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STANDPUNKT/031: Gerüchte um Geldwäsche und Mafia-Beziehungen der Vatikanbank (Gerhard Feldbauer)


Gerüchte um Geldwäsche und Mafia-Beziehungen der Vatikanbank

Papst Franziskus löst Chef des IOR ab

von Gerhard Feldbauer, 9. Juli 2014



Papst Franziskus scheint Ernst machen zu wollen, mit der Trockenlegung des Sumpfes, in dem die ihm persönlich unterstehende Bank des Vatikans IOR (Institut für Religiöse Werke) der Vermutung nach immer noch steckt. Nachdem er kürzlich in Kalabrien zum Kampf gegen die organisierte Kriminalität der Mafia aufrief und die Mafiosi für exkommuniziert erklärte, will er jetzt für das IOR einen neuen Präsidenten ernennen. Namen sind noch nicht bekannt, im Gespräch ist aber ein Franzose. Das Vatikanblatt "Osservatore Romano" berichtete, der bisheriger Chef des IOR, der deutsche Unternehmer Ernst von Freyberg, scheide aus eigenem Wunsch aus. Am Dienstag bestätigte der "Osservatore Romano", dass Freyberg mit seinem gesamten Team das IOR verlasse. Der Präfekt des Vatikan-Wirtschaftssekretariats, Kardinal George Pell, habe Freyberg seinen Dank ausgesprochen. "Ich möchte Ernst von Freyberg und dem gesamten Rat (des IOR) für die große Einsatzbereitschaft danken." Vatikankenner in Rom vermuten jedoch, dass der Papst mit dem von seinem Vorgänger dem deutschen Ratzinger-Papst Benedikt XVI. im Februar 2012 ernannten Chef-Banker unzufrieden war.


Bankier der Putschloge P2 war Finanzberater des IOR

Ratzinger selbst war viel zu tief in die schmutzigen Geschäfte des Vatikans, die unter dem polnischen Wojtyla-Papst zu besonderer Blüte gelangten, verwickelt, als dass man von dem von ihm ernannten Freyberg ein ernsthaftes Vorgehen erwarten konnte. Als 1981 in Italien die faschistische Putschloge P2 aufgedeckt wurde, kam auch die Beteiligung des Vatikans über seine IOR-Bank, wie der namhafte Politologe Giorgio Galli in seinem Buch "Staatsgeschäfte, Affären, Skandale" (Hamburg 19994) schrieb, an dem "zwischen Vatikan-Finanz und den innersten Gruppierungen der sizilianisch-amerikanischen Mafia" bestehendem Netzwerk ans Licht. Eine Zentrale der Geldwäsche, der Korruption und anderer dubioser Geschäfte war die von dem Finanzberater des Vatikans Roberto Calvi, (der "Bankier Gottes" genannt wurde) geleitete Ambrosiano-Bank, an der das IOR beteiligt war.


Ratzinger vertuschte die schmutzigen Geschäfte

Der damalige IOR-Chef Erzbischof Marcinkus hatte versucht, gefälschte Aktien im Wert von 500 Millionen Dollar zu verkaufen. In einem anderen Fall sollte der italienische Staat um 2,2 Mrd. Dollar Mineralölsteuer betrogen werden. Als die Ambrosiano mit einem Verlust von über drei Mrd. Dollar 1982 Bankrott machte, erhoben 120 Gläubigerbanken Forderungen gegen sie. Unter anderem waren 700 Millionen Dollar spurlos verschwunden, die Calvi mittels "Patronage"-Briefen (Bürgschaften der Vatikanbank) von ausländischen Banken als Kredite erhalten hatte. Die Mailänder Staatsanwaltschaft begann gegen 33 Finanziers, Unternehmer, Manager und hochrangige Würdenträger der Kurie, darunter Marcinkus, zu ermitteln. Zur Verhinderung der Auslieferung der beschuldigten Würdenträger der Kurie an die italienische Justiz bildete der damalige Kardinal Ratzinger eine Kommission des Vatikans zur Untersuchung der Vorkommnisse, in der der Chef der Deutschen Bank, Hermann Josef Abs mitwirkte. Ratzingers "Untersuchungen" zogen sich über Jahre hin und endeten ohne Ergebnisse. Marcinkus wurde in dieser Zeit abgelöst und in seine Heimat, die USA, zurückgeschickt. Roberto Calvi wurde, als er auspacken wollte, von der Mafia umgebracht.

Ähnlich wie im Fall Marcinkus vertuschte Ratzinger 1996 die Beteiligung des IOR zusammen mit dem Opus Dei an einem internationalen Ring zur Geldwäsche, Schmuggel von Waffen, Nuklearmaterialien und Diamanten. Obwohl die Staatsanwaltschaft, wie der "Spiegel" (24/1996) berichtete, mit einer "ganzen Serie von sich ergänzenden Zeugenaussagen" aufwartete, brachte Ratzinger mit "internen Untersuchungen" auch hier, den Vatikan aus der Schusslinie.


Bisher eher kosmetische Korrekturen

Nicht viel besser scheint es bisher unter Freyberg gelaufen zu sein. Franziskus hatte in einem Apostolischen Schreiben eine Reihe konkreter Maßnahmen zur Überwachung und Regulierung der Geschäfte des Vatikans und dazu auch die Anwendung der internationalen Gesetze durch das IOR, festgelegt. Ein Schwerpunkt des Freyberg erteilten Auftrags war, die Skandale der 1980er Jahre zu untersuchen. Bei den bisher vorgelegten Ergebnissen dürfte es sich allenfalls um kosmetische Korrekturen handeln. Zu den anhaltenden Anschuldigungen der Geldwäsche, der Anlage von Schwarzgeldern, dazu angelegten illegalen Konten oder Briefkastenfirmen ist bisher nicht das Geringste bekannt geworden. Zudem sind die spärlichen Informationen verworren.

Offiziell sind nur Staatsbürger des Vatikans (deren Zahl 2011 mit 572 angegeben wurde), katholische Diözesen und Orden sowie beim Vatikan akkreditierte Diplomaten zur Führung eines Kontos beim IOR berechtigt. In einem vom IOR erstmals vorgelegten Bericht, der Transparenz vermitteln soll, werden 5200 institutionelle Kunden vom Heiligen Stuhl, vatikanischen Institutionen, Diözesen und religiösen Orden angeführt, deren Einlagen sich auf 6 Milliarden Euro beliefen. Aus einem früheren Bericht ging hervor, dass es 2011 insgesamt 18.900 Konten gab. Aus welchen Personen sich die übrigen 13.700 individuellen Kunden zusammensetzen ist nicht bekannt. Der "Corriere Della Sera" will erfahren haben, dass von Freyberg bisher lediglich 900 Konten aufgelöst worden seien. Es soll noch immer 1000 illegale Konten geben, deren Herkunft ungeklärt ist und auf denen 300 Millionen Euro Schwarzgelder lagern sollen.

Hinzu kommt, dass das IOR Verluste meldet. Ein am Dienstag veröffentlichter Bericht weist drastische Gewinneinbußen aus: Waren es 2012 noch 86,6 Millionen Euro und 2013 54 Millionen Euro gewesen, weist die Bilanz bisher nur 2,9 Millionen Euro aus. Insider fragen nach den Ursachen der fehlenden Gewinne?

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Quelle:
© 2014 by Gerhard Feldbauer
Mit freundlicher Genehmigung des Autors


veröffentlicht im Schattenblick zum 10. Juli 2014