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MELDUNG/363: Sexualisierte Gewalt - Strafanzeige gegen Kolumbien eingereicht (ECCHR)


European Center for Constitutional and Human Rights e.V. (ECCHR)
Pressemitteilung vom 27. April 2015

Sexualisierte Gewalt im kolumbianischen Konflikt - ein Fall für den Internationalen Strafgerichtshof

ECCHR und kolumbianische Organisationen reichen Strafanzeige gegen Kolumbien ein


Berlin/Bogotá/Den Haag 27.04.2015 - Im bewaffneten Konflikt in Kolumbien wurden allein 2014 im Schnitt jeden dritten Tag zwei Frauen vergewaltigt. Doch kaum ein Fall sexualisierter Gewalt führte bisher zu einer Verurteilung - schon gar nicht, wenn der Täter der Armee angehörte. Damit verwehrt der kolumbianische Staat den Frauen Schutz vor sexualisierten Verbrechen und den Zugang zu Recht, die er laut nationaler und internationaler Gesetze gewährleisten muss. Deswegen hat das European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) mit den kolumbianischen Organisationen Sisma Mujer (Sisma) und Colectivo de Abogados José Alvear Restrepo (CAJAR) heute eine Strafanzeige (Communication) gegen Kolumbien beim Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag eingereicht. Die Organisationen fordern die Anklagebehörde des Gerichts auf, Ermittlungen gegen kolumbianische Tatverdächtige aufzunehmen. "Wenn Kolumbien nicht in der Lage oder nicht willens ist, die Straflosigkeit sexualisierter Gewalt gegen Frauen zu beenden, muss der IStGH eingreifen, so sieht es das Römische Statut für das Weltstrafgericht vor", sagte Wolfgang Kaleck, Generalsekretär des ECCHR.

Für die Strafanzeige haben das ECCHR, Sisma und CAJAR 36 exemplarische Fälle von sexualisierter Gewalt zwischen 2002 und 2011 untersucht. Ihr Fazit: Sexuelle Übergriffe im bewaffneten Konflikt sind keine Einzelfälle, sondern Teil der Militärstrategie und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Die Straflosigkeit der Militärs ist fast uneingeschränkt. "In Kolumbien gibt es zwar Gesetze und Maßnahmen, um die sexualisierte Gewalt gegen Frauen zu beenden, doch der Staat wendet sie nicht angemessen an", sagte Claudia Mejía Duque, Direktorin von Sisma Die Organisationen fordern, dass die Anklagebehörde des IStGH ihren eigenen Vorgaben genügt, da sie 2014 in einem Grundsatzpapier eine "Genderperspektive" und eine "Genderanalyse" für alle Stufen ihrer Arbeit angekündigt hat.

Die drei Menschenrechtsorganisationen gegen davon aus, dass Ermittlungen des IStGH letztlich auch den Friedensprozess in Kolumbien stärken können. "Ein unabhängiges und unparteiisches Vorgehen des IStGH kann weiteren Verbrechen vorbeugen", sagte Luis Guillermo Pérez Casas, Präsident von CAJAR. Auch deswegen müsse die Anklagebehörde Ermittlungen gegen die Hauptverantwortlichen für schwere Menschenrechtsverletzungen wie sexualisierte Gewalt einleiten.

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Quelle:
Pressemitteilung vom 27. April 2015
European Center for Constitutional and Human Rights e.V. (ECCHR)
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veröffentlicht im Schattenblick zum 29. April 2015

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