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AGRAR/1558: Bundeskabinett beschließt Novelle des Baugesetzbuchs (BMELV)


Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
Pressemitteilung Nr. 198 vom 04.07.12

Bundesministerin Aigner:
"Flächenverbrauch in Deutschland muss deutlich reduziert werden"

Bundeskabinett beschließt Novelle des Baugesetzbuchs



Der Verbrauch von land- und forstwirtschaftlichen Flächen durch neue Bauvorhaben muss künftig deutlich reduziert werden. Dies ist eines der Ziele des neuen "Gesetzes zur Stärkung der Innenentwicklung in den Städten und Gemeinden und weiteren Fortentwicklung des Städtebaurechts", das am Mittwoch vom Bundeskabinett beschlossen wurde.


"Etwa 77 Hektar gehen derzeit in Deutschland täglich durch Baumaßnahmen und Infrastrukturprojekte verloren. Das können wir uns angesichts der großen Herausforderungen an die Landwirtschaft nicht mehr leisten. Boden ist die Bedingung für die Erzeugung unserer Lebensgrundlagen und die Energieversorgung mit nachwachsenden Rohstoffen. Jeder Hektar landwirtschaftlich genutzter Fläche ist kostbar", sagte Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner am Mittwoch in Berlin.

Im Fokus des Gesetzes steht die Stärkung der Innenentwicklung in Städten und Gemeinden. Künftig sollen die Potenziale der Innenentwicklung bei neuen Bauvorhaben besser ausgeschöpft werden. So muss bei der Aufstellung von Bebauungsplänen die Notwendigkeit der Umwandlung landwirtschaftlicher oder als Wald genutzter Flächen begründet werden - und zwar auf Basis der vorhandenen Potenziale der Innenentwicklung, darunter zum Beispiel Brachflächen, Gebäude-Leerstand, Baulücken und anderen Nachverdichtungsmöglichkeiten. Auf diese Weise werden die Gemeinden verpflichtet, alle Möglichkeiten der Innenentwicklung auszuschöpfen, bevor wertvolle Landwirtschafts- oder Forstflächen neu in Anspruch genommen werden. Weiterer Flächenschutz wird darüber hinaus bei den Naturschutzerwägungen innerhalb von Bebauungsplänen eingeführt. Die bereits bestehende Regelung im Bundesnaturschutzgesetz für den nicht verplanten Bereich wird wirkungsgleich auf das Bebauungsplanverfahren übertragen. Damit sollen die Naturschutzstandards auf dem bisherigen Niveau erhalten bleiben und gleichzeitig der Flächenverbrauch auf das absolut notwendige Maß beschränkt. "Mit diesen Maßnahmen schieben wir dem unbedachten Flächenverbrauch einen Riegel vor. Das Prinzip Innenentwicklung vor Außenentwicklung wird fest verankert. Außerdem müssen Flächen, die für die landwirtschaftliche Nutzung besonders geeignet sind, bei der Aufstellung von Bauplänen geschont werden. Auf diese Weise können die Kommunen vor Ort die richtigen Entscheidungen treffen", sagte Aigner.

Weitere Neuregelungen sieht das neue Baugesetzbuch außerdem für den Bau großer gewerblicher Tierhaltungsanlagen im Außenbereich vor. Die Erfahrungen der vergangenen Jahre haben gezeigt, dass es auf Grundlage des geltenden Rechts nicht gelungen ist, die vielerorts damit verbundenen Konflikte zu beseitigen. Daher werden gewerbliche Tierhaltungsanlagen, für die eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem UVP-Gesetz durchgeführt werden muss, im Außenbereich künftig nicht mehr privilegiert sein. Auf diese Weise wird der Bau solcher Anlagen zwar nicht generell ausgeschlossen. Allerdings muss vor der Errichtung ein Bebauungsplan oder ein Vorhaben- und Erschließungsplan erstellt werden. "Wir tragen den vielfach geäußerten Wünschen der Kommunen Rechnung und sorgen dafür, dass die Gemeinden in Zukunft deutlich mehr Einfluss auf die Standortwahl jener Tierhaltungsbetriebe nehmen können, die in der Gesellschaft zu den meisten Konflikten geführt haben. Das ist auch eine Konsequenz aus unserem Diskussionsprozess über die Charta für Landwirtschaft und Verbraucher", sagte Aigner.

Die Privilegierung landwirtschaftlicher Tierhaltungsanlagen bleibt von der Neuregelung unberührt. Zur Erklärung: Landwirtschaftlich im Sinne des Baurechts ist eine Anlage immer dann, wenn das benötigte Futter überwiegend, das heißt mit mehr als 50 Prozent, auf den zum Betrieb gehörenden landwirtschaftlichen Flächen erzeugt werden kann. Bei einer gewerblichen Tierhaltung sind eigene Flächen zur Futtermittelerzeugung nicht im notwendigen Maße vorhanden.


Hintergrundinformation zum Flächenverbrauch in Deutschland

In Deutschland werden rund 50 Prozent der Gesamtfläche landwirtschaftlich genutzt. Boden ist der wichtigste Produktionsfaktor für die Landwirtschaft. Allerdings nimmt die Landwirtschaftsfläche stetig ab. Zwischen 2000 und 2010 gingen den Landwirten in Deutschland rund 409.000 Hektar für die Nutzung verloren. Dieser Rückgang geht in großen Teilen auf die Zunahme der Siedlungs- und Verkehrsfläche zurück, die in den vergangenen Jahren zwar insgesamt rückläufig war, derzeit aber immer noch bei etwa 77 Hektar pro Tag liegt. Dabei sind noch nicht die Flächen mit eingerechnet, die als Ausgleichsflächen der landwirtschaftlichen Nutzung weitgehend entzogen sind. Das Bundeslandwirtschaftsministerium hat sich deshalb mit dem Bundesbauministerium auf einen Vorschlag zur Reform des Baurechts verständigt und dabei vor allem auf die Verringerung des Flächenverbrauchs für Bau- und Verkehrsvorhaben auf Kosten von Agrarflächen gedrängt.

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Quelle:
Pressemitteilung Nr. 198 vom 04.07.12
Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
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veröffentlicht im Schattenblick zum 6. Juli 2012