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AGRAR/1542: Ende der Modulation belastet kleinere Betriebe (UBS)


Unabhängige Bauernstimme, Nr. 352 - Februar 2012,
Die Zeitung von Bäuerinnen und Bauern

Ende der Modulation belastet kleinere Betriebe
BMELV: Großbetriebe profitieren sogar mehr, als sie durch Kappung verlieren

von Ulrich Jasper


Laut Berechnungen des Bundeslandwirtschaftsministeriums (BMELV) werden ab 2014 kleinere und mittlere Betriebe erheblich Kürzungen bei den Direktzahlungen tragen müssen, während die Gruppe der Empfänger großer Zahlungsbeträge gewinnen wird. Der Zugewinn an Direktzahlungen für die Großbetriebe wird zusammen sogar höher ausfallen als die geringen Kürzungen, die sie durch die von der EU-Kommission vorgeschlagene Degression ab 150.000 Euro und Kappung bei 300.000 Euro ab dem Jahr 2014 zu erwarten haben. Das geht aus der Antwort des BMELV auf eine Kleine Anfrage des Bundestagsabgeordneten Friedrich Ostendorff (Grüne) hervor. Hintergrund ist, dass die Modulation der Direktzahlungen - wie von der Bundesregierung und dem Deutschen Bauernverband gefordert - Ende des Jahres 2013 abgeschafft wird. Damit endet der in der EU-Agrarreform 2003 beschlossene und 2005 umgesetzte Mechanismus, wonach alle Direktzahlungen der 1. Säule, die 5.000 Euro pro Betrieb und Jahr übersteigen, um einen bestimmten Satz gekürzt werden. Die einbehaltenen Mittel werden automatisch den Fördermaßnahmen der 2. Säule zugeführt. Der Modulationssatz betrug 2005 drei Prozent, er steigt bis 2012 auf 10 Prozent an. Seit der Reform von 2008 werden zudem diejenigen Prämienanteile, die über 300.000 Euro pro Betrieb und Jahr liegen, um zusätzliche 4 Prozent gekürzt.


Staffelung fällt weg

Ab 2014 soll es diese betriebsindividuell berechnete Modulation nicht mehr geben. Statt dessen wird faktisch der Topf für Direktzahlungen der 1. Säule je EU-Staat ab dem Jahr 2014 um den Betrag gekürzt, der über die Modulation im Jahr 2013 zusammenkam und in die 2. Säule verlagert worden ist. Das bedeutet, dass die Zahlungsansprüche generell gekürzt werden, und zwar bei allen Betrieben. Während also bis 2013 die Mittelverlagerung von der 1. in die 2. Säule differenziert vollzogen wird (alle Zahlungen unterhalb 5.000 Euro je Betrieb sind ungekürzt), wird ab 2014 auch bei den ersten 5.000 Euro je Betrieb gekürzt.

Laut BMELV-Antwort führt das zu folgenden Ergebnissen: "Ein 15 Hektar-Betrieb mit rund 5.000 Euro Direktzahlungen im Jahr 2013 würde 2017 rund 11 Prozent seiner Direktzahlungen verlieren, während ein 30 Hektar-Betrieb mit 10.000 Euro Direktzahlungen (vor Modulation) 2017 über 6 Prozent seiner Direktzahlungen einbüßen würde." Dass ab einer gewissen Zahlungshöhe je Betrieb die Belastung allerdings in eine Entlastung übergeht, schreibt das BMELV nicht mehr explizit. Das BMELV schätzt, dass bei den rund 3.800 Betrieben mit über 150.000 Euro Direktzahlungen im Jahr 2013 ca. 165 Millionen Euro Modulationsmittel einbehalten werden. Fällt die Modulation weg, werden diese 165 Millionen Euro eben von allen Betrieben einbehalten.

Interessant dann die Antwort des BMELV auf die Frage, wie hoch die Kürzungen geschätzt werden, die ab 2014 durch die vorgeschlagene Degression ab 150.000 Euro und Kappung bei 300.000 Euro im Jahr zusammenkommen sollen: Das BMELV geht von zwischen einer halben und einer Million Euro Kürzungen aus, wobei "deutlich unter 100" Betriebe letztlich betroffen wären, so das BMELV.


Ausgleich gefordert

Das BMELV hält dennoch an seiner Position fest, den Vorschlag der EU-Kommission zur Deckelung und Kappung nicht etwa verschärfen zu wollen, sondern ganz abzulehnen. Auf der anderen Seite prüft das BMELV aber gemeinsam mit den Agrarministerinnen und -ministern der Bundesländer nach Möglichkeiten, die Mehrbelastung durch Modulationsabschaffung bei den kleineren und mittleren Betrieben auszugleichen: "Die Bundesregierung prüft derzeit verschiedene Modelle, um die durch den Wegfall der Modulation (...) entstehenden Nachteile für die kleineren und mittleren Betriebe auszugleichen. Dazu gehören insbesondere auch Modelle mit einem gestaffelten Zahlungsaufschlag für die ersten Hektare eines Betriebes", so das BMELV. Um das in Deutschland umsetzen zu können, hält das Ministerium Änderungen an den Brüsseler Reform-Vorschlägen für erforderlich. Das Anliegen habe das Ministerium "bereits auf Brüsseler Ebene in die Diskussion gebracht" und werde den Ansatz in den Verhandlungen weiter verfolgen.


Klage beim EuGH

Unterdessen hat ein Großbetrieb mit Unterstützung von Genossenschafts- und Bauernverband gegen die jetzige Modulationsregelung geklagt. Das Verwaltungsgericht Frankfurt/Oder hat Ende 2011 die Klage zur rechtlichen Klärung dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt. Daraufhin ist es für die einzelnen Betriebe ratsam geworden, zur etwaigen Sicherung ihrer Zahlungsansprüche Widerspruch oder - in NRW und Niedersachsen -verwaltungsgerichtliche Klage gegen die Antragsbescheide einzureichen. Auch die AbL hat Betriebe dabei unterstützt, allerdings anders als der Bauernverband nicht mit dem Ziel, den Ansatz der gestaffelten Modulation anzugehen, sondern um den einzelnen Betrieben Rechtsansprüche zu erhalten, die sich aus einer möglicherweise rechtlich unzureichend formulierten Verordnung ergeben könnten.


Zahlungsansprüche pro Arbeitskrafteinheit


Baden-Württemberg
Bayern
Brandenburg
Hessen
Mecklenburg-Vorpommern
Niedersachsen
Nordrhein-Westfalen
Rheinland-Pfalz
Saarland
Sachsen
Sachsen-Anhalt
Schleswig-Holstein
Thüringen
Zahlungsansprüche in Euro
6.305        
7.998        
17.547        
9.274        
25.220        
11.914        
8.876        
5.044        
10.505        
13.683        
24.934        
13.345        
16.190        

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Quelle:
Unabhängige Bauernstimme, Nr. 352 - Februar 2012, S. 5
Herausgeber: Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft -
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veröffentlicht im Schattenblick zum 23. März 2012