationale Rüstungskonzerne erwarten ihre Anteile ...


Im März geht der Krieg im Jemen ins vierte Jahr. Dieser militärische Konflikt hat nicht 10.000 Menschen, wie immer wieder von den westlichen Medien kolportiert, sondern mindestens 100.000 das Leben gekostet. Mit 14 Millionen Menschen ist die Hälfte der Bevölkerung vom Hungertod bedroht, der eine unmittelbare Folge der Wirtschaftsblockade ist, welche die Truppen Saudi-Arabiens und der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) gegen den von den Huthi-Rebellen kontrollierten Nordwestteil des Landes aufrechterhalten. UNICEF, das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen, hat bereits 2018 die weltweit schwerste humanitäre Krise im Armenhaus Arabiens ausgemacht. Doch was interessiert das Schicksal des jemenitischen Volkes, solange die internationale Rüstungsindustrie dicke Gewinne aus dem industriellen Massenmord im Jemen einfahren kann?

Nicht der Tod unzähliger armer Jemeniten, sondern die Ermordung des Journalisten und Dissidenten Jamal Khashoggi im vergangenem Oktober im saudischen Konsulat in Istanbul hat im Westen die Kritiker des Militärabenteuers Riads und Abu Dhabis im Jemen ein gewisses Gehör verschafft. In Reaktion auf den spektakulären Vorfall hat die Bundesrepublik Deutschland demonstrativ den Waffenexport nach Saudi-Arabien gestoppt. Dagegen regt sich aber enormer Widerstand vor allem aus Frankreich und Großbritannien.

Wegen des deutschen Embargos droht der geplante Verkauf von 48 Kampfjets vom Typ Eurofighter, die vom europäischen Rüstungskonzern EADS hergestellt werden, an Saudi-Arabien zu platzen. Der Gesamtwert des Geschäfts wir auf 11,5 Milliarden Euro geschätzt. Der britische Rüstungskonzern BAE Systems, der am Eurofighter-Projekt beteiligt ist, befürchtet zudem bereits laufende Wartungsaufträge Riads für den Kampfjet zu verlieren, die dem Unternehmen 2,9 Milliarden Euro jährlich einbringen. Deshalb hat der britische Außenminister Jeremy Hunt Anfang Februar seinen deutschen Kollegen Heiko Maas schriftlich um eine Revidierung der Position Berlins gebeten. Wegen der Aussicht, Deutschland könnte noch länger auf sein Nein beharren, brach der Aktienkurs von BAE Systems am 21. Februar um 8 Prozent ein.

Der energische Einsatz Hunts für die britische Rüstungsindustrie steht in gewissem Widerspruch zu den Feststellungen des außenpolitischen Ausschusses des House of Lords, des Oberhauses des Parlaments in London. Dort sind die Ausschußmitglieder am 15. Februar nach eingehender Prüfung der Faktenlage zu dem Schluß gekommen, daß die britischen Rüstungsexporte an Saudi-Arabien angesichts des Jemenkriegs gegen das humanitäre Völkerrecht verstoßen und deshalb eigentlich ausgesetzt werden müßten. Die Lords bezeichneten die Lage im Jemen als "unerhört" und kritisierten die eigenen Minister für Äußeres, Verteidigung und Handel dafür, daß diese die Zusicherungen der Saudis, keine Waffen oder Munition aus britischer Produktion im Jemenkrieg zu verwenden, für bare Münze hielten, statt sie auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen.

Doch Großbritannien ist nicht das einzige Land, in dem das Parlament eine Alibifunktion zur Entlastung bzw. Vertuschung des verbrecherischen Handelns der eigenen Regierung erfüllt. Am 13. Februar hat das Repräsentantenhaus in Washington mit 248 zu 177 Stimmen eine Resolution verabschiedet, die jede Involvierung der USA im Jemenkrieg verbietet und jede weitere Unterstützung des Pentagons für Saudi-Arabien und die VAE in dem Konflikt untersagt. Im Senat dürfte der Gesetzesentwurf der Demokraten an der republikanischen Mehrheit scheitern. Doch selbst wenn genügend Republikaner die Seiten wechseln und für den Gesetzesentwurf stimmen sollten, wird Donald Trump mit großer Wahrscheinlichkeit von seinem präsidialen Veto Gebrauch machen. Außenminister Mike Pompeo hat bereits sein Unverständnis angesichts der Initiative geäußert und behauptet, für das Blutvergießen im Jemen sei der Iran wegen seiner Unterstützung für die Huthis allein verantwortlich.

Am 17. Februar erklärte Generalmajor David Hill, Stellvertretender Oberkommandeur des für den Nahen Osten zuständigen Zentralkommandos der USA (CENTCOM), das amerikanische Militär werde weiterhin die Anti-Huthi-Koalition im Jemenkonflikt unterstützen. Wie er behauptete, trage die US-Luftaufklärung dazu bei, die Zahl der zivilen Opfer des einseitigen Luftkriegs - die Huthis verfügen über keine Kampfjets oder Bomber - auf ein Minimum zu beschränken. Dies sagte Hill gegenüber der Presse am Rande der großen Rüstungsmesse in Abu Dhabi. Am 21. Februar berichtete Reuters, die VAE hätten auf nämlicher International Defence Exhibition and Conference (IDEX) Waffeneinkäufe in Höhe von 5,4 Milliarden Dollar getätigt. Allein 1,9 Milliarden Dollar davon gehen für Raketen an die US-Rüstungskonzerne Raytheon und Lockheed Martin. Und das ungeachtet der Tatsache, daß nicht wenige Rüstungsgüter, die nach Saudi-Arabien und in die VAE exportiert und von diesen im Jemen eingesetzt werden, nachweislich über kurz oder lang in den Händen von Al Kaida auf der Arabischen Halbinsel (AQAP) landen.

25. Februar 2019


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