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BUCHTIP/122: Dissertation zu den Auswirkungen der Hartz IV-Reform (idw)


Universität Flensburg - 01.02.2010

Dissertation zu den Auswirkungen der Hartz IV-Reform


Knapp 30 Interviews führte Michael Olejniczak sowohl mit Langzeitarbeitslosen, als auch mit Fallmanagern in den Jobcentern, um Auswirkungen der Hartz IV-Reform zu untersuchen. Der studierte Betriebswirt wählte dabei ein Thema, mit dem er selbst beruflich zu tun hat, denn er betreut als Fallmanager Langzeitarbeitslose. Die Ergebnisse seiner Untersuchung hat er nun im Rahmen seiner Dissertation an der Universität Flensburg veröffentlicht. Michael Olejniczak plädiert für eine Reform der Reform.

Die Hartz-Reformen strukturierten die soziale Sicherung in Deutschland neu. Dabei war die Hartz IV-Reform die letzte Stufe; mit ihr wurde das Sozialgesetzbuch II im Jahr 2005 in Kraft gesetzt. Die Reform ließ alternative Organisationsformen zu, es entstanden Arbeitsgemeinschaften aus Kommunen und Arbeitsagenturen sowie zugelassene kommunale Träger. Die Reform ging einher mit einem gesetzlichen Evaluationsauftrag, mit dem Ziel, die Vermittlung von Langzeitarbeitslosen zu überprüfen. Diese Evaluation führt die Bundesagentur für Arbeit und das IAB (Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung) vorrangig auf Zahlenbasis durch.

Michael Olejniczak wählte in seiner Dissertation einen anderen Weg. Er sprach mit Langzeitarbeitslose und Fallmanagern eines niedersächsischen Jobcenters, rund 30 einstündige Interviews kamen zusammen. Es entstanden offene Interviews, seine Gesprächspartner erzählten frei. Diese Gespräche wertete er aus und stellt fest:

Maßnahmen sollten individueller auf die betreffende Person zugeschnitten werden, um die Effektivität und Effizienz der Beschäftigungspolitik zu steigern, Ressourcen der Fallmanager werden durch bürokratische Erfordernisse des Controllings belegt.

Die Begriffe Kunde, Jobcenter oder Vermittlung werden von den Langzeitarbeitslosen oft als beschönigende Worte wahrgenommen und rufen emotionalen Widerstand hervor. Andererseits werden Arbeitsgelegenheiten von den Arbeitslosen immer wieder als Zwang empfunden. Hier bietet für Olejniczak eine Reform der Reform die Chance, von einem sanktionsorientierten System auf ein förderndes umzustellen. Statt Strafen sollten Anreize gesetzt werden, um gewünschtes Verhalten zu erreichen. In diesem Zusammenhang stellt er ebenfalls fest, dass die Instrumente des Forderns ungeeignet sind, ein stark unkooperatives Verhalten zu unterbinden.

Die Reform ermöglicht aber auch die flächendeckende Versorgung mit dem Angebot sozialer Fürsorge, für diejenigen, die nicht aktiv nach Hilfe nachfragen. Für Michael Olejniczak ist dies die größte Leistung der Reform: Viele Menschen finden in den Jobcentern in Lebenskrisen eine Unterstützung.

Michael Oleejniczak: Aktive Leistungen nach dem SGB II als Dienstleistungsprozess - Eine qualitative Analyse der Hartz-IV-Reform auf Basis von Interviews mit Betroffenen, erschienen im Rainer Hampp Verlag, München, 2010, 29,80 Euro.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/pages/de/institution134


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Universität Flensburg, Dr. Helge Möller, 01.02.2010
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 3. Februar 2010