Schattenblick → INFOPOOL → POLITIK → REDAKTION


USA/1396: Kongreßabgeordnete wirft CIA Terrorismusförderung vor (SB)


Kongreßabgeordnete wirft CIA Terrorismusförderung vor

Tulsi Gabbard will Hilfe für "gemäßigte" Rebellen in Syrien verbieten


Im Syrienkrieg sind die Rebellen nach der Rückeroberung Ostaleppos durch die Syrische Arabische Armee (SAA), die militärische Unterstützung von Rußland und dem Iran erhält, in die Defensive geraten. Das "Regime" um Präsident Baschar Al Assad kontrolliert inzwischen wieder die wichtigsten Städte und die Westhälfte des Landes. Man geht davon aus, daß die militanten Assad-Gegner ihren Aufstand vom bevölkerungsarmen, landschaftlich kargen Osten Syriens, wo die "Terrormiliz" Islamischer Staat (IS) in der Stadt Rakka ihre Hochburg hat, aus fortsetzen werden, solange sie weiterhin Geld und Waffen aus der Türkei, Katar, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Saudi-Arabien erhalten. Angeblich wollen die sunnitischen Autokratien ihre Hilfe für die Gotteskrieger in Syrien im bisherigen Umfang aufrechterhalten. Dies meldete am 9. Dezember die Nachrichtenagentur Reuters unter der Überschrift "Gulf Arab states that have funded and armed Syrian rebels are not ready to give up on them" unter Verweis auf Politikanalysten aus der Region.

Für die Machthaber in Abu Dhabi, Ankara, Doha und Riad, die bekanntlich den allergrößten Teil der Rüstung für die eigenen Streitkräfte im Pentagon bestellen, könnte es demnächst nicht mehr so einfach wie bisher sein, einen Teil der Waffenimporte aus den USA an die Dschihadisten in Syrien weiterzuleiten. Im US-Kongreß hat sich eine Allparteienallianz gebildet, die einer derartigen Waffenhilfe für die Salafisten einen Riegel vorschieben will. Am 8. Dezember hat die Kongreßabgeordnete Tulsi Gabbard dem Repräsentantenhaus in Washington den Stop Arming Terrorists Act (SATA), dessen Name an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrigläßt, vorgelegt.

Die 35jährige Hawaiianerin gehört dem linken Flügel der demokratischen Partei an. Mitunterzeichner des Gesetzesentwurfs sind Gabbards demokratische Kollegen Peter Welch aus Vermont und Barbara Lee aus Kalifornien sowie die Republikaner Thomas Massie aus Kentucky und Dana Rohrbacher aus Kalifornien. SATA hat also gute Chancen, verabschiedet zu werden. Mit einem Veto seitens des künftigen Präsidenten Donald Trump ist nicht zu rechnen. Der Baumagnat steht dem bisherigen Vorgehen der USA im "globalen Antiterrorkrieg" skeptisch gegenüber und hat gerade in den letzten Tagen sowohl mit Rohrbacher als auch mit Gabbard in seinem Hochhausturm in New York ein Vorstellungsgespräch geführt. Rohrbacher gilt als möglicher Außenminister, Gabbard als mögliche UN-Botschafterin Trumps.

Sollte SATA Gesetzeskraft erlangen, wäre es sämtlichen US-Behörden, darunter auch dem Auslandsgeheimdienst CIA, fortan strikt verboten, "terroristische" Gruppen zu unterstützen - und sei es nur indirekt. Der Gesetzestext richtet sich namentlich gegen Al Kaida, den IS sowie Jabhat Fatah Al Sham (die frühere Al-Nusra-Front, die sich vor einigen Monaten zum Schein - weil in Absprache mit Aiman Al Zawahiri vorher vereinbart - umbenannt und von den globalen Zielen Al Kaidas losgesagt hat. SATA richtet sich gegen einen Erlaß, mit dem in September Präsident Barack Obama die Waffenexportgeschäfte der USA gelockert hatte, um die Weitergabe amerikanischer Rüstungsgüter an "gemäßigte" Rebellengruppen in Syrien zu erleichtern. Nach SATA ist der US-Geheimdienstkoordinator (Director of National Intelligence - DNI) gehalten, dem Kongreß regelmäßig Bericht zu erstatten. Staaten, die nach Erkenntnis des DNI die genannten "Terrororganisationen" und/oder befreundete Gruppen finanziell oder militärisch unterstützen, sollen zum Beispiel durch die Verhängung eines Waffenexportverbots sanktioniert werden.

Am 9. Dezember trat Gabbard beim Nachrichtensender CNN auf, um den von ihr verfaßten Gesetzesentwurf SATA zu erläutern. Die erste Hindu im US-Kongreß, die zweimal Kriegseinsätze im Irak erlebt hat - einmal als Rettungssanitäterin und einmal als Militärpolizistin - hat Moderator Jake Tapper mit ihrer kritischen Haltung dem großen Antiterrorkreuzzug Washingtons gegenüber sichtlich aus der Fassung gebracht. Die eindeutigen Worte Gabbards rechtfertigen ein ausführliches Zitat ihres Dialogs mit Tapper (in der Übersetzung des Schattenblicks):

Tapper: Wollen Sie wirklich damit andeuten, daß die USA diese terroristischen Gruppen finanzieren?

Gabbard: Ich deute es nicht nur an. Das ist doch die Realität, in der wir leben.

Tapper: Aber nicht direkt, oder?

Gabbard: Die meisten Amerikaner ... wenn, wenn Sie oder ich Geld, Waffen, Unterstützung oder was auch immer einer Gruppe wie Al Kaida zukommen ließen, würden wir sofort im Gefängnis landen. Ungeachtet dessen hat die US-Regierung durch die CIA diesen Gruppen, die mit Al Kaida und IS zusammenarbeiten bzw. deren Verbündete sind, Geld, Waffen, nachrichtendienstliche Hilfe und andere Formen der Unterstützung zukommen lassen.

Tapper: Sie sagen also, daß die CIA Geld an Gruppen in Syrien gibt und daß diese Gruppen mit Al Nusra und IS zusammenarbeiten?

Gabbard: Es hat doch zahlreiche Berichte von der New York Times, dem Wall Street Journal und anderen Nachrichtenquellen gegeben, aus denen hervorgeht, daß diese "Rebellengruppen" Allianzen mit Al Kaida eingegangen sind, daß im Grunde genommen IS und Al Kaida bei praktisch allen "Rebellengruppen", die für den Sturz der syrischen Regierung kämpfen, das Sagen haben.

Tapper: Die US-Regierung sagt, daß sie die Gruppen, denen sie Geld zukommen läßt, genauestens überprüft, und daß es keine Allianzen zwischen den Gruppen, die US-Steuergelder erhalten, und diesen anderen Gruppen gibt, wenngleich klar ist, daß sie alle Assad bekämpfen.

Gabbard: Ich erlaube es mir, anderer Meinung zu sein. Die Beweise zeigen immer wieder, daß dies nicht der Fall ist. Wir unterstützen direkt und indirekt diese Gruppen, die mit Al Kaida und IS verbündet sind oder mit ihnen zum Zwecke des Sturzes der Regierung Assad zusammenarbeiten. Und wir haben diese Unterstützung über Länder wie Saudi-Arabien, die Türkei und Katar zur Verfügung gestellt, um es zu bewerkstelligen!

10. Dezember 2016


Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang