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KIND/097: Salomonen - Kinderprostitution im Umfeld der Holzproduktion (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 4. Dezember 2013

Salomonen: Kinderprostitution im Umfeld der Holzproduktion

von Catherine Wilson


Bild: © Catherine Wilson/IPS

Junge Frauen in der Provinz Malaita auf den Salomonen
Bild: © Catherine Wilson/IPS

Auki, Salomonen, 4. Dezember (IPS) - Die Holzindustrie ist der wichtigste Wirtschaftszweig des pazifischen Inselstaates Salomonen. 80 Prozent der Landesfläche sind von tropischem Regenwald bedeckt. Dass der Staat dem Geschäft mit den Hölzern 60 Prozent seiner Exporteinnahmen verdankt, hilft der Bevölkerung wenig.

Die Menschen, die nahe den Holzfäller-Camps leben, klagen sogar über eine gravierende Verschlechterung ihrer Lebensbedingungen. Soziale Ungleichheit, Alkoholismus und Menschenrechtsverletzungen wie die sexuelle Ausbeutung von Kindern haben in vielen Dörfern Einzug gehalten.

In der Provinz Malaita arbeiten nahe der Ortschaft Huahai sieben malaysische Holzunternehmen. Die 500 Bewohner, deren umliegende Wälder seit einem Jahrzehnt von immer wieder wechselnden Firmen abgeholzt werden, haben genug. "Die Unternehmen profitieren, doch wir verlieren unsere Ressourcen", kritisiert Maddlyn Maelofa, die für die Region Arekwa zuständige Vorsitzende der Organisation 'Mothers Union'.

Maelofa sorgt sich vor allem um die Kinder und jungen Mädchen in dem Dorf. "Die Holzfäller laden schon 13- oder 14-Jährige in ihre Siedlungen ein." Die Aktivistin weiß von mindestens zehn Mädchen, die mit den Holzfällern sexuell verkehren. Mehrere von ihnen seien schwanger.

Wie Maelofa weiter berichtet, kommt es vor, dass Eltern ihre Kinder mit den Arbeitern verkuppeln. "Ich konnte beobachten, wie eine Mutter ihre Tochter im Teenageralter zu einem Frachter begleitete, um sie den Holzfällern anzubieten", berichtet sie.

Inzwischen ist bekannt, dass es in den vier Provinzen Makira, Isabel, Western und Malaita Fälle von Kinderprostitution gibt. Bereits 2007 verfasste das von der Anglikanischen Kirche in der Hauptstadt Honiara betriebene Frauenhaus 'Christian Care Centre' (CCC) einen Bericht über die Missstände in der Provinz Makira.


Bereits Elfjährige missbraucht

Untersuchungen in zwölf Dörfern und Interviews mit 41 Personen ergaben, dass 73 Kinder sexuell missbraucht worden waren. Zwölf wurden als Ehefrauen an ausländische Holzfäller verkauft, die Hälfte von ihnen war keine 15 Jahre alt. In jedem Dorf wurden Fälle von Kinderprostitution festgestellt. Die Opfer waren zwischen elf und 19 Jahre alt. Die Mädchen und ihre Familien erhielten als Gegenleistung Geld oder Waren.

Einer Sprecherin des Frauenrats in Malaita zufolge sind Teenager-Schwangerschaften eine der tragischen Konsequenzen. Immer mehr Kinder würden zudem ohne Väter aufwachsen, sagte sie. Viele Familien könnten es sich nicht leisten, für die unehelichen Kinder aufzukommen, insbesondere, wenn die Väter in ihre Heimatländer zurückkehrten und die Mädchen zurückließen.

Seit den 1990er Jahren konnten sich zahlreiche international tätige Holzunternehmen Konzessionen in dem Pazifikstaat sichern, der durch den Bürgerkrieg von 1998 bis 2003 destabilisiert wurde. Der vor allem von südostasiatischen Unternehmen durchgeführte Holzeinschlag bedrohte rasch die nachhaltige Entwicklung des Inselarchipels, da die Rohstoffnachfrage in den rasch aufstrebenden asiatischen Staaten zunahm.

Korruption, die mangelnde staatliche Überwachung der Holzunternehmen und eine unzureichende Polizeipräsenz in den abgelegenen ländlichen Gebieten der Salomonen sorgten dafür, dass der Raubbau der Firmen ungehindert weiterging. Die schwierigen sozio-ökonomischen Verhältnisse und die geringe Bildung in den entlegenen Regionen haben der Ausbeutung Minderjähriger ebenfalls Vorschub geleistet. In manchen Dörfern lebt mehr als ein Fünftel der Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze.

Wie der CCC-Bericht belegt, lassen sich junge Frauen auf eine Beziehung mit den Holzfällern ein, um sich finanziell besserzustellen. Viele Eltern unternähmen nichts, um ihre Töchter daran zu hindern, weil die Familie dringend Geld brauche. Da bei Eheschließungen auf den Salomonen die Männer traditionell ein Brautgeld an die Schwiegereltern zahlen, heiraten viele Mädchen sehr früh. Schätzungsweise drei Prozent der Bräute sind unter dem gesetzlich festgelegten Mindestalter von 15 Jahren und 22 Prozent sind jünger als 18.

Aaron Olofia, Vorsitzender eines Ausschusses für Kinderschutz im Gesundheitsministerium in Honiara berichtet, dass nach der Veröffentlichung des Berichts eine Taskforce eingesetzt worden sei, die die Dorfgemeinden über das Problem aufklären, die Rechte von Kindern und Eltern stärken und mit den Holzunternehmen das Problem besprechen soll.


Staatliche Kontrolle scheitert an Unterfinanzierung

Die Taskforce trat an mehrere Firmen heran, die die an dem Missbrauch beteiligten Arbeiter mit Geldbußen von je 10.000 US-Dollar bestraften und in ihre Heimat zurückschickten. Finanzierungsengpässe haben aber inzwischen dazu geführt, dass die Empfehlungen des Berichts nicht länger umgesetzt werden können.

Nach geltendem Recht ist auf den Salomonen Geschlechtsverkehr mit Mädchen unter 13 Jahren verboten. Wer unter 15-Jährige als Prostituierte anwirbt, muss ebenfalls mit einer Bestrafung rechnen. Bei einer Überprüfung der Gesetze gegen sexuelle Übergriffe empfahl in diesem Jahr eine Reformkommission eine weitere Verschärfung der Regelungen.

Longden Manedika, der Direktor der unabhängigen Organisation 'Solomon Islands Development Trust' fordert, dass Frauen und Mädchen in ihren Dörfern mehr Mitbestimmungsrechte erhalten sollten. Der Frauenrat von Malaita rät dazu, dass die Gemeinden selbst Regelungen zum Schutz der Menschenrechte einführen, noch bevor sich Holzfirmen in ihrer Nachbarschaft niederlassen.

Die Menschen in dem Dorf Hauhai haben bereits nachhaltige Alternativen zu der Holzindustrie gefunden. Fast drei Viertel der Einwohner arbeiten inzwischen für lokale Betriebe, die Kokosöl herstellen und exportieren. (Ende/IPS/ck/2013)


Links:

http://www.abmission.org/programs/overseas/solomonislands/christiancarecentre?sessid=15961a48fd4337d82b3e656575cee45b
http://www.ipsnews.net/2013/12/saving-children-loggers/

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 4. Dezember 2013
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veröffentlicht im Schattenblick zum 5. Dezember 2013