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UNTERNEHMEN/2271: Bosch mit seinen MEMS-Sensoren Weltmarktführer (Gerhard Feldbauer)


Bosch mit seinen MEMS-Sensoren Weltmarktführer

- In 16 Jahren zwei Milliarden gefertigt
- Hauptnutzer Automobil- und Konsumelektronik-Industrie

von Gerhard Feldbauer, 22. Dezember 2011


Seit dem Produktionsstart vor 16 Jahren hat Bosch zwei Milliarden seiner bewährten MEMS-Sensoren (Micro-Electro-Mechanical Systems) gefertigt und ist damit unangefochtener Weltmarktführer. Eine Milliarde wurde davon in den letzten drei Jahren produziert. Wie das Technologieunternehmen berichtet, wachsen die Produktionsmengen weiter. Zuletzt wurden jährlich nahezu eine halbe Milliarde Stück erreicht, das sind pro Arbeitstag mehr als 1,3 Millionen. Hauptabnehmer sind die Automobil- und Konsumelektronik-Industrie. Den Verkauf besorgen die Automotive Electronics und die Tochtergesellschaften Bosch Sensortec sowie Akustica.

In Entwicklung und Produktion mikromechanischer Sensoren zählt Bosch zu den Unternehmen mit der längsten Erfahrung. Von Mitte der 80er Jahre an erschließen die Forscher des Unternehmens die Technologie der Volumen- und Oberflächen-Mikromechanik grundlegend - in der Industrie wird deshalb einer der wesentlichen Bearbeitungsvorgänge "Bosch-Prozess" genannt. Die Bosch-Gruppe umfasst die Robert Bosch GmbH und ihre mehr als 350 Tochter- und Regionalgesellschaften in über 60 Ländern; inklusive Vertriebspartner ist Bosch in rund 150 Ländern vertreten. Seit Produktionsbeginn 1995 wurde der "Bosch-Prozess" zum Schlüssel der Großserienproduktion. Die Forschungsleistungen wurden mit bedeutenden Auszeichnungen gewürdigt: 2007 mit dem Erfinderpreis des Europäischen Patentamtes, 2008 mit dem Deutschen Zukunftspreis für Technik und Innovation des deutschen Bundespräsidenten.


Was MEMS-Sensoren leisten

Die Bosch-Pressemeldung vom 22. Dezember gibt einen informativen vielfältigen Einblick in die technische, innovative und Produktentwicklung der Unternehmensgruppe: MEMS-Sensoren von Bosch erfassen Messgrößen wie Druck, Beschleunigung, Drehrate und Durchflussmenge oder messen die Richtung der Erd-Magnetfeldlinien gleichermaßen präzise wie zuverlässig. Messwertaufnehmer sind Federn, Balken, Gewichte oder Membranen in mikroskopisch kleinen Abmessungen: Die in Silizium-Substrat geätzten Strukturen messen nur tausendstel Millimeter. Weil die mikromechanische Sensorik nur schwache elektrische Signale hervorbringt, haben die Experten im Bauelementegehäuse neben dem Sensor oder teilweise sogar direkt auf demselben Chip meist noch eine Elektronik integriert, welche die kleinen Signale verarbeitet, sie verstärkt oder sie in digitale Daten verwandelt. MEMS-Sensoren können so Steuergeräte direkt mit Messwerten versorgen.


Erstes Anwendungsfeld Automobilelektronik.

Das erste Anwendungsfeld für MEMS-Sensoren war die Automobilelektronik. Während hier die Miniaturisierung der Sensorik nur eine Nebenrolle spielt, zählen vor allem Zuverlässigkeit und Robustheit. Bosch Automotive Electronics hat heute mehrere hundert fahrzeugspezifische Varianten mikromechanischer Sensoren im Programm, die Automobile sauberer und sparsamer, sicherer und komfortabler machen. Jahr für Jahr wachsen die Variantenvielfalt und die Stückzahlen. In einem modernen Automobil sind bis zu 100 dieser Sensoren zu finden - Tendenz steigend. Sie sind beispielsweise die "Sinne" für Einspritzsysteme in Benzin- und Dieselmotoren, sie lösen die Zündung der lebensrettenden Airbags aus oder sind maßgeblich für die Funktion des Schleuderschutzes ESP®.


Consumer-Elektronik

In der Konsumelektronik machen MEMS-Sensoren Mobilgeräte wie Smartphones oder Laptops sicher, benutzerfreundlich und komfortabel. Dabei unterscheiden sich die Ansprüche dieser Branche grundlegend von denen der Automobilindustrie: Handliche Geräte brauchen winzige Sensoren, lange Betriebszeiten setzen minimalen Stromverbrauch voraus - und letztlich: Diese Sensoren müssen kostengünstig sein, um sie millionenfach einsetzen zu können. Die kleinsten MEMS-Sensoren von Bosch Sensortec messen heute zwei Millimeter Kantenlänge und sind weniger als einen Millimeter hoch. Im Stand-by sind sie so genügsam, dass sie gegenüber der Selbstentladung der Batterie nicht mehr ins Gewicht fallen.

In Navigationsgeräten und Handys mit Navigationsfunktion dienen MEMS-Drucksensoren zur sehr genauen Messung von Höhendifferenzen und damit zur Orientierung auch im Innern mehrstöckiger Gebäude. MEMS-Beschleunigungssensoren nutzen Handgesten zur komfortablen Gerätesteuerung, sie schalten Displays lageabhängig zwischen Quer- und Hochformat um, verhelfen Nutzern neuer Spielekonsolen zu beeindruckenden Erlebniswelten und verhindern Datenverluste auf Festplatten, wenn Notebooks herunter fallen.


Messung des Erdmagnetfelds

Jüngste Entwicklung ist ein dreiachsiger MEMS-Magnetfeldsensor, der aus der Messung des Erdmagnetfelds die Himmelsrichtung exakt bestimmt. Damit dieser Digitalkompass auch lageunabhängig genau misst, kompensiert ein mitintegrierter dreiachsiger MEMS-Beschleunigungssensor Schräglagefehler. Die Anwendungsmöglichkeiten dieser Sensorfusion gehen über den klassischen Kompass weit hinaus in Richtung "Augmented Reality". So kann ein mit Digitalkompass ausgestattetes Smartphone bei einer Stadtbesichtigung situationsbezogen Informationen am Display anzeigen, je nachdem, auf welche Sehenswürdigkeit der Besucher mit seinem Mobiltelefon gerade zeigt.

Die Bosch-Tochter Akustia widmet sich dem Spezialgebiet der MEMS-Mikrofone für Consumer-Anwendungen. Merkmale dieser wenige Millimeter großen Schallwandler sind ihre Unempfindlichkeit gegenüber Hochfrequenzsignalen und die Möglichkeit, sie zu Mikrofon-Arrays anzuordnen mit Rauschunterdrückung und steuerbarer Richtcharakteristik. Das Entwicklungspotenzial im Consumer-Markt ist unverändert hoch, in den kommenden Jahren wird daher mit weiteren spektakulären Innovationen auf der Basis von MEMS-Bauteilen zu rechnen sein.


2010 weltweit über 3.800 Patente angemeldet

Die Bosch-Gruppe ist ein international führendes Technologie- und Dienstleistungsunternehmen. In der Kraftfahrzeugtechnik, ihrem größten Unternehmensbereich, erzielte die Gruppe 2010 mit 28,1 Milliarden Euro rund 59 Prozent ihres Umsatzes. 2011 wird ein Umsatz von rund 30 Milliarden Euro kalkuliert. Damit ist das Technologieunternehmen einer der führenden Zulieferer der Automobilindustrie. Die weltweit rund 167.000 Mitarbeiter der Bosch-Kraftfahrzeugtechnik sind in sieben Geschäftsfeldern tätig: Einspritztechnik für Verbrennungsmotoren, Peripherie für den Antriebsstrang, alternative Antriebskonzepte, aktive und passive Sicherheitstechnik, Assistenz- und Komfortsysteme, automobile Information und Kommunikation sowie Dienstleistungen und Technik für das Aftermarket-Geschäft. Von Bosch kommen wichtige Innovationen im Automobil wie das elektronische Motormanagement, der Schleuderschutz ESP® oder die Common-Rail-Dieseltechnik.

Mit Kraftfahrzeug- und Industrietechnik sowie Gebrauchsgütern und Gebäudetechnik erwirtschafteten rund 285.000 Mitarbeiter im Geschäftsjahr 2010 einen Umsatz von 47,3 Milliarden Euro. Für 2011 erwartet das Unternehmen einen Umsatz von mehr als 50 Milliarden Euro und eine Mitarbeiterzahl von gut 300.000 zum Jahresende. Der eingangs erwähnte weltweite Entwicklungs-, Fertigungs- und Vertriebsverbund ist die Voraussetzung für weiteres Wachstum. Im Jahr 2010 gab Bosch 3,8 Milliarden Euro für Forschung und Entwicklung aus und meldete über 3.800 Patente weltweit an.


Wir verweisen auf den Beitrag:
Bosch auf der Tokyo Motor Show
Dr. Bernd Bohr, Chef Kraftfahrzeugtechnik, zur Meisterung der zukünftigen Herausforderungen.
Schattenblick, 4. Dezember 2011


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Quelle:
© 2011 by Gerhard Feldbauer
Mit freundlicher Genehmigung des Autors


veröffentlicht im Schattenblick zum 23. Dezember 2011