Schattenblick →INFOPOOL →RELIGION → CHRISTENTUM

KIRCHE/561: Huber zum missionarischen Auftrag der Kirchen (EKD)


Evangelische Kirche in Deutschland - Pressemitteilung vom 14.12.2007

"Gott will, dass allen Menschen geholfen werde und sie zur Erkenntnis der Wahrheit kommen"

Der Ratsvorsitzende der EKD, Bischof Dr. Wolfgang Huber, zum missionarischen Auftrag der Kirchen und seiner ökumenischen Dimension


Der Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischof Dr. Wolfgang Huber, nimmt die heute in Rom öffentlich vorgestellte "Lehrmäßige Note zu einigen Aspekten der Evangelisierung" der Kongregation für die Glaubenslehre zum Anlass, zum missionarischen Auftrag der Kirchen und seiner ökumenischen Dimension Stellung zu nehmen. Er hebt dabei die Berührungspunkte zwischen der Haltung der EKD und den Überlegungen der Glaubenskongregation hervor. Er formuliert zugleich ergänzende Überlegungen aus evangelischer Sicht. Seine Erklärung hat folgenden Wortlaut:

"Es gibt nichts Schöneres, als vom Evangelium, von Christus gefunden zu werden. Es gibt nichts Schöneres, als ihn zu kennen und anderen die Freundschaft mit ihm zu schenken."

Dieses Zitat aus der Predigt Papst Benedikts XVI. bei seiner Amtseinführung 2005 prägt die jüngste Verlautbarung der Päpstlichen Glaubenskongregation zu einigen Aspekten der Evangelisierung. Aus evangelischer Sicht kann man diesem Grundton wie auch vielen Aussagen des Textes aus vollem Herzen zustimmen. Dieser Text berührt sich eng mit der Kundgebung, in der die Synode der EKD 1999 den missionarischen Auftrag der Kirche an der Schwelle zum 3. Jahrtausend beschrieben hat: "Alle Bemühungen um den missionarischen Auftrag" - so heißt es am Anfang dieser Kundgebung - "fangen damit an, zu erkennen und zu beschreiben, wie schön, notwendig und wohltuend die christliche Botschaft ist. Sie zielt auf die Antwort des Glaubens."

Die missionarische Aufgabe ist eine gemeinsame Herausforderung unserer Kirchen. Auf diesem Feld wollen wir voneinander lernen und miteinander vorankommen; denn ein Gegeneinander bleibt ohne Segen. Mission und Evangelisation - so stellte die EKD 1999 fest - sind der Herzschlag der Kirche. Evangelisierung wird auch von der Glaubenskongregation als eine Herzensangelegenheit bedacht: Als eine von Jesus selbst ausgehende Sendung richtet sie sich an die Herzen der Menschen. Denn die Heilswahrheit, die in der Evangelisierung weitergegeben wird, ist "nicht nur Gegenstand des Denkens ..., sondern ein Ereignis, das die ganze Person - Verstand, Willen, Gefühle, Tätigkeiten und Pflichten - betrifft." Deswegen vergraben gläubige Menschen den Schatz des Evangeliums nicht in der eigenen Herzenskammer, sondern lassen andere teilnehmen an dem "unschätzbaren Geschenk, in der universalen Gemeinschaft der Freunde Gottes zu leben."

Damit lässt die Glaubenskongregation der römisch-katholischen Kirche keinen Zweifel daran, worum es bei der Evangelisierung geht. Es geht nicht darum, die eigene Institution zu stärken oder "eine Machtgruppe zu vergrößern". Sondern es geht darum, Menschen eintreten zu lassen "in das Netz der Freundschaft mit Christus, das Himmel und Erde sowie verschiedene Kontinente und Epochen miteinander verbindet." Völlig zu Recht werden die Christen dazu ermutigt, ohne Scheu anderen Menschen den eigenen Glauben zu bezeugen und sie dafür zu gewinnen, diesen Glauben auch für sich selbst gültig sein zu lassen. "Dem Menschen ist die Sehnsucht eigen, die anderen an den eigenen Gütern teilhaben zu lassen."

Ganz in diesem Geist bekennen wir gemeinsam: Die "Autorität des bittenden Christus" (Eberhard Jüngel), in dessen Namen allein rechte Evangelisierung geschehen kann, erlaubt keine gewaltsame, aggressive oder autoritäre Missionspraxis. Deswegen spricht die Glaubenskongregation eine gemeinsame Überzeugung aus, wenn sie für die konkrete Gestalt der Evangelisierung jeder Form von Zwang oder Manipulation eine Absage erteilt. Es gilt, in "Respekt vor der Würde und der religiösen Freiheit der Gesprächspartner" die eigene Wahrheit zu bezeugen.

Mit besonderer Aufmerksamkeit werden evangelische Leser feststellen, dass ein eigener Abschnitt ökumenischen Aspekten des Themas gewidmet ist. Zwar beziehen sich die hier formulierten Hinweise, wie Evangelisierung "in Ländern mit alter christlicher Tradition und Kultur" zu geschehen habe, offenbar vor allem auf Länder, in denen überwiegend orthodoxe Christen leben. Aber auch aus einer evangelischen Perspektive ist es sachgemäß, dabei die Achtung der Gewissens- und Religionsfreiheit einzufordern und einen vorschnell erhobenen Vorwurf des "Proselytismus" abzuweisen. Doch die in diesem Zusammenhang von der Glaubenskongregation gemachten Aussagen müssen sich, wenn sie stimmig sind, auch auf Länder mit alter reformatorischer Tradition und Kultur anwenden lassen. In dieser Hinsicht bleiben freilich Unklarheiten und Zweifel.

Zwar werden im Blick auf andere Kirchen sowohl "echter Respekt für ihre Tradition und ihre geistlichen Reichtümer als auch aufrichtiger Wille zur Zusammenarbeit" gefordert. Verdeutlicht wird dies in dem Dreischritt des Zuhörens, der theologischen Diskussion und der Verkündigung des gemeinsamen christlichen Glaubens. Dieser Grundhaltung wird man auch in den Ländern der Reformation gerne zustimmen. Die Folgerungen daraus werden jedoch nur einseitig formuliert. Denn das Augenmerk der Glaubenskongregation gilt allein dem Recht und der Verantwortung dafür, "die Fülle des katholischen Glaubens anderen Christen zu verkünden, die ihn in Freiheit annehmen wollen." Es wird jedoch nicht davon gesprochen, dass dies im Verhältnis der Kirchen zueinander wechselseitig gilt. Weil davon keine Rede ist, entsteht der Eindruck, dass die Päpstliche Glaubenskongregation die ökumenische Dimension des missionarischen Handelns der Kirchen noch nicht vollständig würdigt. In der Kundgebung der Synode der EKD von 1999 heißt es dazu: "Es kommt nicht in erster Linie auf den Mitgliederzuwachs in der eigenen Kirche an, sondern darauf, dass Menschen überhaupt eine kirchliche Beheimatung finden ... Weil wir von der einen Kirche Christi her denken, freuen wir uns auch über das Wachsen anderer christlicher Kirchen."

Für die Richtigkeit:
Pressestelle der EKD
Silke Römhild
Hannover, 14. Dezember 2007


*


Quelle:
Pressemitteilung 276/2007 vom 14.12.2007
Evangelische Kirche in Deutschland (EKD), Pressestelle
Herrenhäuser Straße 12, 30419 Hannover
Telefon: (0511) 2796-268/269/265/267
Fax: (0511) 2796-777
Email: pressestelle@ekd.de
Internet: www.ekd.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 18. Dezember 2007