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VERKEHR/349: Land haftet für schlecht abgesicherten Erdwall - Autofahrer trägt Mitschuld (DAV)


Deutscher Anwaltverein (DAV) - Berlin, 15. April 2010

Ressort: Justiz/Verkehr

Land haftet für unzureichend abgesicherten Erdwall - Autofahrer trägt bei Unfall Mitschuld


Osnabrück/Berlin (DAV). Kommt es im Baustellenbereich einer neuen Fahrbahnstrecke zu einem Unfall, weil sich mitten auf der Fahrbahn ein unzureichend abgesicherter Erdwall befindet, so haftet das betreffende Bundesland. Allerdings muss auch der Autofahrer mit einer Mithaftung rechnen, da er seine Geschwindigkeit den Sichtverhältnissen anpassen muss. Über dieses Urteil des Landgerichts Osnabrück vom 13. Mai 2009 (AZ: 5 O 336/09) berichten die Verkehrsrechtsanwälte des Deutschen Anwaltvereins (DAV).

Beim Bau einer neuen Ortsumgehung wurde eine Abzweigung von der Hauptstraße durch Absperrungen für den normalen Fahrzeugverkehr gesperrt, da diese Abzweigung nach einigen hundert Metern vor dem neuen Streckenverlauf endete. Der Anschluss an die neue Umgehungsstraße fehlte noch. An dieser Stelle befand sich ein durch die Bauarbeiten aufgeworfener Erdwall. Auf das Ende des Teilstücks machte unmittelbar hinter der Abzweigung zur neuen Straße ein Sackgassenschild aufmerksam. Am Vormittag des Heiligabends 2007 entfernten Mitarbeiter der Straßenwachtmeisterei die Absperrung, um landwirtschaftliche Fahrzeuge durchzulassen. Die nunmehr fehlende Absperrung wurde gleich zwei Fahrern zum Verhängnis: Noch am selben Abend übersah ein Autofahrer bei Dunkelheit das Sackgassenschild am Anfang der neuen Teilstrecke und fuhr in den Erdwall. Ähnlich erging es am nächsten Tag dem zweiten Autofahrer, der bei Dunkelheit und Nebel versuchte, dem Erdwall auszuweichen, in den Straßengraben fuhr und sich mit seinem Fahrzeug überschlug. Der Mann erhob daraufhin Klage gegen das Land Niedersachsen und forderte sowohl Schmerzensgeld als auch Schadenersatz.

Das Gericht sah die Klage als teilweise begründet an. Das Land habe in jedem Fall eine Verpflichtung zur Verkehrssicherung. Insbesondere bei Straßenbaustellen müsse für die notwendigen Vorkehrungen zum Schutz der Verkehrsteilnehmer gesorgt werden. Durch ein Warnblinklicht oder Absperrschranken hätte die Gefahrenquelle - also der Erdwall - ohne großen Aufwand deutlich erkennbar gemacht werden können. Auch eine Geschwindigkeitsbeschränkung hätte die Unfallgefahr verringern können. Das Sackgassenschild alleine sei hier nicht ausreichend gewesen, so die Richter. Aber auch der Fahrer trage eine Mitverantwortung: Zum Unfallzeitpunkt war es dunkel, und es herrschte Nebel, er hätte somit den Sichtverhältnissen entsprechend langsam fahren müssen. Nach Überzeugung des Gerichts überwog in diesem Fall die Unaufmerksamkeit des Klägers, er musste zwei Drittel der Haftung tragen, das Land lediglich ein Drittel.

Mehr Informationen zu Haftungsfragen bei Unfällen im Straßenverkehr erhalten Sie direkt von Ihren Verkehrsrechtsanwälten oder unter www.verkehrsrecht.de .


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Quelle:
Pressemitteilung Nr. 16/10 vom 15. April 2010
Pressedienst der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht, April 2010
Deutscher Anwaltverein (DAV)
Pressesprecher Swen Walentowski
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veröffentlicht im Schattenblick zum 21. April 2010