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KONVENTION/003: Anti-Terrorismus-Abkommen der UN auf Eis (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 10. Januar 2014

UN: Anti-Terrorismus-Abkommen auf Eis - Dennoch Fortschritte im Kampf gegen Terroranschläge

Von Thalif Deen - Mit Bild


Bild: © Ashfaq Yusufzai/IPS

Eine von den Taliban im pakistanischen Berzirk Bajaur zerstörte Schule
Bild: © Ashfaq Yusufzai/IPS

New York, 10. Januar (IPS) - Nach fast 13-jährigen Verhandlungen ist es den Vereinten Nationen trotz fortgesetzter Selbstmordanschläge in Ländern wie dem Irak, Syrien, Ägypten, Afghanistan und neuerdings Russland nicht gelungen, Rückendeckung für ein Internationales Anti-Terrorismus-Abkommen (CCIT) zu mobilisieren. Dennoch können sie in dem Bereich nach Ansicht von Experten einige bemerkenswerte Fortschritte vorweisen.

So hat die Weltorganisation verschiedene Expertenausschüsse wie das Komitee gegen den Terrorismus (CTC) und das Exekutivdirektorium der Vereinten Nationen für die Terrorismusbekämpfung (CTED) eingesetzt, die in erster Linie Mitgliedstaaten helfen, Terroranschläge im Land und in der Region zu verhindern.

Im letzten Monat hat die 193 Mitgliedstaaten zählende UN-Vollversammlung die Einrichtung einer Arbeitsgruppe verfügt, die ein CCIT sobald wie möglich zustande bringen soll. Seit seiner Gründung durch die UN-Vollversammlung 1996 bemüht sich ein Ad-hoc-Komitee um eine solche internationale Übereinkunft, die als 'Mutter aller Anti-Terror-Konventionen' beworben wird.

Wie UN-Botschafter Palitha Kohona, Vorsitzender des UN-Rechtsausschusses, gegenüber IPS erklärte, soll das CCIT als übergeordneter Schutzschirm für Situationen greifen, die noch nicht von den 13 bestehenden Teilkonventionen gegen den Terrorismus abgedeckt werden, die unter den Auspizien der Vereinten Nationen abgeschlossen wurden.

Leider sei von dem Eifer und der überschwänglichen Begeisterung, mit der die internationale Gemeinschaft 20 Jahre lang auf ein umfassendes Anti-Terror-Abkommen hingearbeitet hatte, nicht mehr viel übrig geblieben, meinte er. "Und der Wunsch nach einer solchen Übereinkunft hat abgenommen, seitdem der politische Wille dazu im Lauf der Zeit immer mehr abhanden gekommen ist." Dennoch könnten die UN auf einige bemerkenswerte Fortschritte bei der Überwachung und Koordinierung weltweiter Anti-Terror-Bemühungen zurückblicken.


Abkommen als Zeichen globaler Handlungsbereitschaft

Eine Meinung, die Asoke Kumar Mukerji, der Botschafter Indiens bei den Vereinten Nationen, teilt. Er verwies auf die Gründung von zwischenstaatlichen und Expertengremien wie der Arbeitsgruppe zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung (FATF), der Aktionsgruppe gegen Terrorismus (CTAG), dem Globalen Forum gegen Terrorismus (GCTF) und der Arbeitsgruppe zur Umsetzung von Anti-Terrorismus-Maßnahmen (CTITF). Dennoch ist er der Meinung, dass die Welt nicht länger auf eine Beilegung der Differenzen bei den Verhandlungen warten kann, denn "jeden Tag fordern Terrorakte Menschenleben".

Indien ist das Land, das als erstes 1996 ein CCIT vorgeschlagen hatte. Fünf Jahre später wurden die internationalen Verhandlungen aufgenommen, die bislang jedoch an zwei Streitpunkten gescheitert sind: an der Definition des Terrorismusbegriffs und der Reichweite der vorgeschlagenen Konvention.

2006 hatte die UN-Vollversammlung einstimmig eine Resolution zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus angenommen und als wichtige Maßnahme im Kampf gegen den Terror begrüßt. Seither ist es in zahlreichen Bereichen zu einer regionalen und internationalen Zusammenarbeit im Kampf gegen den Terror gekommen. Kapazitäten wurden aufgebaut, Geheimdienstinformationen ausgetauscht, regionale Workshops durchgeführt und die besten Praktiken im Kampf gegen den Terrorismus verbreitet. Diese Bemühungen gipfelten 2011 in der Gründung des von Saudi-Arabien mit 100 Millionen US-Dollar finanzierten UN-Zentrums gegen den Terrorismus mit Sitz in Riad.

Auf die Frage, ob der umstrittene Begriff des 'Staatsterrorismus' Eingang ins CCIT gefunden habe, erklärte Mukerji, dass er inzwischen dem 'transnationalen Terrorismus' gewichen sei. "Jedes Land ist anfällig für transnationalen Terrorismus", erläuterte er und erinnerte an die Terroranschläge im November 2008 auf die indische Wirtschaftsmetropole, die mehr als 160 Menschenleben forderten.


Anti-Terror-Maßnahmen unter einem UN-Dach

Laut Mukerji ist es an der Zeit, die unterschiedlichen UN-Aktivitäten gegen den Terrorismus unter einem gemeinsamen CCIT-Dach zu vereinen. "Ein solches Haus haben nur die Vereinten Nationen zu bieten", so der indische Chefunterhändler in der GCTF weiter. Zu den bisherigen Abkommen zählen das Internationale Übereinkommen gegen Geiselnahme, zur Bekämpfung terroristischer Bombenanschläge, zur Finanzierung von Terrorismus und Geldwäsche und zur Bekämpfung des nuklearen Terrorismus.

Wie Kohona gegenüber IPS betonte, gibt es zudem eine Vielzahl weiterer Mechanismen, die die UN umgesetzt haben, um gegen die Geißel Terrorismus vorzugehen. Dazu gehörten verbindliche UN-Sicherheitsratsresolutionen, Kapitel VII der UN-Charta, verschiedene Gremien sowie regionale und bilaterale Instrumentarien. Außerdem hätten die Staaten damit begonnen, im Kampf gegen den Terror stärker zu kooperieren.

"Es ist zudem nicht zu übersehen, dass einige Länder einen höheren Grad an Selbstvertrauen entwickelt haben, um mit der Bedrohung allein fertig zu werden", fügte Kohona hinzu. Gleichwohl betonte er den Nutzen, den ein umfassendes Abkommen im Kampf gegen den Terror haben würde. "Das CCIT wäre nicht nur eine Klammer für alle anderen Anti-Terrorinstrumentarien", sagte er. "Es würde zudem den politischen Willen der internationalen Gemeinschaft bekräftigen, Terrorakte zu unterbinden." (Ende/IPS/kb/2014)


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http://www.ipsnews.net/2014/01/despite-13-year-deadlock-u-n-makes-headway-fighting-terrorism/

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veröffentlicht im Schattenblick zum 14. Januar 2014