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BERICHT/098: Von religiös motivierter Gewalt verunsichert (idw)


Universität Erfurt - 26.01.2009

Von religiös motivierter Gewalt verunsichert

Interdisziplinäres Forum Religion der Universität Erfurt diskutierte über "Religion und Gewalt"


Bis in die jüngste Gegenwart hinein begegnet man Konflikten und Auseinandersetzungen, die religiös motiviert sind. Solche Gewalt, gleich im Nahen Osten, auf dem indischen Subkontinent oder in Europa, verunsichert. Produziert Religion Gewalt? Mit dieser Frage hat sich der Studientag des Interdisziplinären Forums Religion an der Universität Erfurt (IFR) am 24. Januar 2009 auseinandergesetzt. Die Erfurter Nachwuchswissenschaftler und Professoren hatten sich mit dem Kirchenhistoriker Prof. em. Dr. Arnold Angenendt, Münster, und dem Religionswissenschaftler Prof. Dr. Hans Kippenberg, Bremen/Erfurt, zwei prominente Diskussionspartner eingeladen. Beide haben sich in letzter Zeit mit größeren Studien zum Thema zu Wort gemeldet. Ihr Fazit: Ein ursächlicher Zusammenhang von Religion und Gewalt ist nicht gegeben. Es ist Aufgabe der Wissenschaft, zu verstehen, in welchen Kontexten Religionen Gewalt "aufladen", um dann zu einer Vermeidung beizutragen.

Auch wenn beide Wissenschaftler von unterschiedlichen Beispielen ausgingen, war ihr Befund doch ähnlich. Hans Kippenberg unterstrich, es sei zwar eine Verbindung zwischen Religion und Gewalt möglich, zwingend sei sie indes nicht. Nach Meinung des Religionswissenschaftlers sind Glaubensaussagen in sich viel zu komplex, als das aus ihnen unmittelbar Handeln erwachsen kann. Menschen handeln entsprechend Definitionen, die sie Situationen geben. In bestimmten gesellschaftlichen Konstellationen könnten Religionsgemeinschaften Gewalt als Gottesdienst verstehen. Das soziale Band religiöser Gemeinschaften werde dann für das Gemeinwesen zur Gefahr. Auch Arnold Angenendt betonte, dass man nur von einer Effektivität von Religion sprechen könne. Diese allerdings müsse nicht zwangsläufig ins Gute gehen. Der Theologe zeigte, wie aus Vorstellungen von Unreinheit Gewalt entstehen kann. Die Motivation für die Kreuzzüge sei gewesen, die heiligen Stätten durch das Blut der Verunreiniger wieder neu zu reinigen. Beide Wissenschaftler waren sich einig, dass sich u.a. Theologie und Religionswissenschaften mit der Dynamik von Religion im Zusammenhang mit Gewalt zuwenden müssen. Diskutiert wurde, ob man mit einem interreligiösen Dialog über die Verbindung von Konflikten mit Religion reagieren oder solche Konflikte aus der Beobachterposition dekonstruieren solle. Beide Perspektiven, so vor allem Angenendt, sollten sich ergänzen. Von Diskussionsteilnehmern wurde auf die religionsinterne Kritik an religiös motivierter Gewalt hingewiesen, die es beispielsweise schon in der Bibel gebe; diese Kritik sei zu nutzen und zu stärken.

Der Studientag des IFR diente der Diskussion neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse und aktueller Forschungsprojekte. Das IFR organisiert die interdisziplinäre Kooperation im Bereich religionsbezogenen Forschung an der Universität Erfurt. Es nutzt die vielfältigen Ressourcen der Universität Erfurt auf diesem Gebiet für eine disziplinenübergreifende Diskussion und die Entwicklung gemeinsamer Forschungsvorhaben.

Weitere Informationen unter:
http://www.uni-erfurt.de/forum_religion/

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/pages/de/institution425


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Universität Erfurt, Jens Panse, 26.01.2009
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 29. Januar 2009