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UNTERNEHMEN/2714: HeidelbergCement muss Völkerrecht achten (Kritische Aktionäre)


Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre e.V.
Pressemitteilung vom 8. Mai 2018

HeidelbergCement muss Völkerrecht und OECD-Leitsätze einhalten


  • Kritische Aktionäre und pax christi fordern Trennung vom Westbank- Geschäftsbereich
  • Südostasien-Informationsstelle und Watch Indonesia! fordern Einstellung des Vorhabens der Zementfabrik in Pati
  • Kritische Aktionäre: HeidelbergCement muss zu umstrittener Fabrik in der Westsahara Stellung beziehen

Der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre, pax christi, die Südostasien-Informationsstelle und Watch Indonesia! verlangen von HeidelbergCement die Achtung und Umsetzung internationalen Rechts wie auch der OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen von 2011 - auch um weiteren Schaden vom Unternehmen fernzuhalten.

Völkerrechtswidrige Geschäftstätigkeit im Westjordanland

Bei der Hauptversammlung von HeidelbergCement am 9.5.2018 fordern der Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre und die Kommission Nahost der katholischen Friedensbewegung pax christi - Deutsche Sektion sowie pax christi Baden-Württemberg die unverzügliche Trennung von dem Geschäftsbereich von Hanson Israel, der in der Westbank liegt.

Für den Dachverband und als Sprecher der pax christi-Kommission Nahost weist Dr. Manfred Budzinski darauf hin, dass das bereits auf der Hauptversammlung 2016 angekündigte Ende der Lizenz im Steinbruch Nahal Raba für 2017 bislang nicht in die Praxis umgesetzt wurde.

"HeidelbergCement unterstützt durch seine Geschäftstätigkeit im Westjordanland einen Völkerrechtsbruch. Laut Koalitionsvertrag 2018 widerspricht die aktuelle Siedlungspolitik Israels geltendem Völkerrecht. Die Trennung von diesem Geschäftsbereich von Hanson Israel ist unausweichlich!", fordert Budzinski. "HeidelbergCement muss umgehend seine Geschäftsbeziehungen und Normen mit den Menschenrechten und dem humanitären Völkerrecht in Einklang bringen."

Die Geschäftstätigkeit im Westjordanland schadet HeidelbergCement. Im Herbst 2017 schloss der drittgrößte dänische Pensionsfonds Sampension HeidelbergCement aus seinem Portfolio wegen Investments in den illegalen israelischen Siedlungsaktivitäten aus. Es ist mit großer Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass das Unternehmen noch im Laufe dieses Jahres in die "Negativliste" des UN-Menschenrechtsrats aufgenommen wird. Die Konsequenz: ethische Fonds würden nicht mehr in das Unternehmen investieren.

Keine Achtung indigener Rechte in Indonesien

Auch in Indonesien werden OECD-Leitsätze und UN-Richtlinien verletzt, wie Dr. Yvonne Kunz von Watch Indonesia!, betont. Am Kendeng-Karstgebirge in Zentraljava, Indonesien, einem nach nationalem Recht ursprünglich geologischem Schutzgebiet, will die Tochterfirma Indocement ein Zementwerk errichten. "Das Vorhaben würde massiv in den hydrologischen Kreislauf eingreifen. Deswegen protestiert die Lokalbevölkerung seit Jahren energisch gegen das Vorhaben.", so Mokh Sobirin von der indonesischen Umweltschutzorganisation Desantara, der auf der Aktionärsversammlung 2018 zum Fall Kendeng sprechen wird.

HeidelbergCement hat sich dazu verpflichtet, einen Beitrag zum wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Fortschritt im Hinblick auf die angestrebte nachhaltige Entwicklung zu leisten und die international anerkannten Menschenrechte der von ihrer Tätigkeit betroffenen Personen zu respektieren. In Zentraljava wäre das Gegenteil der Fall. Die Umsetzung des geplanten Vorhabens würde einer indigenen Gruppe die Lebensgrundlage entziehen. Die Rechte der indigenen Gruppen auf ihr Land, ihre Gebiete und ihre Ressourcen müssen geachtet werden.

Gunarti, ein Mitglied der indigenen Gemeinschaft, war deswegen im vergangen Jahr nach Deutschland gereist um die Aktionärinnen und Aktionäre bei der Versammlung in Heidelberg zu den verheerenden Folgen des Projekts zu informieren. Sie schrieb hierzu Anfang 2018 in einem Brief an den Vorstandsvorsitzenden von HeidelbergCement, Herrn Dr. Scheifele, sowie an die Aktionärinnen und Aktionäre von HeidelbergCement: "Die Zementfabrik, die ihr in Pati/Zentraljava zu errichten plant, bedroht tausende Hektar Land, hunderte Wasserquellen und die Lebensgrundlage von Millionen von Menschen. Wie viele Opfer soll es noch geben? Habt ihr jemals darüber nachgedacht? Wie würdet ihr euch fühlen, wenn dieses Schicksal euren Familien drohen würde?"

Intransparenz bei Zementwerk in besetzter Westsahara

In der Westsahara sorgt ein weiteres Zementwerk von HeidelbergCement für völkerrechtliche Bedenken. Seit vier Jahrzehnten hält Marokko Teile des Gebiets der Westsahara besetzt. Die Hälfte der Bevölkerung des Gebiets ist nach der Besetzung geflohen. Kein Staat der Welt erkennt daher Marokkos Besetzung an, auch der Internationale Gerichtshof hat erklärt, dass Marokko kein Recht auf dieses Land hat. Mehr als 100 UN-Resolutionen fordern das Selbstbestimmungsrecht der Bevölkerung Westsaharas ein.

"HeidelbergCement scheint sich nicht um die Rechte der Menschen in der Westsahara zu kümmern", kritisiert Khadja Bedati von der Sahraouischen Jugend. Wenige Kilometer außerhalb der Hauptstadt Westsaharas betreibt eine Tochtergesellschaft von HeidelbergCement eine Zementfabrik. Die Fabrik befindet sich im Besitz von Ciments du Maroc (CIMAR), die über eine italienische Tochtergesellschaft, Italcementi, Teil des deutschen Konzerns ist.

"Es ist unklar, ob HeidelbergCement von der rechtmäßigen Vertretung der Bevölkerung der Westsahara die Zustimmung erhalten hat, im besetzten Gebiet operieren zu dürfen", so Bedati weiter. Bislang haben weder HeidelbergCement noch Italcementi auf die Bemühungen der Organisation Western Sahara Resource Watch reagiert, die rechtliche Situation zu klären.

"Es ist nicht hinnehmbar, dass HeidelbergCement nicht umgehend die Legalität einer seiner Zementfabriken nachweisen kann. Es scheint vielmehr so, als ob HeidelbergCement nichts von seiner im besetzten Gebiet betriebenen Zementfabrik wüsste", so Bedati weiter. Auf ihren Webseiten und in Berichten platzieren HeidelbergCement und seine Tochtergesellschaften das Zementwerk El Aaiún systematisch im falschen Land und behaupten, es befinde sich in Marokko", begründet Bedati ihre Kritik an HeidelbergCement.

Der Dachverband der Kritischen Aktionäre hat aus oben genannten Gründen für die Hauptversammlung einen Antrag auf Nichtentlastung von Vorstand und Aufsichtsrat gestellt.

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Quelle:
Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre
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veröffentlicht im Schattenblick zum 10. Mai 2018

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