Schattenblick →INFOPOOL →POLITIK → SOZIALES

WOHNEN/100: Intergeneratives Wohnprojekt Freiburg mit ersten Forschungsergebnissen (idw)


Evangelische Hochschule Freiburg - 21.06.2011

Intergeneratives Wohnprojekt Freiburg mit ersten Forschungsergebnissen

- Studierende hatten fest verankerte Alters- und Altersheimstereotypen
- Rollenunsicherheiten bei Jung und Alt werden durch Feedback und Routinisierung aufgelöst
- Studierende profitieren von Lebenserfahrung und Sinnsuche der Senioren und Seniorinnen


Im Juli 2010 ging das Intergenerative Wohnprojekt Freiburg an den Start. Die Partner: Evangelische Hochschule (EH) Freiburg mit Prof. Dr. Kerstin Lammer, Studiengangsleitung Religionspädagogik, und das Evangelische Stift Freiburg mit Vorstand Hartmut von Schöning - beide Projektleiter dieser deutschlandweiten einzigartigen Initiative. Praktische Ziele der neuartigen Wohnform waren, zum einen Leerstände im Stift zu beseitigen sowie Hilfe für die Bewohner/-innen zur organisieren. Zum anderen suchte die Hochschule bezahlbaren Wohnraum für Studienanfänger/-innen und die Möglichkeit für die Studierenden, mehr soziale Erfahrungen für Leben und Beruf zu sammeln. Soziale Ziele waren, Brücken zwischen den Generationen zu bauen sowie Vorurteile und Isolation im Alter aufzubrechen.

Von Anfang wurde diese besondere Wohnform auch als Forschungsprojekt geführt, an dem die Hochschule und das Institut für Soziologie der Universität Freiburg beteiligt sind, um die Entwicklung der Menschen in dieser neuen Lebenssituation zu begleiten. Die EH Freiburg erhofft sich von dieser besonderen Wohnform Erkenntnisse über das Miteinander der unterschiedlichen Generationen, über das Verändern gegenseitiger Bilder, über die Entwicklung von Leben- und Sinnkonzepten. Im ersten Forschungsabschnitt wurden Interviews mit den Studierenden ausgewertet; die Auswertung der Interviews mit den Senioren/Seniorinnen folgt im zweiten Forschungsabschnitt.

Zentrale Forschungsergebnisse sind:

• Die Studierenden hatten konkrete Vorstellungen von Alters- und Altersheimstereotypen: "Alte Menschen sind eher körperlich und geistig eingeschränkt, wenig autonom, einsam, aktivierungsbedürftig und das Altersheim ist die letzte einsame Station im Leben." Das Zusammenleben hat ihnen jedoch das Gegenteil bestätigt: "Die Senioren und Seniorinnen können und wollen selbst Entscheidungen treffen, wollen ihre Potenziale einbringen, sind sozial eingebunden und sehen sich im Altenheim gut betreut in Gemeinschaft mit Menschen desselben Alters."

• Rollenunsicherheiten bei Jung und Alt werden durch Feedback und Routinisierung aufgelöst

Für die Studierenden war das Zusammenwohnen mit den Senioren/Seniorinnen zunächst ungewohnt; Vorerfahrungen gab es kaum. Wie würde mit Lärm, lauter Musik, Besuch durch Freunde umgegangen werden? Im Laufe der Monate zeigte sich, insbesondere durch ritualisiertes Zusammensein, z.B. bei Singabenden, gemeinsamem Fernsehen (Fussball u.a.), bei Sommer- und Herbstfest und vor allem durch das regelmäßiges Miteinandersprechen, dass sich beide Seiten, alte wie junge Menschen, bewusst und intensiv miteinander, ihren Wünschen, Vorstellungen und Interessen auseinandersetzen. Bei den Senioren und Seniorinnen wurde das Engagement und die Unterstützung durch die Studierenden sehr positiv aufgenommen.

• Studierende profitieren von Lebenserfahrung und Sinnsuche der Senioren und Seniorinnen

Die jungen Studierenden erleben es als "spannend und bestärkend", in Gespräche nach "Sinnsuche, die Auseinandersetzung mit Gott und mit Fragen des Lebens, den individuellen Rückblick auf Höhen und Tiefen" involviert zu sein. Es erfüllt sie mit der Hoffnung "das Leben auch meistern zu können".

10 Studierenanfänger/-innen haben ihr erstes Studienjahr 2010/2011 als Bewohner/-innen im Evangelischen Stift verbracht. Sie werden zum Ende des Sommersemesters 2011 dort ausziehen, und damit Platz machen für 10 Erstsemester des Bachelor-Studiengangs Religionspädagogik/ Gemeindediakonie. Das Wohnen im Altenstift ist immer für ein Jahr angesetzt. Drei Studierende werden noch für eine Übergangszeit im Stift wohnen bleiben, um die neuen Studierenden beim Einstieg in das Projekt unterstützen zu können. 10 Wohnplätze können daher zum Wintersemester 2011/12 neu vergeben werden.

Prof. Dr. Kerstin Lammer: "Das Projekt ist ein voller Erfolg: Die Generationen sind zusammengewachsen. Wenn man sieht, wie gerne Jung und Alt hier zusammen etwas unternehmen, wie liebevoll sie voneinander sprechen, geht einem das Herz auf. Vorurteile über das Jung- und Altsein wurden abgebaut, Gemeinschaft ist gewachsen. Die Jungen denken, so viel wissen wir schon aus ersten Interviewauswertungen, neu über ihre Lebenskonzepte nach."

Weitere Informationen unter:
http://www.eh-freiburg.de/news-detail/-ein-echtes-event-seniorinnen-an-der-hochschule/52

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution1558


*


Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Evangelische Hochschule Freiburg, Barbara Hirth, 21.06.2011
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 23. Juni 2011