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FRAUEN/476: Nahost/Nordafrika - Frauen auf dem Arbeitsmarkt trotz hoher Bildung unterrepräsentiert (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 21. März 2013

Nahost/Nordafrika: Ausgezeichnete Bildung - Doch Frauen auf dem Arbeitsmarkt unterrepräsentiert

von Katelyn Fossett


Bild: © Rebecca Murray/IPS

Frauen in Nahost und Nordafrika haben in den Bereichen Bildung und Gesundheit enorme Fortschritte gemacht, nicht aber auf dem Arbeitsmarkt
Bild: © Rebecca Murray/IPS

Washington, 21. März (IPS) - Entwicklungsexperten zufolge wird das wirtschaftliche Potenzial von Frauen in Nahost und Nordafrika (MENA) kaum genutzt. So sind sie auf den Arbeitsmärkten ihrer Länder nur halb so oft vertreten wie ihre Geschlechtsgenossinnen in anderen Teilen der Welt, obwohl sie über eine exzellente Bildung verfügen.

Mehr Frauen den Zugang zum Arbeitsmarkt zu ermöglichen, würde nicht nur die Wirtschaft ihrer Länder beflügeln, sondern sie auch dazu ermutigen, sich politisch zu engagieren. Doch gerade die wohlhabenden erdölreichen Staaten in Nahost hinken, was die Berufstätigkeit von Frauen anbetrifft, anderen Teilen der Welt hinterher.

Dies geht aus einem neuen Bericht der Weltbank hervor. Die internationale Finanzorganisation wartet mit etlichen Entwicklungsindikatoren auf, die Frauen an anderen Fronten beträchtliche Fortschritte bescheinigen. So hätten die MENA-Staaten weitsichtig in die Bildung von Frauen investiert, deren Bildungsniveau in den meisten Ländern höher sei als das der Männer. In acht Staaten gibt es an den Hochschulen und Universitäten sogar mehr Studentinnen als Studenten.

Doch nun gelte es das Potenzial von Frauen, zu Wachstum und Wohlstand ihrer Länder beizutragen, auszuschöpfen, meinte Manuela Ferro, die Leiterin der Weltbank-Abteilung für Armutsbekämpfung und Wirtschaftsmanagement in den MENA-Staaten in einer Mitteilung.


Vorbildlicher Kampf gegen die Müttersterblichkeit

Auch im Kampf gegen die Müttersterblichkeit liegt die MENA-Region deutlich vorn. Sie ist zwischen 1990 und 2008 um 59 Prozent gesunken. Nirgendwo sonst auf der Welt wurde so ein großer Rückgang verzeichnet.

Doch was die Integration in den Arbeitsmarkt angeht, schneiden die MENA-Staaten schlechter ab. Sind weltweit 50 Prozent aller Frauen in den Arbeitsmarkt integriert, liegt der Durchschnitt in Nahost und Nordafrika bei 25 Prozent.

Allerdings können die Unterschiede von Land zu Land sehr stark variieren. In Tunesien beispielsweise ist die Zahl der Frauen mit Hochschulabschluss auf dem Arbeitsmarkt leicht gestiegen. In Ägypten wiederum drängen derzeit weniger gut ausgebildete Frauen in größeren Scharen auf den Arbeitsmarkt, während die Zahl der besser ausgebildeten Frauen, die einen Beruf ausüben, rückläufig ist.

Auch wenn der Bericht wiederholt Gesetze und Traditionen für die Existenz rigider Rollenbilder in den MENA-Staaten verantwortlich macht, warnen die Autoren davor, den Einfluss des Islams in diesem Zusammenhang überzubewerten. Die Situation in den einzelnen islamischen Ländern sei sehr unterschiedlich und einer Vielfalt von Faktoren wie Veränderungen der Wirtschaftsstrukturen, der politischen Strategien und der präexistenten kulturellen Werte geschuldet.

Doch mit ihrer Meinung widersprechen die Autoren Kollegen, die 2004 einen Weltbankbericht vorgelegt hatten, der sich ebenfalls mit der Lage der Frau in den MENA-Staaten befasste. Damals hielten die Wissenschaftler die Sichtweise islamischer Gesellschaften, Frauen hauptsächlich für den Bestand der Familienehre verantwortlich zu machen, für eines der größten Hindernisse für eine Partizipation von Frauen im öffentlichen Leben.


In reicheren Ländern arbeiten Frauen seltener

"Mädchenbildung hat viele Vorteile, über die sich die Familien in der MENA im Klaren geworden sind", meint Mayra Buvinic von der 'U.N. Foundation', einer Denkfabrik in Washington, und ehemalige Direktorin für Frauen und Entwicklung der Weltbank. Sie führt die geringe Präsenz von Frauen auf dem Arbeitsmarkt nicht zuletzt auf die relativ hohen Einkommen der MENA-Länder zurück. Für die Frauen der reichen Staaten sei Arbeit keine Notwendigkeit, sondern Luxus.

"Allerdings kommen Jungen und Mädchen aufgrund der hohen Einkommen in den Genuss einer guten Schulausbildung", betonte sie. Das wiederum erklärt das gute Abschneiden der Mädchen und Frauen der MENA-Staaten im Bildungsbereich.

Die Praxis einiger Länder, Nahrungsmittel, Treibstoffe und Strom zu subventionieren, führt offenbar ebenfalls dazu, dass Frauen nicht so häufig wie anderswo einer bezahlten Tätigkeit nachgehen.

Die Autoren der neuen Weltbankstudie halten vor allem die Einführung von Frauenquoten für ein probates Mittel, um die Partizipation der MENA-Frauen auf dem Arbeitsmarkt zu erhöhen. Schon zeitlich befristete Quotenregelungen führten relativ schnell zu guten Ergebnissen. Die Vereinigten Arabischen Emirate haben im Dezember sogar für eine Frauenquote in den Vorständen der Konzerne gesorgt. (Ende/IPS/kb/2013)


Links:

http://www-wds.worldbank.org/external/default/WDSContentServer/WDSP/IB/2013/02/07/000356161_20130207123902/Rendered/PDF/751810PUB0EPI002060130Opening0doors.pdf
http://www.ipsnews.net/2013/03/in-middle-east-womens-labour-half-of-global-levels/

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IPS-Tagesdienst vom 21. März 2013
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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. März 2013