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ORGANISATION/576: UN - Weniger Geld für Alleinerziehende, Mitarbeiter wollen Gehaltskürzungen verhindern (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 15. Oktober 2015

UN: Weniger Geld für Alleinerziehende - Mitarbeiter wollen Gehaltskürzungen verhindern

von Thalif Deen


NEW YORK (IPS) - Ein Korruptionsskandal um einen früheren UN-Spitzendiplomaten hat die Vereinten Nationen erst kürzlich öffentlich in Misskredit gebracht. Nun wird von einer anderen Seite scharfe Kritik laut. UN-Bedienstete protestieren gegen geplante Kürzungen, die größtenteils die unteren und mittleren Gehaltskategorien betreffen sollen.

"Es ist traurig, dass bei den Gehältern von Mitarbeitern, die ihr Leben an vorderster Front riskieren, drastische Einschnitte durchgesetzt werden sollen. Und dies in einem Moment, in dem der ehemalige Vorsitzende der UN-Vollversammlung im Verdacht steht, Schmiergeld in Höhe von einer Million US-Dollar für Rolex-Uhren, Massagen und einen privaten Basketballplatz ausgegeben zu haben", sagte Ian Richards, Chef der Gewerkschaftsverbandes CCISUA, der die Interessen der Mitarbeiter der Weltorganisation vertritt.

John Ashe, der bis 2014 den Vorsitz der Vollversammlung führte und zudem Botschafter des Karibikstaates Antigua und Barbuda war, wurde Anfang Oktober nahe New York festgenommen.

Die aus 15 Mitgliedern bestehende unabhängige 'International Civil Service Commission' (ICSC), die die Arbeitsverhältnisse innerhalb der Vereinten Nationen regelt, hat offenbar bereits neue Gehaltsstrukturen ausgearbeitet. Im November soll der Entwurf dem UN-Haushalts- und Budgetausschuss (auch bekannt unter dem Namen 'Fünftes Komitee') vorgelegt werden.


Alleinerziehenden Mitarbeitern drohen erhebliche Nachteile

"Wir haben ausgerechnet, dass die ICSC-Vorschläge Kürzungen von bis zu zehn Prozent bei Gehältern und Zulagen für Tausende Mitarbeiter vorsehen, die weltweit wichtige humanitäre Arbeit in Krisengebieten leisten", kritisierte Richards. Alleinerziehende Eltern, vor allem Frauen, würden zudem finanziell noch stärker diskriminiert, als dies bereits der Fall sei. Diese Pläne widersprächen völlig dem Daseinszweck der Vereinten Nationen und ließen vermuten, dass intensive Arbeit nicht länger wertgeschätzt werde.

In einer Mitteilung an die Beschäftigten erklärte die Vorsitzende des UN-Betriebsrats, Barbara Tavora-Jainchill, dass das vorgeschlagene 'Kompensationspaket', das derzeit geprüft werde, für alleinerziehende Eltern Gehaltskürzungen nach sich zöge, während hochrangige UN-Beamte, etwa auf dem Rang eines Stellvertretenden Generalsekretärs, mehr verdienen würden.

"Das ist unmoralisch. Wir können diesem unglücklichen Vorschlag nicht zustimmen und werden unser Möglichstes tun, dagegen anzukämpfen", schrieb Tavora-Jainchill.

Am 12. Oktober sagte UN-Generalsekretär Ban Ki-moon vor dem 'Fünften Komitee', er werde seine hochrangigen Manager auch weiterhin dazu auffordern, "neue und bessere Wege zu einer effizienteren Wahrnehmung ihrer Aufgaben zu finden".

Für den Zeitraum 2016 bis 2017 habe er der Vollversammlung zunächst einen Budgetentwurf vorgelegt, der Ausgaben in Höhe von 5,74 Milliarden Dollar vorsehe, sagte Ban. Die Versammlung habe ihn aber aufgefordert, bei der Budgetplanung von einer vorläufigen Schätzung im Umfang von 5,56 Milliarden Dollar auszugehen. Diese Summe liege um 1,6 Prozent - in Zahlen: 90,8 Millionen Dollar - unter dem für den laufenden Zweijahreszeitraum veranschlagten Haushalt und um 0,2 Prozent - 10,2 Millionen Dollar - über der von der Vollversammlung festgesetzten Budgetgrenze.


Einfrieren von Stellen vorgesehen

Laut Ban sieht der neue Entwurf den Wegfall von 56 Arbeitsplätzen vor, insbesondere durch die Nicht-Neubesetzung freiwerdender Stellen.

Viele Mitarbeiter hätten die Ankündigungen wie "einen Schlag in die Magengrube" empfunden, sagte Richards. Allein im Südsudan seien seit dem Beginn der UN-Mission 19 Beschäftigte und ein Mitarbeiter einer privaten Vertragsfirma getötet, 31 verletzt und fünf entführt worden. "Der größte Stressfaktor ist allerdings nicht die Gefahr für Leib und Leben, sondern das Gefühl, nicht unterstützt zu werden."

Tavora-Jainchill sagte IPS, die definitive Entscheidung über das Kompensationspaket werde in der zweiten Dezemberhälfte erwartet.

Bezüglich der Entscheidung des Generalsekretärs, eine Anhörung zu dem jüngsten Korruptionsskandal anzuberaumen, teilte sie den UN-Bediensteten mit, sie rechne nicht damit, dass Unregelmäßigkeiten festgestellt würden. Sobald Finanzmittel in das UN-System gelangten, werde mehrmals überprüft, ob sie gemäß der geltenden Regeln verwendet würden. Deshalb sei zu bezweifeln, dass nun ein Fehlverhalten nachgewiesen werde.

"Die UN-Verwaltung und wir Mitarbeiter sollten uns aber die Frage stellen, wie die Vereinten Nationen in eine Lage geraten konnten, in der fragwürdige Finanzmittel zur Bezahlung von Reisen des Personals oder für Veranstaltungen auf unseren Grundstücken mit Gästen von höchstem Rang verwendet wurden", sagte Tavora-Jainchill. "Und wie ist es möglich, dass die Präsenz nicht-staatlicher Akteure bei offiziellen UN-Treffen so stark einschränkt wird, obwohl Geld von diesen Organisationen ungehindert durch das UN-System zu fließen scheint?"

In den vergangenen Jahren habe sich die UN-Verwaltung bemüht, die Weltorganisation wie ein Privatunternehmen auftreten zu lassen, so die Personalratsvorsitzende. Beschäftigte würden wie ersetzbare Güter behandelt und müssten zudem gemeinsam in Räumen arbeiten, die ihnen nicht die notwendige Privatsphäre für ihre Arbeiten böten. Außerdem würden Finanzmittel aus äußerst fragwürdigen Quellen akzeptiert. "Wir hoffen, dass der Generalsekretär und seine Mitarbeiter gut darüber nachdenken, wie wir in diese traurige Lage gekommen sind und wie wir einen Ausweg daraus finden können." (Ende/IPS/ck/15.10.2015)


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http://www.ipsnews.net/2015/10/u-n-staffers-protest-proposed-pay-cuts-for-some-increases-for-others/

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veröffentlicht im Schattenblick zum 16. Oktober 2015

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