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ROHSTOFFE/091: USA - Verbot von Handel mit "Blutmineralien" (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 10. Januar 2014

USA: Verbot von Handel mit 'Blutmineralien'

von Carey L. Biron


Bild: © Tommy Trenchard/IPS

Vom Blutdiamanten zum Rohstoff, der in Sierra Leone Arbeitsplätze schafft
Bild: © Tommy Trenchard/IPS

Washington, 10. Januar (IPS) - In den USA nimmt der Kampf gegen die industrielle Verarbeitung sogenannter 'Blutmineralien' immer weiter an Fahrt auf. So hat der Computerchip-Hersteller 'Intel' die Herstellung des weltweit ersten Mikroprozessors angekündigt, der frei von Rohstoffen ist, deren Erlöse bewaffnete Konflikte in der afrikanischen Region der Großen Seen befeuern.

Für die Fortschritte im Kampf um die Verwendung 'sauberer' Bodenschätze wird nicht zuletzt die Neuregelung 'Section 1502' verantwortlich gemacht, die alle börsennotierten US-Unternehmen künftig dazu zwingt, ihre Produkte von Konfliktmetallen zu säubern. Ab Juni 2014 müssen die Firmen die Herkunft der von ihnen verwendeten Mineralien aus Zentralafrika offenlegen. Für kleinere Firmen gilt eine längere Frist.

Allerdings wollen die US-Handelskammer, der Industrieverband NAM und die Lobbygruppe 'Business Roundtable' die neuen Auflagen mit Hilfe eines Washingtoner Gerichts kippen. Sie halten Section 1502 für finanziell unzumutbar und einen Verstoß gegen das in der Verfassung verbriefte Recht auf freie Meinungsäußerung. Den eigenen Angaben zufolge sind sie nicht grundsätzlich gegen die Neuregelung, fordern aber Nachbesserungen und die Zulassung von Ausnahmen.

Organisationen, die sich seit langem für mehr Transparenz in den globalen Zulieferketten stark machen, sind jedoch zuversichtlich, dass die juristischen Schritte ins Leere laufen werden. "Die Regelung hat bereits zu Reformen des Handels mit Mineralien in der Region der Großen Seen geführt", meinte Carly Oboth von der Anti-Korruptionsorganisation 'Global Witness'. Sie werde US- und kongolesische Firmen nötigen, ihre Lieferketten angemessen zu überwachen und sich beim Ankauf von Rohstoffen verantwortungsvoller zu verhalten.


Zunehmender Verzicht auf Blutmineralien

Laut der Beratungsfirma 'Claigan' konnten im September 2013 mehr als 2.900 Unternehmen identifiziert werden, die bereits Programme zur Verhinderung des Handels mit Blutmineralien eingeführt haben. Ungeachtet des am 7. Januar eingeleiteten juristischen Verfahrens gegen Section 1502 haben viele Firmen bereits vor Einführung der Meldefrist am 31. Mai 2014 öffentlich dargelegt, dass eine Umsetzung der Regelungen für sie möglich ist.

Bezugnehmend auf das jüngste juristische Verfahren gegen Section 1502 erklärten die Befürworter der Neuregelung, dass die US-Börsenaufsichtsbehörde SEC über diese Fragen bereits ausführlich beraten habe. "Wir stehen voll und ganz hinter der Position von SEC, die den Sachverhalt eingehend untersucht haben dürfte, bevor sie die Vorschriften zu den Konfliktmineralien angenommen hat", sagte Julie Murray, die 'Amnesty International' berät. Die Menschenrechtsorganisation tritt vor Gericht für die Beibehaltung von Section 1502 ein.

"SEC hat etwa 13.000 Zuschriften erhalten, in denen eine zügige Annahme der Regelung gefordert wurde. Wir meinen, dass die Kommission bei ihrer gründlichen Überprüfung die Bedenken der Unternehmen berücksichtigt hat und nun bemüht ist, die Umsetzung der Vorschriften kostengünstiger und einfacher zu machen", erklärte Murray.

Das Revisionsverfahren folgt auf einen eindeutigen Gerichtsbeschluss vom Juli 2013, der Section 1502 aufrechterhält. Die Regelung hatte bereits 2010 die Zustimmung des Kongresses erhalten, konnte aber erst im vergangenen Jahr fertiggestellt werden.

Von zentraler Bedeutung für die Entscheidungsfindung des Washingtoner Gerichts werden Schätzungen von SEC hinsichtlich der finanziellen Belastungen sein, die Unternehmen durch die Auflagen von Section 1502 entstehen könnten. Die Kosten werden anfangs auf mindestens vier Milliarden Dollar beziffert und später auf jährlich 200 Millionen bis 600 Millionen Dollar. Nach Ansicht von Murray werden sich die Erfahrungen der Unternehmen, wie sie ihre Kosten am besten senken können, rasch finanziell auszahlen.

Am 7. Januar meldeten jedoch zwei der drei Richter Bedenken gegen mehrere Passagen von Section 1502 an. Sie erklärten, die Regelung könnte einen Präzedenzfall schaffen, und stellten sogar die Zuständigkeit des zugrundeliegenden Gesetzes in Frage.

2009 hatte der UN-Sicherheitsrat formell bestätigt, dass die Einnahmen aus dem Handel mit Mineralien mehreren bewaffneten Gruppen im Osten der Demokratischen Republik Kongo in die Hände spielten. Zu den größten Abnehmern von Mineralien wie Zinn, Gold, Coltan und Wolfram gehört die Elektronikindustrie.

Befürworter von Section 1502 erklärten, dass viele Unternehmen aus Image- und finanziellen Gründen inzwischen ein wachsendes Interesse daran zeigten, die Regelungen einzuhalten. Intel wird dabei zugutegehalten, eine beispiellose Anstrengung unternommen zu haben, um seine globale Zulieferkette von den beanstandeten Mineralien zu säubern.

"Wir sahen uns dazu verpflichtet, Veränderungen in unserer Zulieferkette vorzunehmen, um zu gewährleisten, dass unser Unternehmen nicht unabsichtlich Gräueltaten gegen die Menschlichkeit in der Demokratischen Republik Kongo finanziert", sagte Intel-Geschäftsführer Brian Krzanich am 6. Januar.


Druck auf Juweliere und Luftfahrtkonzerne

Unabhängige Beobachter sehen nun auch andere Unternehmen in der Pflicht. "Im Zusammenhang mit Gold müssen jetzt insbesondere Juweliere aktiv werden", sagte Sasha Lezhnev vom 'Enough Project'. "Auch Luftfahrtkonzerne müssen größere Anstrengungen unternehmen.

Der Aktivist, der kürzlich die Demokratische Republik Kongo besuchte, konnte dort nach eigenen Angaben feststellen, dass den bewaffneten Gruppen durch Section 1502 die Finanzmittel entzogen werden. In den Bergbaugebieten seien diese Kämpfer inzwischen weniger präsent als früher. "Für geschmuggelte Mineralien wird nur noch etwa ein Drittel des Preises erzielt, der für zertifizierte Mineralien gezahlt wird. Dies dürfte ein großer Anreiz sein, um einen von Konfliktmineralien freien Handel zu schaffen." (Ende/IPS/ck/2014)


Links:

http://www.amnesty.org/en/news/usa-reject-legal-threat-lifesaving-conflict-minerals-rule-2014-01-06
https://ecf.dcd.uscourts.gov/cgi-bin/show_public_doc?2013cv0635-37
http://www.globalwitness.org/
http://www.enoughproject.org/
http://www.nam.org/
http://businessroundtable.org/
http://www.ipsnews.net/2014/01/despite-legal-attacks-conflict-minerals-ban-gets-stronger/

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 10. Januar 2014
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veröffentlicht im Schattenblick zum 11. Januar 2014