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GRUNDGESETZ/060: 2. IT-Gipfel - Zypries für Grundgesetzänderung (BMJ)


Bundesministerium der Justiz - Berlin, 10. Dezember 2007

Zweiter IT-Gipfel: Zypries fordert Grundgesetzänderung


Bundesjustizministerin Brigitte Zypries hat auf dem zweiten Nationalen Informations-Technologie-Gipfel die Bedeutung moderner Informationstechnologien für die Justiz hervorgehoben und eine Änderung des Grundgesetzes vorgeschlagen um die Entwicklung des IT-Standorts Deutschland weiter voranzutreiben.

"Wir müssen die Chancen unseres föderalen Systems nutzen und seine Hindernisse überwinden. Wenn Bund und Länder eine öffentliche Dienstleistung bereitstellen müssen, kann es nicht sein, dass eine kleine Minderheit die gemeinsame Entscheidung verhindert. Deshalb brauchen wir eine Verpflichtung zur Zusammenarbeit und müssen diese Zusammenarbeit institutionalisieren. Wir brauchen gemeinsame Standards, um die dezentralen IT-Systeme zu vernetzen. Die unterschiedlichen IT-Systeme von Bund und Ländern müssen kompatibel und interoperabel sein. Dies wollen wir durch eine neue Regelung im Grundgesetz verbindlich machen", betonte Zypries. "Ich habe deshalb in der Kommission zur anstehenden Föderalismusreform eine Verfassungsänderung vorgeschlagen."

Am IT-Gipfel haben Experten aus der gesamten Justiz teilgenommen und eine positive Zwischenbilanz gezogen.

"Wir wollen uns aber nicht mit dem Erreichten zufrieden geben. Wir werden deshalb die Arbeit des IT-Gipfels für den Bereich Justiz auch im nächsten Jahr fortsetzen. Dabei freue ich mich, dass der dritte IT- Gipfel 2008 in meinem Wahlkreis Darmstadt stattfindet. Es gilt, den Bürgerservice zu modernisieren und den IT-Standort Deutschland insgesamt zu stärken", betonte Zypries.

Die Analyse der Handlungsfelder

Vernetzung wirtschaftsrelevanter Register und Datenbanken durch EU-weite Portalverknüpfung
Juristisches Arbeiten mit elektronischen Akten
Rechtsverbindliche Online-Kommunikation mit der Justiz
E-Justice in Aus- und Fortbildung

Die Bedeutung der IT-Wirtschaft für E-Justice zeigt, dass die Justiz als dritte Gewalt eigenständige und spezifische Anforderungen an die IT stellen muss und dass sich für Deutschland entwickelte Justiz-IT-Lösungen auch für den grenzüberschreitenden Einsatz weiterentwickeln und nutzen lassen.

"Von den neuen technischen Möglichkeiten profitieren Rechtssuchende und Justiz gleichermaßen. Gerichtsinterne Arbeitsabläufe können effizienter gestaltet werden und das ist eine wesentliche Voraussetzung dafür, dass Bürgerinnen und Bürger letztlich schneller zu ihrem Recht kommen", unterstrich die Bundesjustizministerin.

E-Justice auf nationaler Ebene:

Das Bundesjustizministerium und die Justizverwaltungen der Länder haben sich frühzeitig und erfolgreich bemüht, einheitliche Regeln und Verfahren für den elektronischen Rechtsverkehr zu entwickeln. Ergebnis ist ein einheitlicher Datensatz für justizielle Verfahren. Er ermöglicht es den Gerichten, instanzübergreifend elektronisch zu kommunizieren, ohne dass die übermittelten Daten für die elektronische Weiterverarbeitung wieder aufbereitet werden müssen. Schnittstelle zu den Verfahrensbeteiligten ist das Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP). Das EGVP wird mittlerweile nicht nur bei Bundesgerichten zur Abwicklung des elektronischen Rechtsverkehrs eingesetzt, sondern auch bei den Gerichten der Länder.

Am 1. Januar 2007 nahm das elektronische Unternehmensregister seinen Betrieb auf. Damit wird die Unternehmenspublizität deutlich verbessert. Unter www.unternehmensregister.de können wesentliche publikationspflichtige Daten eines Unternehmens online abgerufen werden. Damit gibt es eine zentrale Internetadresse, über die alle wesentlichen Unternehmensdaten, deren Offenlegung von der Rechtsordnung vorgesehen ist, online bereit stehen ("one stop shopping").

Zugleich wurde das deutsche Handelsregistersystem grundlegend modernisiert. Seit dem 1. Januar 2007 sind die Handels-, Genossenschafts- und Partnerschaftsregister auf den elektronischen Betrieb umgestellt. Um die Verwaltung der Register zu beschleunigen, können Unterlagen in Zukunft nur noch elektronisch eingereicht werden. Auch hier wird das EGVP für die Einreichung von elektronischen Anmeldungen genutzt und kommt nahezu flächendeckend in Deutschland zum Einsatz. Weil die Register elektronisch geführt werden, werden Handelsregistereintragungen auch elektronisch bekannt gemacht - eine preiswerte und für jeden Interessenten aus dem In- und Ausland in gleicher Weise leicht zugängliche Form.

Für die zentrale Entgegennahme, Speicherung und Veröffentlichung der Jahresabschlüsse sind nicht mehr die Amtsgerichte, sondern der elektronische Bundesanzeiger (www.ebundesanzeiger.de) zuständig. Damit werden die Gerichte von justizfernem Verwaltungsaufwand entlastet und der elektronische Bundesanzeiger zu einem zentralen Veröffentlichungsorgan für wirtschaftsrechtliche Bekanntmachungen ausgebaut. Ausführliche Informationen sind unter www.bmj.bund.de/ehug erhältlich.

Das Justizkommunikationsgesetz hat bereits vor zwei Jahren die Weichen auf Elektronik in der Justiz gestellt. Gerichte und Verfahrensbeteiligte können seitdem elektronisch kommunizieren, in den Gerichten lassen sich komplett elektronische Akten führen. Elektronischer Rechtsverkehr ist mittlerweile bei allen Gerichten im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Justiz und beim Deutschen Patent- und Markenamt möglich. Auch bei den Gerichten der Länder wird das Angebot zügig ausgebaut.

Unverzichtbar ist seit langem der umfassende Einsatz der Informationstechnik beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA). Unter www.dpma.de können nicht nur nationale, europäische und internationale (PCT) Patentanmeldungen eingereicht, sondern auch Gebrauchsmuster und Marken angemeldet werden. Patentschriften werden unter http://depatisnet.dpma.de vollelektronisch publiziert.

Unter www.gesetze-im-internet.de stellt das Bundesjustizministerium in einem gemeinsamen Projekt mit der juris GmbH Bürgerinnen und Bürger das aktuelle Bundesrecht kostenlos bereit. Auf den Webseiten sind rund 5.000 Gesetze und Rechtsverordnungen des Bundes in der aktuell geltenden Fassung verfügbar.

Darüber hinaus ist in allen Bundesländern das online-Mahnverfahren zugelassen und mit www.justiz.de existiert ein bundeseinheitliches Justizportal, das den Bürgerinnen und Bürgern den Zugang zum Recht und zur Justiz erheblich erleichtert.

E-Justice auf europäischer Ebene

Auch auf europäischer Ebene strebt das Bundesjustizministerium an, grenzüberschreitende justizielle Verfahren durch den Einsatz moderner, standardisierter Informationstechnologien für den Rechtssuchenden zu vereinfachen.

"Die deutsche Justiz hat eine Vorreiterrolle für die grenzüberschreitende Kooperation zwischen den EU-Mitgliedstaaten und der Vernetzung ihrer dezentral geführten Systeme übernommen. Seit Beginn der deutschen Ratspräsidentschaft arbeiten wir am grenzüberschreitenden Einsatz von E-Justice. Die in Europa existierende Vielfalt der Rechtskulturen und Rechtsordnungen und die unterschiedlichen Anforderungen an Technik und Sicherheit werden weiter bestehen. Diese nationalen Lösungen beruhen in aller Regel auf erheblichen finanziellen und personellen Investitionen, die es durch eine Vernetzung europaweit nutzbar zu machen gilt. Aufgrund der föderalen Verfassungsstruktur kann Deutschland seine eigenen Erfahrungen in diese europäische Diskussion einbringen", sagte Zypries.

Die in den Mitgliedsstaaten bereits etablierten Systeme der Informationstechnik verdeutlichen die jeweils speziellen Anforderungen der nationalen Rechtsordnungen.

Erfolgreiches Beispiel für die Koordinierung und Vernetzung von dezentral geführten Systemen ist das Projekt von Deutschland, Frankreich, Spanien, Belgien, der Tschechischen Republik und Luxemburg zur Vernetzung der nationalen Strafregister, das 2006 den Echtbetrieb des elektronischen Datenaustausches aufgenommen hat. Der bisherige Erfolg dieses Projekts beweist, dass es möglich ist, einen schnellen und effizienten grenzüberschreitenden Informationsaustausch zu gewährleisten, ohne die nationalen IT-Systeme wesentlich ändern zu müssen.


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Quelle:
Pressemitteilung vom 10.12.2007
Herausgegeben vom Referat Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
des Bundesministeriums der Justiz
Verantwortlich: Eva Schmierer
Redaktion: Ulf Gerder, Dr. Henning Plöger, Christiane Wirtz
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veröffentlicht im Schattenblick zum 12. Dezember 2007