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STANDPUNKT/033: Scheinheiliger Stuhl (Ingolf Bossenz)


Scheinheiliger Stuhl

Ingolf Bossenz wundert sich über Laien-Enttäuschung nach Papst-Palaver

20. Oktober 2014



Die Hoffnung lebt. In Ewigkeit. Amen. Obwohl man es - seit Jahrhunderten - besser wissen müsste, stellt sich nach jedem päpstlichen Palaver aufs Neue »Enttäuschung« beim Laienvolk ein. Zum Abschluss der zweiwöchigen sogenannten Familiensynode im Vatikan ist das nicht anders.

Ob wiederverheiratete Geschiedene als vollwertige Kirchenmitglieder gelten dürfen, darüber sei »nachgedacht« worden, heißt es sibyllinisch im Abschlussdokument. In welche Richtung das Nachdenken der rund 200 Kirchenfürsten, die dank ihrer (offiziell) zölibatären Lebensweise bestens für die Themen Ehe und Familie qualifiziert sind, geht, bleibt indes offen. Nicht so beim Umgang mit Homosexuellen: Das in einem Zwischenbericht vermerkte »gütige Willkommen zu lesbischen und schwulen Menschen« findet sich im Endreport auf Druck des konservativen Klerus nicht mehr. Dabei wäre ein solches Diktum auch ein Signal innerhalb des Vatikans gewesen. Immerhin weist der kleinste Staat der Erde den zweifellos höchsten Anteil an gleichgeschlechtlich orientierten Bürgern auf.

Ein unmissverständliches Zeichen gesetzt wurde am letzten Tag des Treffens mit der Seligsprechung von Papst Paul VI. Der Mann hat seine Familien- und Ehefreundlichkeit dadurch bewiesen, dass er den Gläubigen jegliche Form von künstlicher Geburtenkontrolle verbot.

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Quelle:
Ingolf Bossenz, Oktober 2014
Der Schattenblick veröffentlicht diesen Artikel mit der freundlichen
Genehmigung des Autors.
Erstveröffentlicht in Neues Deutschland vom 20.10.2014
http://www.neues-deutschland.de/artikel/949692.scheinheiliger-stuhl.html


veröffentlicht im Schattenblick zum 21. Oktober 2014