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INTERNATIONAL/021: Ecuador - Menschenhandel mit Haitianern aufgeflogen (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 15. April 2011

Ecuador: Leichte Beute - Menschenhandel mit Haitianern aufgeflogen

Von Gonzalo Ortiz


Quito, 15. April (IPS) - Aus Haiti nach Ecuador zum kostenlosen Studium - das war der Plan. Doch am Ende landeten die Studenten in einer Art Gefängnis, für das sie sogar noch eine Monatsmiete zahlen mussten. Mit Hilfe einer Kirchenorganisation konnten die Menschenhändler ausgehoben werden.

30 junge Leute im Alter zwischen 17 und 28 Jahren waren in den letzten Monaten in den Andenstaat gekommen, in der Hoffnung hier kostenlos studieren zu können. Am Ende jedoch stellte sich das Stipendienprogramm als ein Alptraum heraus. Die Opfer wurden dazu gezwungen, für ihre Entführer erfolgreich Bittbriefe an Verwandte in Nordamerika zu formulieren. Etwa zwei Millionen Haitianer leben in den USA.

Aufmerksam wurde die ecuadorianische Polizei auf die Täter - eine haitianische Familie - durch den Ecuadorianischen Jesuitendienst für Flüchtlinge und Migranten (SJRM), der von den üblen Machenschaften erfahren hatte. Auch wenn derartigen Fällen in der Regel eine interessierte Öffentlichkeit fehle, müssten sie ernst genommen werden, sagte der Leiter der Kirchenorganisation, Fernando Ponce.


Migration und Menschenhandel

Menschenhändler profitieren von dem Wunsch vieler Haitianer, der Armut ihres Heimatlandes zu entkommen. 2009 hielten sich nach Schätzungen des SJRM 75.000 Haitianer in den lateinamerikanischen Staaten auf. Die Zahl dürfte sich seit dem schweren Erdbeben im Januar mit mindestens 250.000 Toten drastisch erhöht haben.

Die meisten Migranten zieht es in zwei Länder der Region. Nach Chile kamen 2009 477 Haitianer, 2010 waren es dann schon 802. Doch Ecuador ist für die Zuwanderer der Insel Hispaniola, die sich Haiti mit der Dominikanischen Republik teilt, noch interessanter. So kamen in den vergangenen beiden Jahren 1.258 respektive 1.687 Haitianer. Doch nicht alle bleiben. Viele versuchen von dort aus nach Französisch-Guayana und nach Frankreich überzusiedeln.

Von den schätzungsweise rund 1.000 Haitianern, die in Ecuador leben, sind 390 rechtlich anerkannt. Sie kamen in den Genuss einer 'Einwanderungsamnestie' der Regierung von Staatspräsident Rafael Correa im Anschluss an das verheerende Erdbeben in der haitianischen Hauptstadt Port-au-Prince. Den Katastrophenflüchtlingen wurde auch erlaubt, ihre Familien nachkommen zu lassen.

Die zweitgrößte haitianische Gemeinschaft außerhalb der Heimat und nach den USA lebt mit 500.000 bis 750.000 Mitgliedern in der Dominikanischen Republik. Auf Kuba sind es rund 400.000 und in Kanada um die 200.000. Nach Frankreich verschlug es etwa 100.000 Haitianer und auf die Antillen 100.000.


Armut und Sprachbarrieren

Haitianer haben es in den lateinamerikanischen Ländern einen schlechteren Stand als andere Migranten aus der Region. Das hat mit der verbreiteten Armut auf dem Inselstaat und mit den Sprachbarrieren zu tun, die sich für die französischsprachigen Haitianer in den spanischsprachigen Ländern auftun.

Auch die Verschärfung der Einwanderergesetze und der Menschenhandel stellen sich als ernsthaftes Problem dar. Aus diesem Grund fordert der Jesuitenpater von den lateinamerikanisch-karibischen Ländern, dass sie gerade im Kampf gegen den Menschenhandel viel stärker kooperieren. (Ende/IPS/kb/2011)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 16. April 2011