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REDE/479: Bundesminister Brüderle zur Frühjahrsprojektion 2011 der Bundesregierung (BMWi)



Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie - Berlin, 14. April 2011

Wachstum und Widerstandskraft - Frühjahrsprojektion 2011 der Bundesregierung

Rede des Bundesministers für Wirtschaft und Technologie Rainer Brüderle anlässlich der Pressekonferenz zur Vorstellung der Frühjahrsprojektion 2011


Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrte Damen und Herren!

Frühlingszeit ist Aufschwungszeit.

Die Wirtschaft in Deutschland wächst kräftig weiter.

Der Aufschwung ist gefestigt.

Er gewinnt weiter an Breite.

Wir rechnen 2011 mit einem Wachstum des Bruttoinlandsprodukts von 2,6 Prozent.

Damit knüpfen wir an die Erfolge des Rekordjahres 2010 an.

Das konjunkturelle Hoch über Deutschland ist stabil.

Der Blick auf 1 1/2 Jahre christlich-liberale Koalition zeigt:

Schwarz-gelbe Wirtschaftspolitik ist erfolgreich.

Schwarz-gelbe Wirtschaftspolitik wird mit Vernunft betrieben und hat Charakter.

Die Aussichten für 2012 bleiben gut.

Wir rechnen nächstes Jahr mit einem Wachstum von 1,8 Prozent.

Ein Bild passt sehr gut: Der Aufschwung ist wie ein guter Osterzopf.

Je länger er geht, desto breiter wird er.

Besonders deutlich zeigt sich der Erfolg am Arbeitsmarkt.

Der Arbeitsmarkt ist weiter auf Rekordjagd.

Vollbeschäftigung steht nicht mehr nur in den Geschichtsbüchern.

In manchen Regionen haben wir bereits Vollbeschäftigung.

In Bayern und Baden-Württemberg liegt die Arbeitslosigkeit im März bei etwa vier Prozent.

Bundesweit erwarten wir 2011 im Schnitt eine Arbeitslosenquote von 6,9 Prozent.

Damit ist die Drei-Millionen-Grenze geknackt.

Die Zahl der Erwerbstätigen steigt weiter.

In diesem Jahr rechnen wir mit einem Plus von 390 Tausend.

Wir kommen damit auf eine Erwerbstätigkeit von 40,9 Millionen Personen.

So viele Erwerbstätige gab es in Deutschland noch nie.

2012 können nach unseren Schätzungen weitere 240 Tausend Erwerbstätige hinzukommen.

Wir hätten dann 2012 eine Erwerbstätigkeit von 41,1 Millionen.

Die Vorzeichen am Arbeitsmarkt drehen sich um.

In manchen Regionen lassen sich viele Stellen nicht mehr besetzen.

Fehlende qualifizierte Arbeitskräfte werden zunehmend zu einer Bremse für Wohlstand und Wachstum.

Deutschland muss seine Potentiale ausschöpfen.

Wir räumen Beschäftigungshemmnisse für Ältere aus dem Weg.

Wir brauchen eine verbesserte Vereinbarkeit von Beruf und Familie.

Die Ausgaben für Bildung und Forschung werden erheblich erhöht.

Gleichzeitig heißen wir hochqualifizierte Zuwanderer in Deutschland willkommen.

Ab 1. Mai gilt die Freizügigkeit für Arbeitnehmer aus Mittel- und osteuropäischen EU-Ländern.

Deutschland freut sich auf den brain gain.

Ich habe Amtskollegen in Osteuropa, die befürchten bei sich daheim einen brain drain.

Mein Ziel ist: Die deutschen Unternehmen müssen künftig Spitzenkräfte aus aller Welt ohne bürokratische Hemmnisse beschäftigen können.

Wir brauchen in Deutschland Zuwanderung in Qualität.

Die Erfolge am Arbeitsmarkt machen sich bei der Binnennachfrage bemerkbar.

Der Binnenmarkt trägt den Aufschwung.

Schon 2010 hat die Binnennachfrage bereits zwei Drittel zum Rekordwachstum beigetragen.

Für 2011 und 2012 sind es über 80 Prozent, die aus dem Binnenkonsum kommen.

Sie sehen: Es ist der klassische Zyklus.

Die Exporte haben den Zündfunken gegeben.

Konsum und Investitionen ziehen nach.

Die Aufwärtsspirale ist voll im Gang.

Manche erinnern sich noch: Vor einem Jahr sprach etwa der SPD-Vorsitzende von einer Abwärtsspirale mit steigender Arbeitslosigkeit.

Davon ist weit und breit nichts zu sehen.

Wir sind in einer Aufwärtsspirale.

Leistung lohnt sich wieder.

Die Menschen haben wieder mehr Geld in der Tasche.

Die verfügbaren Einkommen steigen in diesem und im nächsten Jahr um jeweils 3,3 Prozent.

Das ist so viel wie seit 10 Jahren nicht mehr.

Der Aufschwung kommt an.

Und auch die Entlastungsmaßnahmen der Bundesregierung sind spürbar.

Wir haben ja im letzten Jahr unter anderem mit dem Wachstumsbeschleunigungsgesetz ein Entlastungsvolumen von 24 Milliarden Euro realisiert.

Das Vertrauen der Menschen in die Zukunft nimmt zu.

Das zeigt sich beim privaten Konsum.

Er dürfte in diesem Jahr real um 1,3 Prozent steigen.

Im nächsten Jahr rechnen wir real mit einem Zuwachs von 1,5 Prozent.

Dennoch dürfen wir nicht übermütig werden.

Unsere Projektion von 2,6 Prozent ist vorsichtiger als andere Prognosen.

Zum Teil steht da schon eine 3 vor dem Komma.

Die Gemeinschaftsdiagnose der Wirtschaftsforschungsinstitute spricht von 2,8 Prozent.

Wir bleiben bei unserem bewährten Vorsichtsprinzip.

Wenn es besser läuft, korrigieren wir gern nach oben.

Wir müssen weiter an den Voraussetzungen für nachhaltiges Wachstum arbeiten.

Das tun wir, indem wir die öffentlichen Haushalte konsolidieren und weiter aus den Konjunkturmaßnahmen aussteigen.

Wir machen den Ausstieg aus der Steinkohleförderung unumkehrbar.

Wir haben ein konsequentes Sparbudget auf den Weg gebracht.

Wir bekommen das Defizit langsam in den Griff.

Sie sehen, dass wir jetzt unter drei Prozent landen.

Interessant fand ich den Appell der Gemeinschaftsdiagnose der Wirtschaftsforschungsinstitute.

Ich zitiere:

"Inflationsbedingte Steuererhöhungen müssen vermieden werden."

Das bedeutet: Die Menschen verdienen mehr im Aufschwung.

Davon nimmt ihnen die kalte Progression aber überproportional viel weg.

Das ist dann nichts anderes als eine Steuererhöhung.

Diese Steuererhöhungen dürfen wir nicht zulassen. Da müssen wir gegensteuern.

Dazu braucht man sicherlich eine kluge Gegenfinanzierung.

Ich sehe Entlastungspotential zum Beispiel bei der Bundesagentur für Arbeit.

Das erlaubt uns die hervorragende Arbeitsmarktentwicklung.

Meine Kollegin von der Leyen hat dazu schon erste Vorschläge auf den Tisch gelegt.

Das ist eine gute Ausgangsbasis.

Wir können aber noch mehr machen, etwa im Bereich der Weiterbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen.

Wir könnten auch über eine Art Schuldenbremse bei der BA nachdenken, wie wir sie auch für den Bundeshaushalt entwickelt haben.

Sie sehen also: Schwarz-Gelb konsolidiert.

Schwarz-Gelb will entlasten.

Andere wollen in die entgegengesetzte Richtung gehen: Mehr Staat, mehr Steuern, mehr Schulden.

Das zeigen etwa die Pläne der SPD, die eine Bürgerzwangsversicherung vorschlägt.

Damit wird Arbeit deutlich teurer.

Das gefährdet letztlich Arbeitsplätze.

Meine Damen und Herren,

Wir machen Deutschland fit für die Zukunft.

Gleichzeitig nehmen wir die Sorgen der Bevölkerung ernst.

Ich denke dabei zum Beispiel an die Ängste mancher Menschen vor einer Geldentwertung.

Die Preisstabilität ist ein hohes Gut.

Ich sehe kurzfristig keine akute Inflationsbedrohung.

Für Deutschland erwarten wir in diesem Jahr eine Teuerung von 2,4 Prozent.

Haupttreiber sind dabei die Energiekosten.

Wir haben bei unserer Projektion ein Niveau von 115 US-Dollar pro Barrel Rohöl im Jahresdurchschnitt 2011 unterstellt.

Das liegt damit rund 45 Prozent über dem durchschnittlichen Ölpreis des vergangenen Jahres.

Meine Damen und Herren,

gleichzeitig gibt es auch positive Tendenzen.

Die jüngsten Tarifverhandlungen zeigen, dass verantwortlich gehandelt wird.

Auf der einen Seite geht es um die berechtigten Lohninteressen der Arbeitnehmer.

Auf der anderen Seite dürfen die Kosten für die Unternehmen nicht explodieren.

Das zeigt, dass wir so genannte Zweitrunden-Effekte derzeit nicht befürchten müssen.

Dennoch müssen wir wachsam sein.

Auch die Inflationserwartungen in der Bevölkerung haben merklich zugenommen.

Dazu hat die weltweit kräftige Liquiditätsvermehrung auch beigetragen.

Die EZB hat letzte Woche mit der Anhebung des Leitzinses von 1,0 auf 1,25 Prozent einen - meine ich - angemessenen Schritt getan.

In Deutschland gehört die Stabilität unserer Währung zur Staatsräson.

Das ist auch eine Frage der sozialen Gerechtigkeit.

Ich sage klar: Solidarität kann keine Einbahnstraße sein.

Das sage ich auch mit Blick auf Portugal.

Die Wettbewerbsfähigkeit Portugals muss deutlich gestärkt werden.

Da liegen die Hauptursachen der gegenwärtigen Misere.

Portugal braucht einen strikten Plan, wie die öffentlichen Haushalte gesunden können.

Vielleicht ein paar Worte zu Japan:

Deutschland und Japan sind realwirtschaftlich nicht sehr eng verflochten.

Die Folgen der Katastrophe in Japan halten sich deswegen für die deutsche Wirtschaft in Grenzen.

Der Anteil deutscher Exporte nach Japan an Gesamtexporten liegt bei 1,4 Prozent, der Anteil Japans an den Einfuhren liegt bei etwas über Prozent.

Das ist keine hohe Intensität.

Auch bei einer Ausweitung der Krise wären für unsere Wirtschaft die Folgen verkraftbar.

Wir wünschen unseren japanischen Partnern und Freunden, dass sie das gut überstehen.

Sie sehen: Deutschland ist ein verlässlicher und starker Partner.

Deutschland hat eine starke Substanz.

Deutschland hat Kraft und Ausdauer.

Wir bringen unsere Wirtschaftskraft international positiv ein.

Wir sind ein Stabilitätsanker.

Für den Welthandel haben wir übrigens für 2011 und 2012 ein Wachstum von 6 1/2 Prozent unterstellt.

Wir rechnen damit, dass dieses Jahr die deutschen Exporte um rund 7,5 Prozent steigen.

Im nächsten Jahr werden es nach unserer Einschätzung 6,5 Prozent sein.

Auch unsere Handelspartner in der Welt profitieren von unserer Exportstärke.

Denn was wir exportieren, wird weitgehend vorher importiert.

Wir brauchen zum Beispiel Rohstoffe.

Man kann über den Daumen gepeilt sagen: Exportgütern im Wert von 100 Euro werden Importe im Wert von über 40 Euro gegengerechnet.

Deutschland ist ein starker Impulsgeber.

Das darf man bei allen Forderungen nach einer weiteren Stärkung der Binnennachfrage nicht vergessen.

Wir brauchen keinen festen Zielwert für unsere Leistungsbilanz.

Unsere Unternehmen sind aus eigener Kraft so wettbewerbsfähig.

Die Innovationskraft und das Leistungsspektrum der Unternehmen bestimmt ihren Erfolg auf den Weltmärkten.

Erfreulich ist, dass sich das auch deutlich beim Blick auf die Ausrüstungsinvestitionen zeigt.

Sie wachsen in diesem Jahr mit 10,7 Prozent deutlich.

Auch im nächsten Jahr rechnen wir mit kräftigen Investitionen in Höhe von 8,8 Prozent.

Die deutschen Unternehmen legen damit selbst die Grundlage für einen nachhaltigen Aufschwung.

Meine Damen und Herren,

Sie sehen: Das ist eine gute Entwicklung.

Deutschland fährt mit Tempo 130 zügig auf der Autobahn.

Bis 2015 rechnen wir im Schnitt mit einem tatsächlichen Wachstum um 1,8 Prozent pro Jahr.

Das ist das Ergebnis einer erfolgreichen Wirtschaftspolitik.

Es wird weiter produziert.

Es wird weiter investiert.

Es wird weiter eingestellt.

Der Aufschwung bleibt in der Spur - die Wirtschaftspolitik des Landes und der Wirtschaftsminister auch.


Weiterführende Informationen

Brüderle: "Dynamisches Wachstum stärkt Kaufkraft und Arbeitsmarkt"
http://www.bmwi.de/BMWi/Navigation/Presse/pressemitteilungen,did=386598.html

Zur Rubrik Projektionen der Bundesregierung
http://www.bmwi.de/BMWi/Navigation/Wirtschaft/projektionen.html

Zur Rubrik Konjunktur
http://www.bmwi.de/BMWi/Navigation/Wirtschaft/konjunktur.html


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Quelle:
BMWi-Pressemitteilung vom 14. April 2011
Herausgeber: Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie
Pressestelle des BMWi
Telefon: 03018-615-6121 oder -6131
E-Mail: buero-L2@bmwi.bund.de
Internet: http://www.bmwi.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 16. April 2011