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ARBEIT/524: Myanmar - Arbeitsmigranten halten Wirtschaft in Schwung (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 24. Mai 2013

Myanmar: Arbeitsmigranten halten Wirtschaft in Schwung - Geldüberweisungen fünf Prozent des BIP

von Simba Shani Kamaria Russeau


Bild: © Preethi Nallu/IPS

Grenzübergang von Thailand nach Myanmar
Bild: © Preethi Nallu/IPS

Bangkok, 24. Mai (IPS) - Nangnyi Foung greift in den Trockner, holt ein weiteres Paar Hosen heraus und legt sie auf das Bügelbrett. "Das war nicht die letzte Ladung", sagt sie gegen 21 Uhr. Seit 14 Stunden ist Nangnyi Foung in der Wäscherei in der nordthailändischen Stadt Chiang Mai beschäftigt, und es betreten immer neue Kunden den Laden.

Foung kann es sich jedoch nicht leisten, die Leute wegzuschicken: "Ich brauche das Geld für meine Familie", erklärt sie, während in ihrer Stimme Verzweiflung mitschwingt. In dem Laden stehen sechs Waschmaschinen. Spät abends geht Nangnyi Foung eine Treppe in ihre Wohnung hinunter, wo sie erschöpft ins Bett fällt, bevor am nächsten Tag alles von vorn beginnt.

Nangnyi Foung, die eigentlich aus dem Shan-Staat im benachbarten Myanmar stammt, kam hoch verschuldet nach Thailand. Um vor der Gewalt in ihrem Land zu fliehen, lieh sie sich Geld und zahlte exorbitante Summen an Mittelsmänner, die sie nach Thailand brachten. Zehn Jahre sind seitdem vergangen und noch immer ist der Kredit nicht abgezahlt. An sieben Tagen pausenloser Arbeit verdient sie gerade einmal etwas mehr als sechs US-Dollar, von denen sie einen Teil nach Hause schickt.

Während sie nach dem dampfenden Bügeleisen greift, erzählt Nangnyi Foung, dass sie Kosten spart, indem sie im Keller ihres Geschäfts schläft. Müsste sie zusätzlich Miete zahlen, könnte sie ihre vier Kinder nicht mehr unterstützen.

Migranten aus Myanmar, die mehr als 80 Prozent der rund 2,5 Millionen ausländischen Arbeitskräfte in Thailand ausmachen, halten die armen Familien im Nachbarland mit ihren Geldüberweisungen am Leben. Myanmar ist eines der ärmsten Länder Südostasiens und erholt sich nur mit Mühe von der jahrzehntelangen wirtschaftlichen Stagnation.


Rasanter Verlust an Kaufkraft

Für den Mindestlohn im ehemaligen Burma, der bei etwa 180 Dollar im Monat liegt, können die Menschen inzwischen acht bis zehn Mal weniger kaufen als vor 20 Jahren. Der Durchschnittsbürger muss mit weniger als einem Dollar täglich auskommen. Obwohl Myanmar der weltgrößte Exporteur von Teakholz, Jade, Perlen, Rubinen und Saphiren und reich an Bodenschätzen ist, kommt der Wohlstand in der Bevölkerung nicht an. Etwa 32 Prozent der Bevölkerung leben unterhalb der Armutsgrenze und die Arbeitslosigkeit liegt bei 5,4 Prozent.

Laut einer Untersuchung von 2006 über Arbeitsmigranten aus Myanmar, die von dem Asiatischen Forschungszentrum für Migration durchgeführt wurde, gaben mehr als zwei Drittel der Befragten an, vor dem Umzug nach Thailand ohne Beschäftigung gewesen zu sein.

Diese Migranten schließen die Lücken auf dem thailändischen Arbeitsmarkt. Ihre Geldüberweisungen machen immerhin fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) in Myanmar aus. Dennoch hat keine der Regierungen etwas unternommen, um den Geldtransfer zu erleichtern.

Trotz der Handelsbanken und staatlichen 'Xpress Money'- Zweigstellen bevorzugen die meisten Migranten die traditionellen Kanäle des 'Hundi'-Systems. Diese nicht autorisierten Transaktionen laufen über Händler in Thailand, die den Mitgliedern ihres Netzwerks in Myanmar Mitteilungen schicken. Daraufhin werden den Familien die Beträge ausgezahlt.

Andere Migranten verlassen sich auf Freunde, die als Boten zwischen den Staaten unterwegs sind. Auf diese Weise können hohe Bankgebühren gespart werden. "Den Banken kann man nicht trauen", sagt Nangnyi Foung. "Sie verlangen auch, dass man eine Arbeitsgenehmigung, ein Empfehlungsschreiben von einem Arbeitgeber und einen Ausweis vorlegt. Nur wenige Migranten besitzen jedoch solche Dokumente."

Einwanderer mit Familien in ländlichen Regionen nehmen Vermittler in Anspruch, die das Geld direkt beim Empfänger abliefern, die sich somit nicht mehr zu den Auszahlungsstellen begeben müssen.

Nach einem neuen Bericht, der am 20. Mai von dem Internationalen Agrarentwicklungsfonds (IFAD) veröffentlicht wurde, sind aus asiatischen Staaten mehr als 60 Millionen Migranten in alle Welt gezogen. "Allein im Jahr 2012 haben sie fast 260 Milliarden Dollar an ihre Familien überwiesen. Das entspricht 63 Prozent der globalen Geldströme in Entwicklungsländer."


Geld erreicht kaum Menschen in ländlichen Gebieten

Dennoch lässt der Umgang Asiens mit diesen Überweisungen, von denen jeder zehnte Haushalt in der Region profitiert, zu wünschen übrig. "Obwohl eine deutliche Mehrheit der regionalen Bevölkerung in ländlichen Gebieten lebt, kommen 65 Prozent der Zahlungen in Städten an", stellt der Bericht fest. In den meisten Ländern Asiens sind nur Banken berechtigt, Devisentransaktionen vorzunehmen. Damit ist es schwierig für die Bevölkerung in ruralen Regionen, auf Geld aus dem Ausland zuzugreifen.

Der Report sieht es als dringend notwendig, den Empfängern von Überweisungen mehr Optionen zu bieten, um dieses Geld in Empfang zu nehmen und ausgeben zu können. Neun asiatische Staaten erhalten demnach derzeit Überweisungen, die mehr als zehn Prozent des BIP ausmachen. Die Erkenntnisse sind vor allem wichtig für Südostasien, wo zurzeit 13 Millionen Migranten im Ausland leben und arbeiten. Der Staat Thailand ist dabei ein großer Importeur, der mehr als doppelt so viele Arbeitskräfte anzieht, als er selbst über die Grenzen schickt.

Frauen, die fast 49 Prozent der weltweit rund 214 Millionen Arbeitsmigranten ausmachen, nehmen den Löwenanteil der Geldüberweisungen vor. In Thailand arbeiten die meisten Ausländerinnen in Mae Sot nahe der Grenze zu Myanmar, wo sie mehr als 15 Stunden täglich in Textilfabriken schuften. 2012 wurden in diesem Bereich 6,3 Milliarden Dollar Gewinn erwirtschaftet. Die Arbeitskräfte, die den Industriezweig am Laufen halten, verdienen aber nur zwischen 66 und 100 Dollar im Monat. (Ende/IPS/ck/2013)


Links:

http://www.ifad.org/remittances/events/2013/globalforum/resources/sendingmoneyasia.pdf
http://www.arcmthailand.com/
http://www.ipsnews.net/2013/05/remittances-buoy-up-myanmars-economy/

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 24. Mai 2013
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veröffentlicht im Schattenblick zum 25. Mai 2013