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MELDUNG/731: Presseerklärung der Vorsitzenden internationaler Wirtschafts- und Finanzorganisationen (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung
Pressemitteilung vom 10. April 2017

Gemeinsame Presseerklärung von Bundeskanzlerin Angela Merkel, des OECD-Generalsekretärs Angel Gurría, der geschäftsführenden Direktorin des IWF Christine Lagarde, des Präsidenten der Weltbankgruppe Jim Yong Kim, des Generaldirektors der ILO Guy Ryder und des Generaldirektors der WTO Roberto Azevêdo anlässlich ihres Treffens am 10. April 2017 in Berlin


Nach einer Zunahme der weltwirtschaftlichen Aktivitäten um 3,1 % im Jahr 2016 wird für dieses Jahr eine Belebung der Weltwirtschaft erwartet. Der IWF hat einen leichten Anstieg des weltweiten Wirtschaftswachstums auf 3,4 % für dieses Jahr und auf 3,6 % für 2018 prognostiziert. In der Eurozone gewinnt die wirtschaftliche Erholung an Dynamik. In den USA dürften die vorgesehenen finanzpolitischen Maßnahmen das Wachstum ankurbeln. Die Schwellenländer tragen weiterhin den größten Anteil zum weltweiten Wirtschaftswachstum bei, stehen jedoch aufgrund externer Faktoren vor Herausforderungen und müssen Maßnahmen ergreifen, um ihre Widerstandsfähigkeit zu erhöhen. Glaubwürdige Strategien sind in einigen Ländern nötig, um die Schuldentragfähigkeit zu gewährleisten, in anderen Ländern, um Anpassungen an geringere Rohstoffeinnahmen vorzunehmen und die Anfälligkeit des Finanzsektors anzugehen. Die ILO erwartet, dass die Zahl der Arbeitslosen 2017 weltweit um 3,4 Millionen steigt.

Im September 2016 korrigierte die WTO ihre Prognose für das Wachstum des Welthandels im Jahr 2016 auf 1,7 %; für 2017 erwartet sie eine Wachstumsrate zwischen 1,8 % und 3,1 %. Die enttäuschenden Wachstumszahlen des Welthandels und die Gefahr zunehmend protektionistischer Tendenzen sind für uns ein deutlicher Anreiz, das internationale Handelssystem noch stärker zu unterstützen. Internationaler Handel und offene Märkte sind notwendig, damit Wachstumsimpulse sich global entfalten, globale Wertschöpfungsketten effizient wirken können und Beschäftigungs- und Konsummöglichkeiten auf breiter Ebene geschaffen werden. Wie in dem heute von WTO, IWF und der Weltbankgruppe veröffentlichten Bericht "Making Trade an Engine for Growth for All" ausgeführt wird, sind wirksame nationale und handelspolitische Maßnahmen von entscheidender Bedeutung, um zu gewährleisten, dass die Vorteile des Handels mehr Menschen zugutekommen.

In der jüngsten Ausgabe des OECD Berichts "Going for Growth" wird hervorgehoben, dass wachstumsfreundliche und die Inklusion erhöhende Politikansätze struktureller Reformen und langfristiger Nachhaltigkeit der öffentlichen Finanzen gestärkt werden müssen. Ein stärkeres Augenmerk auf beschäftigungs- und sozialpolitische Maßnahmen, die darauf abzielen, Wachstum inklusiver zu gestalten, kann dabei helfen, die Erholung zu beschleunigen und sicherzustellen, dass diese alle sozialen Gruppen erreicht.

Unser gemeinsamer Ansatz der internationalen wirtschaftspolitischen Zusammenarbeit hat sich als erfolgreich bewährt und bleibt weiterhin notwendig, um globale Herausforderungen anzugehen, neue Standards zu setzen und Wachstumschancen zu verbessern. Die institutionelle wie auch die informelle Vernetzung von Regierungen, internationalen Organisationen und anderen Akteuren hat sich im Verlauf dieses Prozesses verstärkt. Der deutsche G20 Vorsitz 2017 bietet eine wichtige Gelegenheit, drängende Themen in den Bereichen Wirtschafts-, Finanz-, Klima-, Handels-, Gesundheits-, Beschäftigungs-, Sozial- und Entwicklungspolitik sowie weitere aktuelle globale Herausforderungen anzugehen und gemeinsam darauf hinzuarbeiten, dass die Vorteile der Globalisierung und des technologischen Wandels ausgebaut werden und mehr Menschen zugutekommen. Wir sind bestrebt, eng zusammenzuarbeiten, um die knappen öffentlichen Mittel wirksam zu hebeln, private Finanzmittel zu mobilisieren sowie eine nachhaltige und inklusive wirtschaftliche Entwicklung zu fördern.

Wir begrüßen die laufende Zusammenarbeit zwischen IWF, Weltbank, ILO, OECD und WTO sowie ihre wichtigen Beiträge im Rahmen der G20, insbesondere in folgenden Bereichen:

• Die Digitalisierung ist ein Erfolg versprechender neuer Langzeittrend, der enorme Wachstumspotenziale, aber auch Herausforderungen mit sich bringt. Regierungen und internationale Organisationen entwickeln Strategien, die einen reibungslosen Übergang unserer Volkswirtschaften unterstützen. Wir begrüßen die fortwährenden Bemühungen vieler Länder in diesem Bereich. Um das Produktivitätswachstum anzukurbeln und Vorteile der Digitalisierung zu realisieren, müssen wir jedoch dringend produkt-, arbeitsmarkt- und sozialpolitische Maßnahmen entwickeln, die ein inklusives, von Innovationen getriebenes Wachstum unterstützen, auch in Bezug auf die Schaffung von Beschäftigungsmöglichkeiten für junge Menschen, soziale Eingliederung, die Gleichstellung von Frauen und Männern und den Zugang zu digitaler Infrastruktur. Auch die Verbesserung der Bildungs- und Gesundheitssysteme ist von entscheidender Bedeutung.

• Die strukturellen Veränderungen in den Volkswirtschaften stellen nicht nur eine Umgestaltung der Wirtschaft an sich dar, sondern verändern auch die Arbeitswelt. Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik sollten daher auch Maßnahmen zur Kompetenzentwicklung und der Weiterbildung von Arbeitnehmern während ihres gesamten Berufslebens sowie innovative und flexible Ansätze hinsichtlich der Arbeitsorganisation umfassen. Wir begrüßen die Entwicklung intelligenter, innovativer und flexibler politischer Maßnahmen, mit denen die Bedürfnisse von Arbeitnehmern und Arbeitgebern berücksichtigt und gleichzeitig die Beschäftigung und Einbeziehung von Gruppen gestärkt werden, die im Arbeitsmarkt unterrepräsentiert sind, wie beispielsweise Frauen und junge Menschen. Internationale Kooperationen und Initiativen wie die "The future of work centenary initiative" der ILO sind von grundlegender Bedeutung, um Armut, fortbestehende Ungleichheiten und Arbeitslosigkeit abzubauen und hochwertige Arbeitsplätze hervorzubringen.

• Die Zusammenarbeit und Abstimmung im Bereich der Handelspolitik sind mehr denn je von höchster Wichtigkeit. Wir werden die diesjährige WTO Ministerkonferenz in Buenos Aires intensiv vorbereiten, die zu konkreten Ergebnissen führen und ein deutliches Signal im Hinblick auf die wichtige Rolle des multilateralen Handelssystems im Welthandel aussenden sollte. Die WTO ist von entscheidender Bedeutung, wenn es darum geht, neues Wachstum, Beschäftigung und Entwicklungsmöglichkeiten im globalen Maßstab zu schaffen. Ferner würdigen wir die fortwährenden Bemühungen um den Abschluss neuer bilateraler und regionaler Freihandelsabkommen, die weitere wichtige Instrumente zur Förderung von Wachstums- und Beschäftigungsmöglichkeiten darstellen. Wir treten darüber hinaus für nachhaltige Lieferketten ein und unterstützen die laufenden Bemühungen zur Stärkung von verantwortungsvollem unternehmerischen Verhalten, die sich auf Instrumente wie die OECD Leitlinien für multinationale Unternehmen und die Grundsatzerklärung der ILO über multinationale Unternehmen stützen.

• Die Bekämpfung des Klimawandels und der Schutz begrenzt vorhandener natürlicher Ressourcen bleiben zentrale Themen unserer politischen Agenda. Alle internationalen Organisationen bekennen sich dazu, den Klimawandel zu bekämpfen und grünes Wachstum zu fördern, und arbeiten diesbezüglich im Rahmen ihrer Mandate zusammen. Die deutsche G20 Agenda zielt darauf ab, die nationalen und institutionellen Bemühungen voranzutreiben, um die Klimaschutzfinanzierung zu erhöhen, Investitionen in kohlenstoffarme Technologien sowie das grüne Wachstum zu fördern und die Umwandlung unserer Energiesysteme zu unterstützen. Der OECD Bericht "Growth, Investment and the Low Carbon Transition" ist in dieser Hinsicht sehr wertvoll. Wir begrüßen die frühzeitige Ratifikation des ehrgeizigen Pariser Abkommens und bekennen uns dazu, mit unseren Aktivitäten seine Ziele und seine erfolgreiche und entschlossene Umsetzung zu unterstützen.

• Globale Herausforderungen bedürfen globaler Beachtung, globaler Verantwortung und globaler Lösungen. Mit der Annahme der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung haben die Staats- und Regierungschefs der internationalen Gemeinschaft 2015 ihre gemeinsame Verantwortung bekräftigt, die Zukunftsperspektiven heutiger und künftiger Generationen überall auf der Welt zu verbessern. Weltweit können wir erste ermutigende Schritte zur Umsetzung der Agenda 2030 auf allen Ebenen beobachten. Um diese neue Dynamik zu nutzen, benötigen wir starke multilaterale Institutionen, eine verbesserte Zusammenarbeit zwischen Staat, Zivilgesellschaft und Wirtschaft sowie die dauerhafte politische Verpflichtung zur Umsetzung der nachhaltigen Entwicklungsziele. Die von der deutschen G20 Präsidentschaft auf den Weg gebrachte "Compact with Africa"-Initiative zur Förderung privater Investitionen ist ein konkretes Beispiel für diese übergreifende Zusammenarbeit in der Praxis.

• Die anhaltenden starken Migranten- und Flüchtlingsbewegungen stellen eine große Herausforderung für die internationale Staatengemeinschaft dar. Wir müssen mit dieser Herausforderung im Geiste geteilter Verantwortung umgehen. Wir betonen die Notwendigkeit, die eigentlichen Ursachen der jüngsten großen Migrationsströme anzugehen und die Menschenrechte von Flüchtlingen und Migranten zu schützen. Um Vorteile der Mobilität der Menschen zu realisieren, ist es entscheidend, eine bessere Migrationssteuerung zu erzielen, illegale, von Menschenschmugglern ermöglichte Grenzübertritte durch legale Einreisewege zu ersetzen und die Integration von Migranten und Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt zu fördern. Zu diesen Zwecken begrüßen wir die laufenden VN Prozesse zur Annahme des "Global Compact for safe, orderly and regular Migration" sowie des "Global Compact on Refugees".

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Quelle:
Pressemitteilung Nr. 132 vom 10. April 2017
Presse- und Informationsamt der Bundesregierung
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veröffentlicht im Schattenblick zum 12. April 2017

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