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INTERNATIONAL/124: Kenia - Oberschicht steigt ab, bezahlbarer Wohnraum wird knapp (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 28. Dezember 2012

Kenia: Oberschicht steigt ab - Bezahlbarer Wohnraum wird knapp

von Miriam Gathigah


Wohnblock in Kileleshwa, einer gehobenen Wohngegend in Nairobi - Bild: © Brian Ngugi/IPS

Wohnblock in Kileleshwa, einer gehobenen Wohngegend in Nairobi
Bild: © Brian Ngugi/IPS

Nairobi, 28. Dezember (IPS) - Obwohl die Geschäfte mit Luxuswohnungen in Kenia einen Boom erleben, können sich selbst die Reichen in dem ostafrikanischen Land nicht mehr die gleichen großzügigen Apartments und Häuser wie früher leisten. Wie Wirtschaftsexperten feststellen, steigen immer mehr Angehörige der Oberschicht in die Mittelschicht ab, die stetig weiter wächst. Der Ansturm auf preiswertere Grundstücke in gehobenen Wohngegenden, wo für Sicherheit und Komfort gesorgt ist, wird immer größer.

Nach Angaben der Afrikanischen Entwicklungsbank hat die Mittelschicht 2010 einen Anteil von etwa 34 Prozent an der Gesamtbevölkerung des Kontinents von fast 350 Millionen Menschen erreicht. 1980 waren dieser Gruppe 126 Millionen Menschen zugerechnet worden, was einem Anteil von 27 Prozent entsprach.

Wie der Wirtschaftsberater Macharia Mwangi erläutert, wird von der kenianischen Mittelschicht erwartet, dass sie in großen Wohnungen lebt und ihre Kinder auf Privatschulen schickt. "Inzwischen ist das nicht mehr der Fall. Die Stadtteile, in denen früher die Mittelschicht lebte, werden inzwischen von der Oberschicht bewohnt, die sich ihren aufwendigen Lebensstil nicht mehr leisten können. Trotz ihres Abstiegs haben diese Menschen aber immer noch ausreichende Mittel, um oberhalb des Durchschnittsniveaus leben zu können."

Demnach zählen mittlerweile auch diejenigen zur Mittelschicht, die teure Autos fahren, ihre Kinder an internationalen Schulen anmelden und Führungspositionen in großen Firmen einnehmen. "Auch wenn sich die Oberschicht abwärts bewegt, will sie immer noch in Apartments leben, die modern und komfortabel sind. Damit sind die Preise für Wohnungen im mittleren Segment inzwischen zu hoch für diejenigen, die bereits der eigentlichen Mittelschicht angehören", meint Mwangi.

Laut dem 'Prime International Residential Index (PIRI) des Immobilienunternehmens 'Knight Frank', der Veränderungen auf dem Luxus-Wohnungsmarkt dokumentiert, liegt Kenia bezüglich des Wachstums und der Profitspannen in diesem Bereich weltweit an der Spitze.


Immobilienpreise in Nairobi schießen in die Höhe

Der Wert der exklusivsten Grundstücke in der kenianischen Hauptstadt Nairobi ist allein 2011 um 25 Prozent gestiegen. An der Küste schossen die Preise um 20 Prozent in die Höhe. Selbst in den teuren Metropolen weltweit wurde eine geringere Teuerung verzeichnet. So erhöhten sich die Preise in Miami um 19,1 Prozent und in London um 12,1 Prozent, während sie in Schanghai sogar um 3,4 Prozent sanken.

Dem Index zufolge ist der durchschnittliche Quadratmeterpreis von Grundstücken in Nairobi mit 1.700 Dollar allerdings niedriger als anderswo auf der Welt. Ausländische Investoren seien wegen der hohen Gewinnspannen dennoch am kenianischen Markt interessiert, geht aus der Auswertung von Knight Frank hervor.

Janet Mundia, Grundstücksbesitzerin in Kileleshwa, einer gehobenen Wohngegend in Nairobi, ist der Ansicht, dass die in Kenia auf dem lokalen Markt angebotenen Luxusapartments nicht den üblichen Standards in dieser Kategorie entsprechen. "Für ein großzügiges Apartment mit zwei Schlafzimmern zahlt man monatlich etwa 1.000 Dollar. Luxuriösere Häuser kosten aber mindestens das Doppelte", erklärt sie. "Diese freistehenden Häuser sind sehr groß und bis ins letzte Detail perfekt. Sie sind bereits vollständig eingerichtet."

Die Preise für Luxushäuser liegen in Kenia bei zwischen 400.000 Dollar und einer Million Dollar. Statistiken der Weltbank und der Zentralbank Kenias (CBK) belegen aber, dass sich nur acht Prozent der 41,6 Millionen Einwohner des Landes einen Wohnungskredit leisten können.

"Für viele Kenianer, die großzügig wohnen wollen, bleibt die Finanzierung ein Problem. Die Kosten für die Aufnahme von Darlehen steigen, während die Grundstückspreise weiter in die Höhe schießen", sagt Andrew Kariuki von der 'Diamond Trust Bank'.

Gute Wohngegenden zeichnen sich wie anderswo auch durch ihre Nähe zu den Stadtzentren aus. "Von den Vierteln, in denen die Ober- und Mittelschicht lebt, ist Nairobi in zehn Minuten zu erreichen. Dort blättert keine Farbe von Häuserwänden, Wachmänner stehen rund um die Uhr am Tor, für alle Mieter sind Parkplätze vorhanden, die sanitären Anlagen funktionieren, und es gibt immer Wasser."

Wie der Wirtschaftsberater erklärt, verdienen Personen, die in solchen Häusern wohnen, monatlich mindestens 1.500 Dollar. In den großen Einkaufszentren in der Nähe finde man auch Banken, Supermärkte, Kinos und Restaurants.


Geldüberweisungen aus dem Ausland ein wichtiger Wirtschaftsfaktor

Die Reichen in Kenia reißen sich um bezahlbare Grundstücke am Rand von Nairobi und bauen sich preisgünstige aber komfortable Häuser. Laut Kariuki leben viele von ihnen im Ausland. Ihre Geldüberweisungen werden viel in Immobilien investiert. Nach Angaben der CBK überwiesen Kenianer, die im Ausland arbeiten, im Jahr 2011 insgesamt 891,1 Millionen Dollar in ihre Heimat. Im Vergleich dazu brachten die Einnahmen aus dem Teeexporten der 'Kenya Tea Development Agency' mit etwa 850 Millionen Dollar deutlich weniger ein.

Wie der Marktforscher Danson Mwangangi feststellt, bildet sich derzeit eine neue Oberschicht, die sich aus im Ausland lebenden Kenianern zusammensetzt. Zu ihnen gehören unter anderem Diplomaten, Geschäftsführer multinationaler Konzerne und organisierte Kriminelle, darunter auch Terroristen. "Natürlich gibt es nach wie vor Kenianer, die monatlich 2.000 Dollar Miete zahlen können", sagt Mwangangi. "Die Entwicklung am Markt zeigt uns aber, dass sie immer weniger werden." (Ende/IPS/ck/2012)


Links:

http://www.thewealthreport.net/databank/prime-international-residential-index.aspx
http://www.ipsnews.net/2012/12/kenyas-growing-luxury-housing-market-not-for-locals/

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veröffentlicht im Schattenblick zum 1. Januar 2013