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INTERNATIONAL/104: Südafrika - Massaker an streikenden Bergarbeitern, Polizisten droht Mordanklage (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 11. September 2012

Südafrika: Massaker an streikenden Bergarbeitern - Polizisten droht Mordanklage

von Siyabulela Debedu


Freigelassene Bergarbeiter - Bild: © Nal Nxumalo/IPS

Freigelassene Bergarbeiter
Bild: © Nal Nxumalo/IPS

Johannesburg, 11. September (IPS) - Den südafrikanischen Polizisten, die im letzten Monat 34 streikende Arbeiter der Marikana-Mine in der Nordwest-Provinz getötet haben, droht eine Anklage wegen Mordes. Wie aus informierten Kreisen verlautet, untermauert der vorliegende Autopsiebericht den Verdacht, dass die Opfer auf der Flucht hinterrücks erschossen wurden.

"Wir haben Beweismittel gesammelt, die belegen, dass die Bergarbeiter von den Polizisten getötet wurden", so ein Ermittler. "Wir werden die Untersuchung abschließen und eine Klage vorantreiben". Nur wenige Protestierende seien frontal von Kugeln getroffen wurden.

Etwa 3.000 mit Macheten und Speeren bewaffnete Arbeiter hatten sich vor der vom britischen Bergbau-Unternehmen 'Lonmin' betriebenen Platinmine eingefunden, um einen Mindestlohn von monatlich 1.495 US-Dollar einzufordern. Nach tagelangen Protesten eskalierte die Situation am 15. August. Bei den sich anschließenden Ausschreitungen starben auch zwei Polizisten.

Warum die mit Automatikgewehren und Pistolen ausgestatteten Polizisten das Feuer eröffneten, ist unklar. Einige erklärten, dass Streikende auf sie zugestürmt seien und sie daraufhin in Notwehr gehandelt hätten. Das Blutbad war das erste seit der Einführung der Demokratie vor 18 Jahren.

270 Minenarbeiter wurden unter dem Vorwurf der öffentlichen Gewalt, des illegalen Waffenbesitzes sowie des Mordes und versuchten Mordes festgenommen. Am 3. September zog die Regierung die Anschuldigungen jedoch zurück. Die Kumpel werden nun erst im kommenden Februar vor Gericht erscheinen müssen.


Bestrafung hochrangiger Beamter fragwürdig

Shawn Hattingh von der 'International Labour Research and Information Group' befürchtet allerdings, dass selbst im Fall einer Anklage diejenigen nicht zur Rechenschaft gezogen werden, die den Schießbefehl gegeben hätten. "Der Staat hat kein Interesse daran, hochgestellte Personen strafrechtlich zu verfolgen."


Untersuchungskommission eingerichtet

Staatspräsident Jacob Zuma hat unterdessen eine Untersuchungskommission eingerichtet. Gewerkschaftssprecher Patrick Craven sieht viele offene Fragen, mit denen sich die Kommission befassen muss. "Die Rolle der Polizei sollte dabei im Mittelpunkt stehen. Auf den Fernsehbildern haben wir gesehen, dass sie beteiligt war, und das kann nicht ignoriert werden. Es war erkennbar, dass es sich nicht um einzelne Polizisten handelte, die die Nerven verloren und geschossen haben."

Hattingh kritisiert auch die Sicherheitsmaßnahmen im Umkreis der Bergwerke als unverhältnismäßig. "Die Dorfgemeinden werden durch Stacheldraht von ihrem eigenen Land ferngehalten. Die Arbeiter müssen sich jeden Tag Sicherheitskontrollen unterziehen, und überall stehen bewaffnete Aufseher. Es ist eine militarisierte Umgebung."

Die Bergarbeiter haben unterdessen angekündigt, ihren Protest für mehr Lohn fortzusetzen. (Ende/IPS/ck/2012)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 12. September 2012