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USA/1189: Obama will Bushs "Antiterrorkrieg" fortsetzen (SB)


Obama will Bushs "Antiterrorkrieg" fortsetzen

"Wandel" der Demokraten entpuppt sich als kosmetische Veränderung


Während in Washington die letzten Vorbereitungen für den Regierungswechsel am 20. Januar getroffen werden, geben der künftige US-Präsident Barack Obama und Mitglieder seines neuen Kabinetts zu erkennen, daß sie in der Außen- und Sicherheitspolitik vor allem auf Kontinuität zu setzen beabsichtigen. Dies gilt vor allem für den "Global War on Terror", den der republikanische Texaner George W. Bush nach den Flugzeuganschlägen vom 11. September 2001 ausgerufen hatte und sein demokratischer Nachfolger aus Illinois fortsetzen will. Unter dem Versprechen "Wandel, an den wir glauben können", dürften im letztjährigen Präsidentschaftswahlkampf Millionen von kriegsmüden Amerikanern etwas ganz anderes verstanden haben.

Bei einem Interview am 11. Januar, ausgerechnet dem siebten Jahrestag der Eröffnung des umstrittenen Gefangenenlagers auf Gelände des US-Marinestütztpunktes Guantánamo Bay auf Kuba, in der allwöchentlichen Polittalkshow "This Week" des Fernsehsenders ABC zeigte Obama sein wahres Gesicht. Anstelle einer raschen Schließung des Gefängnisses auf Guantánamo in Aussicht zu stellen, meinte der Präsident in spe, der Vorgang könnte bis zu einem Jahr dauern. Darüber hinaus deutete er an, ein neues Sondergericht schaffen zu wollen, in dem "Terrorfälle" hinter verschlossen Türen abgehandelt und die Beschuldigten mit Hilfe von geheimen "Beweisen", die unter anderem durch den Einsatz von Folter gewonnen worden seien, verurteilt werden könnten.

Auch wenn sich Obama klar von Folter distanzierte und sie für inakzeptabel erklärte, klang seine Kritik an der Vorgehensweise der Regierung Bush sehr verhalten. Vom Moderator der Sendung George Stephanopoulos, selbst ein früherer Berater von Bill Clinton, auf eine Äußerung von Vizepräsident Dick Cheney wenige Tage zuvor angesprochen, wonach sich Obama davor hüten sollte, seine "Wahlkampfrhetorik" in die Tat umzusetzen und statt dessen "ganz genau studieren" solle, was die Bush-Administration zwecks Terrorbekämpfung wie gemacht habe, um "die Nation zu schützen", meinte der demokratische Hoffnungsträger: "Ich glaube, daß das ein guter Ratschlag ist." Anschließend bekannte sich der Harvard-Absolvent dazu, daß sich die Behandlung von "Terrorverdächtigen" mit den Gesetzen und der Verfassung der USA stets im Einklang befinden müsse, wollte jedoch sich gleichzeitig nicht festlegen, ob unter seiner Administration die zuständigen CIA-Beamten sogenannte "verschärfte Vernehmungsmethoden" würden weiterhin anwenden dürfen oder nicht.

Ähnlich zweideutige Signale gingen vom Auftritt des designierten Justizministers Eric Holder vor dem Justizausschuß des Senats am 15. Januar aus. Dort erklärte Holder die Schließung des Gefangenlagers auf Guantánamo zu einem Ziel der neuen Regierung, meinte aber gleichzeitig, daß die Umsetzung dieses Vorhabens schwierig sein würde wegen der komplizierten rechtlichen Lage der derzeit rund 250 Gefangenen. Viele von ihnen können in ihre Heimatländer nicht abgeschoben werden, weil ihnen dort Folter und andere Repressalien erwarten, während in Washington niemand diejenige Person, die als ganz gefährliche "Terroristen" gelten, wie der Pakistaner Chaled Scheich Mohammed, der mutmaßliche Chefplaner der 9/11-Operation, vor ein reguläres Gericht in den USA bringen will, weil ihnen dort wegen der erlittenen Foltervernehmungen die Freilassung erwartete.

Während Holder bei seinem Besuch auf dem Kapitol als Kritiker der Theorie der Bush-Regierung von der Allmacht des US-Präsidenten in Kriegszeiten präsentierte, so räumte er gleichzeitig positive Seiten der Eigenmächtigkeiten, welche sich Bush, Cheney und ihre neokonservativen Berater in den letzten Jahren erlaubt hatten, ein. Das umstrittene Geheimprogramm zur Überwachung des US-Telefon- und E-Mail-Verkehrs durch die National Security Agency (NSA) bezeichnete Holder als "sehr nützlich". Und das trotz der zahlreichen Hinweise, daß von dem Programm nicht nur Leute, die mit "Terrorverdächtigen" im Ausland auf elektronischen Wege kommunizieren, sondern alle Bürger der USA betroffen sind, und daß Bush die eigentlich verfassungsverletztende Aktion nicht erst in Reaktion auf die Flugzeuganschläge, sondern Monate zuvor ins Leben gerufen hatte.

Unter anderem dank Obama, der lange Zeit versprochen hatte, im Senat gegen das umstrittene Immunitätsgesetz Bushs für die an der NSA-Operation beteiligten US-Telekomunternehmen zu votieren, um im letzten Juli doch noch dafür zu stimmen, wird das volle Ausmaß dieser Aktion verborgen bleiben - der "nationalen Sicherheit" willen, versteht sich. Dies zeigt ein Urteil des geheimen FISA-Gerichts, das im vergangenen August gefällt und erst am 15. Januar veröffentlicht worden ist. Im Urteil wurde die Klage eines nicht namentlich bekannten US-Telekomunternehmens, der sich nicht an der NSA-Aktion beteiligen wollte, weil sie gegen das Gesetz und das in der Verfassung verbrieftes Recht auf Schutz vor staatlicher Schnüffel verstößt, kurzerhand abgewiesen.

17. Januar 2009