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INTERNATIONAL/182: Israel - Handel mit arabischen Ländern wächst (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 28. November 2013

Israel: 'Geschäft ist Geschäft, Moses ist Moses' - Handel mit arabischen Ländern wächst

von Pierre Klochendler


Bild: © Pierre Klochendler/IPS

Zwischen Haifa und der Grenze zu Jordanien wird eine Bahnstrecke gebaut
Bild: © Pierre Klochendler/IPS

Haifa, 28. November (IPS) - Die durch den Bürgerkrieg bedingte Blockade der syrischen Transitstrecken und die politische Lage in Ägypten drohen die Sicherheit des Suez-Kanals zu beeinträchtigen. Israel arbeitet daher auf Hochtouren daran, wieder eine Drehscheibe für den Schiffsverkehr und ein Knotenpunkt für den Handel in Nahost zu werden.

Während die Regierung tiefgreifende Infrastruktur-Reformen angeht, hoffen israelische Unternehmen auf einen Aufschwung für den Handel mit der arabischen Welt, mit der Israel auf politischer und diplomatischer Ebene über Kreuz liegt.

Im Oktober genehmigte ein Ministerkomitee eines der bisher teuersten Verkehrsprojekte Israels - eine Bahnstrecke für Passagier- und Frachtbeförderung, die den Hafen von Eilat am Roten Meer mit dem Mittelmeerhafen Ashdod verbindet.

Das Verkehrsministerium und die israelische Hafenverwaltung sehen die Bahnstrecke als reelle Alternative zum Suez-Kanal. In diesem Monat wird voraussichtlich auch der Bau von ein oder zwei Containerterminals abgesegnet. Die Containerterminals, die jeweils etwa eine Milliarde US-Dollar kosten sollen, sind Teil der Expansionspläne für die Häfen von Haifa und Ashdod.

Über die drei Seehäfen wickelt Israel mehr als 98 Prozent seines Außenhandels ab. An erster Stelle steht Haifa, wo immer mehr Frachttransporte abgefertigt werden, vor allem Container, Destillate, Getreide und Chemikalien.

Der Bürgermeister von Haifa, Yona Yahav, der gerade seine dritte Amtszeit antritt, betreibt bei der Regierung emsig Lobby-Arbeit, damit seine Stadt Standort des geplanten Terminals wird. "Firmen bevorzugen unseren Hafen aufgrund seiner Lage. Haifa befindet sich im Zentrum", erklärte Yahav in einer Botschaft an internationale Hafenverwaltungen. In der Unruheregion Nahost soll Haifa als 'Fels in der Brandung' wahrgenommen werden.


Weg durch den Suez-Kanal lang und riskant

Obwohl der Welthandel in hohem Maße vom Suez-Kanal abhängt, ist die rund 1.260 Kilometer lange Strecke durch den Kanal bis zum jordanischen Rotmeerhafen Aqaba und dann weiter um die arabische Halbinsel herum bis zu den Golfstaaten, nur mühsam zu bewältigen. Von Haifa bis in den Irak sind es dagegen nur etwa 930 Kilometer.

Shlomi Fogel, Chef von 'Israel Shipyards Port' (ISP) in Haifa und Vertrauter von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, macht Geschäfte mit arabischen Ländern, zu denen Israel keine diplomatischen Beziehungen unterhält. Fogel schwebt eine moderne Alternative zu der alten Seidenstraße vor. Nach seinen Vorstellungen sollte Haifa ein regionaler Umschlagplatz für Waren aus Ost und West werden und sich damit zumindest ansatzweise als Drehscheibe repositionieren.

"Wenn, was Gott verhüten möge, eine Rakete von Dschihadisten ein Schiff auf dem Suez-Kanal treffen sollte, würde die Bergung sechs bis zwölf Monate dauern", argumentiert Fogel. "Wir müssen die instabile Situation für uns ausnutzen und eine alternative Frachtroute von Haifa gen Osten eröffnen."

Andere Schifffahrtsexperten sind jedoch skeptisch. "Haifa und die Schienenstrecke Eilat-Ashdod sind zwar Alternativen, aber nicht einfach zu nutzen", meint Yehuda Hayut, Berater für kombinierte Transporte. "Dazu müssten wir unsere Seehäfen auf ein ganz anderes Niveau heben. Das wird aber nicht geschehen."

Haifa macht sich unterdessen daran, seine Verkehrsinfrastruktur auszubauen. Zufahrtswege im Hinterland werden auf Vordermann gebracht. Eine 67 Kilometer lange Bahnstrecke zwischen Haifa und der israelisch-jordanischen Grenze befindet sich bereits im Bau. In den vergangenen sieben Monaten waren rund 6.000 Lastwagen, vor allem aus der Türkei, Jordanien und Israel, zwischen Haifa und Jordanien gependelt und hatten den Grenzübergang Sheikh Hussein genutzt.


Israelisch-jordanische Freihandelszone

Der 'Jordan Gateway Industrial Park' (JGIP), den Jordanien seit 2002 gemeinsam mit Israel verwaltet, will im Rahmen dieser Projekte als logistischer Umschlagplatz auf jordanischem Staatsgebiet zur Verfügung stehen. Derzeit passieren die Freihandelszone täglich etwa 30 bis 50 Laster. Hauptaufgabe von JGIP ist es, den Waren- und Rohstofftransport von und nach Europa, den Mittleren Osten und Asien zu erleichtern. Geplant ist daher auch eine neue Brücke über den Jordan, die die Sheikh-Hussein-Brücke entlasten soll.

"Für Frieden und Normalisierung brauchen wir die Politik nicht", sagt der israelische Geschäftsführer von JGIP, Yuval Yacobi. "Jordan Gateway gibt israelischen Firmen die Chance, neue Märkte zu erkunden und der arabischen Welt Technologie zu liefern."

Der jordanische Generalmanager der Freihandelszone, Qassem a-Tbaishi, sieht die Freihandelszone, die ein Modell für wirtschaftliche Zusammenarbeit auf regionaler Ebene etablieren und die zugleich die jordanische Wirtschaft fördern will, als Vorbild für andere arabische Staaten, da sie ausländische Investoren anzieht und Arbeitsplätze für die einheimische Bevölkerung schafft.

Das israelische Unternehmen 'Gur Filter' verlagerte seine Produktion 2009 unter dem Namen 'Irbid Filter' in das Industriegebiet. In der Fabrik sind 40 jordanische Arbeiter, zumeist Frauen, beschäftigt. Der israelische Geschäftsführer Yoram Bental sagt, er habe Saudi-Arabien, Bahrain, Abu Dhabi und Dubai besucht. In den arabischen Staaten laute der Firmenname 'Irbid Filter'. "Sie wissen, dass wir ein israelisches Produkt verkaufen, aber niemand spricht darüber."

Auch Fogel hat einen pragmatischen Spruch parat: "Geschäft ist Geschäft, Moses ist Moses." Da es keine eindeutige israelische Friedensvision gibt, setzt er auf den "wirtschaftlichen Frieden." (Ende/IPS/ck/2013)


Links:

http://www.jgip.net/
http://www.ipsnews.net/2013/11/business-business-moses-moses/

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IPS-Tagesdienst vom 28. November 2013
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veröffentlicht im Schattenblick zum 30. November 2013