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INTERVIEW/425: Treff für den Frieden - in einem Staat für alle ...    Asad Abu Shark im Gespräch (SB)


Interview mit dem palästinensischen Politaktivisten Asad Abu Shark 18. November 2018 in Dublin


Auf der International Conference Against US/NATO Military Bases, die Mitte November in Dublin stattfand, waren der desolate Stand des sogenannten Nahost-Friedensprozesses und die völlige Entrechtung des palästinensischen Volkes durch Israel ein wichtiges Thema und Gegenstand einer eigenen Diskussionsrunde. Seit Präsident Donald Trump Ende 2017 die Verlegung der US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem verkündet hat, lehnt die palästinensische Führung in Ramallah im Westjordanland jede Kommunikation mit den Diplomaten Washingtons ab. Seit acht Monaten demonstrieren die Menschen im Gazastreifen für das Rückkehrrecht der palästinensischen Flüchtlinge und erleben am Grenzzaun zu Israel die Besatzungsmacht in ihrer brutalsten Form. 169 Palästinenser sind auf offenem Feld von israelischen Scharfschützen getötet und mehr als 17.000 schwer verletzt worden. Über den aktuellen Stand im Nahostkonflikt sprach am 18. November der Schattenblick mit Asad Abu Shark von der palästinensischen Delegation auf der Konferenz in Dublins Liberty Hall.


Asad Abu Shark auf der Anti-NATO-Basen-Konferenz - Foto: © 2018 by Ellen Davidson (stopthesewars.org)

Asad Abu Shark
Foto: © 2018 by Ellen Davidson (stopthesewars.org)

Schattenblick: Herr Abu Shark, wann haben Sie sich entschieden, an der Konferenz in Dublin teilzunehmen?

Asad Abu Shark: Ich habe die Einladung vor drei Tagen erhalten und sie sofort angenommen. Ich freue mich, an der Konferenz teilnehmen zu können. Ich bin ein entschiedener Gegner von ausländischen Militärstützpunkten, denn ich leide unter der Präsenz der größten derartigen Einrichtung auf der Welt, nämlich des Staates Israel.

SB: Wo wohnen Sie?

AAS: Ich wohne eigentlich im Gazastreifen, lebe aber seit vier Monaten in Irland. Ich bin sozusagen auf einer Informationsmission. Von Irland aus reise ich überall in Europa herum und halte Vorträge über den Großen Rückkehrmarsch, mit dem die Menschen in Gaza seit dem Frühjahr jeden Freitag am Grenzzaun zu Israel das Recht der palästinensischen Flüchtlinge auf Rückkehr in ihre Heimat einklagen.

SB: Stimmt es, daß einem Mitglied der palästinensischen Delegation vom irischen Außenministerium die Einreise verweigert bzw. kein Visum für eine Teilnahme an der Konferenz erteilt wird?

AAS: Das ist tatsächlich der Fall. Die betroffene Person lebt im Westjordanland und wollte von dort über Israel nach Irland reisen, konnte dies wegen der Verweigerungshaltung des Dubliner Außenministeriums jedoch nicht tun.

SB: Bitte erzählen Sie uns, was es mit dem Großen Rückkehrmarsch auf sich hat.

AAS: Der Große Rückkehrmarsch, so bezeichnen wir die Proteste, die am 30. März am Grenzzaun von Gaza begonnen haben und seitdem an jedem Freitag wiederholt werden. Mit der Aktion soll das Recht der Palästinenser auf Rückkehr in ihre Heimat, wie es im Dezember 1948 bei der Teilung Palästinas und der Gründung des Staates Israel in Resolution 194 der UN-Generalversammlung beschlossen wurde, eingefordert werden. Ich und meine Familie gehören zu den Vertriebenen des Arabisch-Israelischen Krieges von 1947-1948. Wir stammen ursprünglich aus der Mittelmeerstadt Aschkelon, sind jedoch infolge der Kriegswirren im nahegelegenen Gaza gelandet. Ich bin Sprecher des Organisationskomitees des Großen Rückkehrmarsches, das aus Vertretern aller gesellschaftlich relevanten Gruppen in Gaza besteht. Ich war früher Schullehrer in Gaza-Stadt. Doch infolge der kriegerischen Angriffe der Israelis gegen Hamas der letzten Jahre - 2008, 2012 und 2014 - wurde die Wohnung meiner Familie völlig zerstört und wir mußten deshalb in das Flüchtlingslager in Rafah umziehen.

Da ich früher in Irland gelebt und hier Freunde habe, beschloß ich im Sommer, nach Europa zu kommen und den Menschen dort über die völlig unverhältnismäßige Reaktion der israelischen Streitkräfte auf den Großen Rückkehrmarsch zu berichten. Ich habe vor rund dreißig Jahren im Fach Pädagogik am University College Dublin promoviert und anschließend einen Postgraduiertenkurs für angewandte Sprachwissenschaft am Trinity College Dublin absolviert. Nebenbei habe ich in Dublin als Lehrer gearbeitet und war auch unter anderem bei der Union of Students in Ireland (USI) politisch aktiv. Schon damals waren viele Iren an den Vorgängen im Nahen Osten interessiert und sympathisierten stark mit den Palästinensern. Die Palästinenser wissen die Unterstützung aus Irland, die sich bis heute erhalten hat, zu schätzen und rechnen sie dem irischen Volk hoch an.


Zerbombte Lieferwagen vor dem schwer beschädigten Al-Quds-Krankenhaus - Foto: © 2009 by Eva Bartlett, freigegeben nach Creative Commons Attribution-Share-Alike 2.0 Generic

Al-Quds-Krankenhaus in Gaza-Stadt nach einem israelischen Bombardement 2009
Foto: © 2009 by Eva Bartlett, freigegeben nach Creative Commons Attribution-Share-Alike 2.0 Generic

SB: Wie stehen die Organisatoren des Großen Rückkehrmarschs zu der Hamas-Bewegung, die bekanntlich seit den palästinensischen Parlamentswahlen 2006 im Gazastreifen regiert? Arbeitet man zusammen? Ist die Hamas im Organisationskomitee vertreten?

AAS: An den Diskussionen, die zum Großen Rückkehrmarsch führten, waren alle gesellschaftlichen Gruppen beteiligt, sowohl die politischen Gruppierungen wie Hamas, Fatah und PFLP als auch Berufsverbände wie die der Ärzte, Ingenieure, Journalisten und Lehrer, Frauen-, Schüler- und Menschenrechtsorganisationen sowie Stammesälteste. Es fanden drei bis vier große Treffen über einen Zeitraum von fünf bis sechs Wochen statt. Am Ende der Beratungen wurde die Durchführung des Großen Rückkehrmarschs beschlossen. Man war sich einig, daß sich alle Gruppen an der Aktion beteiligen, diese aber gleichwohl eine rein zivilgesellschaftliche Führung haben sollte. Die politischen Parteien konnten sich beteiligen, ihre Vertreter sollten aber nicht die Aktion anführen.

Bei der Gelegenheit wurden ich und zwei andere zu den offiziellen Sprechern des Großen Rückkehrmarschs gewählt. Niemand von uns dreien gehört irgendeiner politischen Gruppierung oder Partei, weder Hamas noch Fatah noch PFLP, an. Im Rahmen der Aktion demonstrieren die Menschen am Grenzzaun zu Gaza jeden Freitag für ihr Recht auf Rückkehr in ihre Heimat, aus der israelische Banden sie in den Jahren 1947 und 1948 sowie später beim Sechstagekrieg 1967 verjagt haben. Darüber hinaus haben wir am Anfang beschlossen, daß die Demonstrationen völlig friedlich ablaufen und daß es von unserer Seite zu keiner Waffengewalt kommen und auch keinen Anlaß für dieselbe seitens der Israelis geben sollte.

SB: Dessen ungeachtet werfen seit Beginn der Proteste immer wieder Kinder und Jugendliche mit Steinen auf die Soldaten.

AAS: Das ist wohl wahr. Einige Jugendliche haben auch Luftballons, an denen brennende Stoffetzen hingen, über die Grenze geschickt, um die Felder der Israelis in Brand zu setzen. Das alles kann man jedoch nicht als bewaffnete Gewalt bezeichnen und mitnichten damit den Einsatz von Scharfschützen, die auf unbewaffnete Zivilisten schießen, sie umbringen oder mittels Splittermunition durch Schüsse in die Beine zu Krüppeln machen, rechtfertigen.


Seitenansicht von Asad Abu Shark am Stehpult - Foto: © 2018 by Ellen Davidson (stopthesewars.org)

Foto: © 2018 by Ellen Davidson (stopthesewars.org)

SB: Waren Sie über die drakonische Reaktion der israelischen Streitkräfte auf den Großen Rückkehrmarsch und das ungeheure Blutvergießen, was sie unter den Teilnehmern anrichteten, überrascht und schockiert oder haben Sie nichts anderes erwartet? Hat sich Ihr Bild der Israelis dadurch verändert?

AAS: Nein, ganz und gar nicht. Die Palästinenser haben im Verlauf der letzten Jahrzehnte genug unter den Israelis gelitten, um zu wissen, wie erbarmungslos sie sind. Es ist völlig egal, in welcher Form auch immer die Palästinenser Widerstand leisten, ob mit Waffengewalt oder friedlich, das Denken auf israelischer Seite ist immer dasselbe. Israel nutzt jede Gelegenheit, sein Vorhaben der ethnischen Vertreibung der Palästinenser aus Palästina voranzutreiben.

Eine Sache hat mich dennoch überrascht. Zu Beginn der Proteste kamen sehr viele Reporter aus dem Ausland, um darüber zu berichten. Einigen von ihnen habe ich Interviews gegeben. Einmal stand ich hinter einem Jeep und führte mit Journalisten der BBC ein Gespräch. Als diese dann in dem Jeep wegfuhren und ich ungeschützt dastand, fingen die Soldaten an, auch auf mich zu schießen. Ich hatte nichts getan, außer ausländischen Reportern die palästinensische Sicht der Dinge zu vermitteln. Das war für die israelischen Soldaten offenbar Grund genug, das Feuer auf mich zu eröffnen. Ich mußte ganz schnell hinter einen Erdhügel springen, um von keiner Kugel getroffen zu werden. Es wäre nicht das erste Mal, daß ein Journalist am Grenzzaun zu Gaza von der israelischen Armee angeschossen bzw. erschossen wurde. Solche Angriffe zeigen deutlich, daß die Israelis nicht wollen, daß über den Großen Rückkehrmarsch positiv berichtet wird, zum Beispiel, daß sich nahe des Grenzzauns viele Familien versammeln, grillen, tanzen und singen, und daß die Atmosphäre längst nicht so aggressiv-konfrontativ ist, wie sich aufgrund der zahlreichen Meldungen von "Zusammenstößen" vermuten ließe.

Die Menschen im Gazastreifen wollen mit dem Großen Rückkehrmarsch eine Botschaft an die Welt aussenden, nämlich daß bei der Gründung und der Teilung Israels 1948 mit der UN-Resolution 194 das Recht der palästinensischen Kriegsflüchtlinge auf Rückkehr in ihre Heimatdörfer und -städte völkerrechtlich anerkannt und proklamiert wurde. Die Resolution sieht auch die Entschädigung der Betroffenen für etwaige Beschädigungen oder Verluste ihrer Wohnungen, Grundstücke und Habseligkeiten vor. In der Zwischenzeit wurde das in Resolution 194 verankerte Rückkehrrecht der palästinensischen Flüchtlinge mehrmals von der UN-Generalversammlung bestätigt und erneuert. Folglich wird der Große Rückkehrmarsch solange fortgesetzt, bis die Palästinenser endlich ihr Recht auf Heimkehr durchgesetzt haben.


Modernes, mehrstöckiges Bürogebäude wie ein Kartenhaus zusammengestürzt - Foto: © 2009 by Expertista, freigegeben nach Creative Commons Attribution-Share-Alike 3.0 Unported

Das 2009 völlig zerbombte Ratsgebäude von Gaza Stadt Foto: © 2009 by Expertista, freigegeben nach Creative Commons Attribution-Share-Alike 3.0 Unported

SB: Der Große Rückkehrmarsch findet derzeit nur im Gazastreifen, der von der Hamas kontrolliert wird, nicht aber im Westjordanland, wo die meisten palästinensischen Siedlungen von der Fatah um Präsident Mahmud Abbas verwaltet werden, statt. Was denken die Menschen im Gazastreifen über die Haltung der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA) in Ramallah auf der Westbank? Fühlen sie sich in Stich gelassen? Und wie sehen die Chancen für eine Versöhnung zwischen Hamas und Fatah aus?

AAS: Die Situation im Westjordanland ist schwierig und kompliziert. Aufgrund der Sicherheitszusammenarbeit zwischen der PA und der israelischen Armee dürfen die Palästinenser dort noch lange nicht so frei gegen das Besatzungsregime demonstrieren, wie es im abgeriegelten Gazastreifen der Fall ist. Dennoch ist es in den letzten Monaten in Städten wie Ramallah und Beilin immer wieder zu kleineren Solidaritätskundgebungen der Palästinenser auf der Westbank für ihre Landsleute im Gazastreifen gekommen. Und auch wenn der Verkehr zwischen beiden Teilen des palästinensischen Gebiets schwierig ist, telefonieren die Menschen des Westjordanlands und des Gazastreifens um so mehr miteinander, tauschen sich über die Lage aus und sprechen sich gegenseitig Mut zu.

Nicht nur meiner, sondern der Meinung der meisten Palästinenser nach haben sich Präsident Abbas und der Führungszirkel der PA isoliert. Sie haben den Rückhalt bei der eigenen Bevölkerung verloren und befinden nur noch wegen der Unterstützung der ausländischen Geldgeber im Amt. Die Unzufriedenheit der Palästinenser mit der aktuellen Situation ist groß und kommt bei verschiedenen Anlässen wie Kundgebungen in den Kirchen und Moscheen, Veranstaltungen der palästinensischen Diaspora im Ausland und vielem mehr zum Vorschein. Man kann die PA nicht allein für die vergleichsweise geringe Beteiligung der Palästinenser im Westjordanland am Großen Rückkehrmarsch verantwortlich machen, denn dort wimmelt es nur so von israelischen Sicherheitskräften, die mit drastischen Mitteln sofort jeden Ausdruck palästinensischen Aufbegehrens im Keim ersticken. Wer als Palästinenser im Westjordanland an einer nicht-angemeldeten oder spontanen Kundgebung teilnimmt, kann sich ganz schnell im israelischen Gefängnis wiederfinden und muß dort lange Zeit hinter Gittern verbringen. Auf der Westbank sind die israelischen Truppen überall. In Gaza sind sie nicht mehr präsent. Nur deshalb können die Menschen im Gazastreifen ungehindert demonstrieren.

SB: Was halten Sie vom neuen Nahost-Friedensplan der Regierung Donald Trump bzw. von der Absicht von dessen Schwiegersohn und Berater Jared Kushner, den Gazastreifen Ägypten und die palästinensischen Teile des Westjordanlands Jordanien wirtschaftlich und politisch anzuschließen? Hat Trumps und Kushners ambitionierter "Deal des Jahrhunderts" überhaupt Aussicht auf Erfolg?

AAS: Einen derart offensichtlichen Versuch, das Volk zu spalten, werden die Palästinenser nie akzeptieren - niemals! Die Idee ist eine Totgeburt.


Asad Abu Shark im Porträt - Foto: © 2018 by Schattenblick

Asad Abu Shark im Gespräch
Foto: © 2018 by Schattenblick

SB: Also entbehren die Gerüchte, wonach die Hamas irgendeine Art Geschäft mit Kairo machen könnte, um die eigene Kontrolle über den Gazastreifen langfristig abzusichern, jeder Grundlage?

AAS: Absolut. Auch die Ägypter würden sich auf ein solches Arrangement niemals einlassen. Ägypten hätte dadurch nur Nachteile. Ohnehin hat Kairo stets die Forderung nach der Gründung eines einheitlichen palästinensischen Staats bestehend aus dem Gazastreifen und dem Westjordanland in den Grenzen von 1967 mit Ostjerusalem als Hauptstadt unterstützt und ist niemals davon abgerückt. Das Gleiche gilt für Jordanien. König Abdullah ist nicht so verrückt, daß er bereit wäre, den Israelis ihr Palästinenser-Problem abzunehmen. Weder Kairo noch Amman hat sich mit der Entscheidung der Trump-Administration, die US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem zu verlegen, um diese sozusagen als Hauptstadt Israels anzuerkennen, abgefunden. Beide lehnen den Schritt bis heute vehement ab. Dessen ungeachtet ist in diesem Zusammenhang die Haltung der palästinensischen Bevölkerung entscheidend und sie lautet nach wie vor: nationale Einheit, nationale Mobilisierung und nationale Befreiung.

SB: Bei der Podiumsdiskussion auf der Anti-NATO-Basen-Konferenz zum Thema Nahost gab es Menschen, die nach wie vor eine Zwei-Staaten-Lösung befürworten, und wiederum andere, zu denen Sie zählten, die den bisherigen Friedensprozeß für gescheitert halten und deshalb einen einheitlichen Staat mit gleichen Rechten für Israelis und Palästinenser fordern. Könnten Sie uns bitte erklären, wie Sie zu dieser Einsicht gekommen sind?

AAS: Der Nahost-Friedensprozeß, der in den neunziger Jahren mit so viel Hoffnung begann, ist zum absoluten Fiasko geworden. Die USA und die anderen Mitglieder des Nahost-Quartetts - EU, Rußland und Vereinte Nationen - erklärten vor mehr als zehn Jahren, das Ziel sei die Schaffung eines eigenständigen palästinensischen Staates an der Seite Israels. Hätten sie das Erreichen dieses Ziels und die Umsetzung der zahlreichen entsprechenden UN-Resolutionen wirklich ernst gemeint, hätten sie die Israelis zum weitgehenden Abzug aus dem Westjordanland zwingen müssen. Doch leider waren all die Absichtserklärungen der "internationalen Gemeinschaft" nicht ernst gemeint. Statt dessen haben die USA und die anderen Quartett-Mitglieder tatenlos zugesehen, wie die Israelis die jüdischen Siedlungen im Westjordanland systematisch und massiv ausbauten.

Nicht umsonst haben der berühmte Linguist und Kritiker der US-Außenpolitik Noam Chomsky und der UN-Sonderberichterstatter für Menschenrechte Richard Falk, die beide amerikanische Juden sind, vor Jahren unmißverständlich festgestellt, daß der sogenannte Friedensprozeß ein Scheinmanöver gewesen ist, unter dessen Deckmantel die Israelis ihre Kontrolle über das Westjordanland kontinuierlich erweitern, neue Siedlungen errichten und Palästinenser aus ihren Wohnungen oder von ihren Grundstücken verjagen können. Der Friedensprozeß hatte keine Chance auf Erfolg, denn die Israelis haben niemals wirklich die Entstehung eines palästinensischen Staats, der diesen Namen verdient, akzeptiert. In den letzten Jahren hat Israels Premierminister Benjamin Netanjahu mehrmals seine kategorische Ablehnung eines Staats Palästina offen erklärt. Daran ist nichts zu mißdeuten. Die Israelis machen keinen Hehl aus ihren Absichten. Auch lange vor Netanjahu haben David Ben Gurion, Golda Meir und Ariel Scharon alle erklärt, Israel werde niemals die Rückkehr der palästinensischen Flüchtlinge zulassen.

Inzwischen leben mehr als 700.000 jüdische Siedler im Westjordanland. Jerusalem beanspruchen die Israelis inzwischen ganz für sich. Es gibt kaum noch einen Landstrich auf der Westbank, den sie nicht für sich beschlagnahmt haben. Die Palästinenser sollen sich bestenfalls mit einem Außenbezirk von Ostjerusalem als Hauptstadt eines eventuellen Staats begnügen. Trump hat Jerusalem den Israelis zugeschlagen, um die Debatte um eine gerechte Aufteilung der heiligen Stadt für immer zu beenden. Die Israelis lehnen ihrerseits jede Diskussion um das Rückkehrrecht der palästinensischen Flüchtlinge kategorisch ab. Was gibt es also im Rahmen des sogenannten Friedensprozesses noch zu verhandeln? Für die Palästinenser nichts mehr. Deshalb ist jede weitere Diskussion um die Zweistaatenlösung zwecklos. Die einzig vernünftige und gerechte Lösung ist ein gemeinsamer Staat für Israelis und Palästinenser, für Christen, Juden und Muslime mit gleichen Rechten für alle zwischen Mittelmeer und dem Fluß Jordan.

SB: Danke sehr, Herr Shark, für dieses Interview.


Panoramabild von Jerusalems historischer Altstadt - Foto: © 2013 by Gbecker248, freigegeben nach Creative Commons Attribution-Share-Alike 3.0 Unported

Blick vom Ölberg auf die Jerusalemer Altstadt Foto: © 2013 by Gbecker248, freigegeben nach Creative Commons Attribution-Share-Alike 3.0 Unported


Bericht und Interviews zur ersten "International Conference Against US/NATO Military Bases" in Dublin im Schattenblick unter:
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