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KIRCHE/1915: Römisch-katholische Kirche und ÖRK - Friedensförderung und Migranten neue Schwerpunkte (ÖRK)


Ökumenischer Rat der Kirchen - Mitteilung vom 19. September 2016

Friedensförderung und Migranten neue Schwerpunkte der römisch-katholischen/ÖRK-Arbeitsgruppe

Teilnehmende des Treffens am Ökumenischen Institut in Bossey.

Deutsche Fassung veröffentlicht am: 21. September 2016


Vertreterinnen und Vertreter der römisch-katholischen Kirche und des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) gehen neue Wege der Zusammenarbeit bei den dringendsten Problemen unserer Zeit.

Die gemeinsame Arbeitsgruppe des ÖRK und der römisch-katholischen Kirche hielt vom 13. bis 17. September ihre jährliche Tagung im Château de Bossey in der Schweiz ab. Die Arbeitsgruppe wurde 1965 gegründet und besteht somit schon seit über 50 Jahren.

Die Gruppe begleitet die Zusammenarbeit der zwei Organisationen in den Bereichen Glauben und Kirchenverfassung, Mission und Evangelisation, Gerechtigkeit und Frieden, ökumenische Ausbildung und interreligiöser Dialog. Außerdem befasst sich die Gruppe mit gemeinsamen theologischen Fragen, wie beispielsweise der Reaktion auf ökumenische Arbeit und ähnliche soziale Fragen.

Zunehmend weitet sich durch die Tagungen nicht nur die Agenda der Arbeitsgruppe, sondern auch die Kooperation auf praktischer Programmebene aus; so arbeiten ÖRK-Programmverantwortliche direkt mit den Dikasterien des Vatikan zusammen.

Die Arbeitsgruppe beschloss, in der aktuellen zehnten Phase ihres Bestehens den Schwerpunkt auf folgende zwei Themen zu legen: Friedensförderung und Dialog in Konfliktgebieten, und die Notlage und Aussichten von Migranten und Flüchtlingen.

Diese Themenbereiche passen gut zu den aktuellen Prioritäten des Vatikans und zum ÖRK-Pilgerweg der Gerechtigkeit und des Friedens.

In dieser Amtszeit probiert die Arbeitsgruppe unter den beiden Co-Vorsitzenden Metropolit Nifon von Targoviste von der Rumänischen Orthodoxen Kirche und Erzbischof Diarmuid Martin, Primas von Irland, außerdem eine neue Arbeitsweise aus, die die Bildung spezifischer Gruppen zu den zwei Hauptarbeitsgebieten beinhaltet.

Die zwei Gruppen sollen nicht nur die jeweilige Situation untersuchen, sondern auch feststellen, "was wir unseren übergeordneten Organisationen in Bezug auf Chancen für ein vertieftes Engagement empfehlen können", so dass ein wirklicher Effekt auf das Leben der Kirche selbst möglich sei, so Erzbischof Martin.

Co-Moderator Metropolit Nifon fügte hinzu: "Auf diese Weise hoffen wir, nicht nur die ökumenische Zusammenarbeit der Kirchen auf lokaler und internationaler Ebene zu beobachten, sondern auch unseren übergeordneten Organisationen Möglichkeiten zur weiteren Entwicklung und Evaluierung zu empfehlen".

Erzbischof Martin stimmte dieser Einschätzung zu: "Die Arbeitsgruppe war sehr erfreut über das Ausmaß der Zusammenarbeit zwischen den Verantwortlichen im ÖRK und ihren Amtskollegen in den Dikasterien der römischen Kurie. Die zukünftige Arbeit der Arbeitsgruppe soll die bestehende ökumenische Kooperation noch weiter vertiefen."

Auf der Tagung in Bossey diskutierten die neugegründeten Gruppen unter anderem über ihre Aufgaben, Methoden und das erwünschte Ergebnis ihrer gemeinsamen Arbeit; die dafür zuständigen Verantwortlichen (darunter jeweils ein Vertreter bzw. eine Vertreterin des ÖRK und der römisch-katholischen Kirche) werden diesen Herbst benannt. Zusätzlich werden die Gruppen auf andere Mitarbeitende und Fachwissen von außen zurückgreifen.

Unter Papst Franziskus hat die Arbeitsgruppe neuen Schwung bekommen. Ein Highlight der Tagung war das Feststellen von Übereinstimmungen zwischen dem Pilgerweg der Gerechtigkeit und des Friedens, dem übergeordneten Thema des ÖRK, und den wichtigsten Schriften des Papstes, insbesondere den Apostolischen Schreiben Evangelii Gaudium und Amoris Laetitia, sowie der Enzyklika Laudato Si' aus dem Jahr 2013.

Auch wenn die römisch-katholische Kirche kein Mitglied des ÖRK ist, ist sie doch in hohem Maß an seinen Programmen, Kommissionen und Initiativen beteiligt.

Die beigeordnete ÖRK-Generalsekretärin Isabel Phiri und weitere ÖRK-Mitarbeiter erklärten in Präsentationen, wie es zum Thema des Pilgerwegs gekommen ist und wie er gegenwärtig umgesetzt wird, und analysierten die gemeinsamen Überzeugungen und Verpflichtungen des Pilgerwegs und der Schriften des Papstes, insbesondere in den Bereichen globale wirtschaftliche und ökologische Herausforderungen.

In weiteren Präsentationen wurden gemeinsame Bemühungen in den Feldern Glauben und Kirchenverfassung, Mission, interreligiöser Dialog, Migranten und Flüchtlinge, Friedensförderung und internationale Angelegenheiten aufgeführt und analysiert.

Erzbischof Martin trug eine kritische Reflexion zum nachsynodalen päpstlichen Schreiben Amoris Laetitia und dessen einzigartigem pastoralen Ansatz in Bezug auf die soziale, ethische und spirituelle Dimension von Familien heute bei.

Ein Thema, das in den Präsentationen häufig erwähnt wurde, ist die enorme Bedeutung von Urteilsbildung. Für eine Hinwendung zu den Bedürfnissen anderer, die die Grundlage kirchlichen Engagements für Gerechtigkeit und Frieden sei, brauche es das Urteilsvermögen von Einzelnen und von den Kirchen, sagte P. John Crossin, Mitglied der Oblaten des heiligen Franz von Sales und der katholischen Bischofskonferenz der USA.

ÖRK-Generalsekretär Pastor Dr. Olav Fykse Tveit sieht die wachsende Beziehung zwischen der römisch-katholischen Kirche und der Gemeinschaft von Kirchen im ÖRK als Zeichen der Hoffnung. Für viele Menschen, die an so vielen Orten unter Ungerechtigkeit, Gewalt und Krieg litten, sei Hoffnung von entscheidender Bedeutung.

In seiner Präsentation erzählte Tveit der Arbeitsgruppe sowohl vom Leid als auch von ermutigenden Erfahrungen, die er auf seinen Reisen nach Nigeria, Burundi, Brasilien, im Nahen Osten und im Südsudan erlebt habe, wo Kirchen häufig in Zusammenarbeit mit anderen Glaubensgemeinschaften neue Initiativen starten und sich für Frieden einsetzen.

Auf Nachfragen betonte Tveit die Bedeutung der Begleitung und gegenseitigen Rechenschaftspflicht der Kirchen auf ihrem Pilgerweg der Gerechtigkeit und des Friedens als Ausdruck der ökumenischen Bewegung: "Der Pilgerweg der Gerechtigkeit und des Friedens ist eine Bewegung der Hoffnung, die uns an Orte bringt, wo wir uns auf unserem Weg begegnen und nach einem gemeinsamen Verständnis als Menschen, als Christen und als Kirchen suchen können."

Angesichts der Qualität der im Rahmen der Arbeitsgruppe entstandenen Beziehungen schloss Tveit: "Möge Gott Ihre Arbeit segnen, weil sie ein Segen für uns ist."

Die Arbeitsgruppe tagte kurz nachdem Christinnen und Christen in der ganzen Welt den Weltgebetstag für die Bewahrung der Schöpfung begangen hatten - eine ökumenische Initiative des Ökumenischen Patriarchen Bartholomäus, die von Papst Franziskus aufgegriffen wurde und mit den ökumenischen Aktivitäten im Rahmen der Initiative "Zeit der Schöpfung" zusammenfiel. Die morgendlichen und abendlichen Andachten der Arbeitsgruppe waren auf diese Themen abgestimmt.


Kommuniqué der Tagung der Gemeinsamen Arbeitsgruppe 2016
http://www.oikoumene.org/en/resources/documents/commissions/jwg-rcc-wcc/communique-of-the-jwg-plenary-meeting-2016) (in englischer Sprache

Neunter Bericht der Gemeinsamen Arbeitsgruppe
http://www.oikoumene.org/de/resources/documents/commissions/jwg-rcc-wcc/ninth-report-of-the-joint-working-group

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Quelle:
Pressemitteilung vom 21. September 2016
Herausgeber: Ökumenischer Rat der Kirchen (ÖRK)
150 rte de Ferney, Postfach 2100, 1211 Genf 2, Schweiz
E-Mail: ka@wcc-coe.org
Internet: www.wcc-coe.org


veröffentlicht im Schattenblick zum 23. September 2016

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